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M1THIS€HE IM MAGISCHE
LIEDER DER EHSTEN
GESAMMELT UND HERAUSGEGEBEN
TON
Fr. Kreutzwald und H. Mens.
St. Petersburg»
Bachdrockerei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
1§54.
bei Eggers et Comp., Commissionairen der Akademie, in Leipzig
bei Leopold Voss.
(PreU 80 Kop. Silb. = 17 Ngr.)
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Gedruckt auf Verfügung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Im April 1854.
Der beständige Secretar
P. H. Fuss.
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PH4MI
K1H
Vorwort.
Durch Sjögren '5 Forschungen über die Sprache der
Liven wurden im Laufe der letzten Jahre mehrere inhaltsrei-
che Aufsätze über die Ehsten und deren Sprache hervorgeru-
fen. Namentlich waren es die als gründliche Kenner des Ehst-
nischen bekannten Forscher Ed. Ahrens auf Kusal, Dr.
Fr. Kreutzwald in Werro und Ferd. Wiedemann in Re-
val, die sich an denselben betheiligt haben. Der nähern Bezie-
hung , in welche Sjögren zu Kreutzwald trat, verdanken
wir den lehrreichen .und anziehenden Coinmentar , den letzte-
rer zu dem Werke Boecler's «Der Ehsten abergläubische Ge-
bräuche, Weisen und Gewohnheiten» verfasst hat und der vor
wenigen Wochen bei der Akademie der Wissenschaften er-
schienen ist. Als eine willkommene Ergänzung sowohl dieses
Werkes als auch der von Neus herausgegebenen ehstnischen
Volkslieder (Reval 1 850 — 52) muss vorliegende Sammlung
angesehen werden , die ihre Entstehung den vereinten Be-
mühungen der Herren Kreutz wald und Neus zu danken
hat. So wie der Gommentar zu Boeder ganz und gar von
Kreutz wald redigirt ist, so hat letzterer auch die grössere
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IV
Anzahl der hier dargebotenen Lieder und Zaubersprüche auf-
gezeichnet, die Redaction der Sammlung ist aber von Neus
besorgt worden. Letzterem verdanken wir sowohl die Anmer-
kungen als auch die Uebersetzung der einzelnen Stücke. Bei
der Uebersetzung strebte Neus grösstmögliche Treue an, wo-
bei freilich mehrere von Sjögren in seiner Recension der
ehstnischen Volkslieder (im Bulletin historico - philologique,
T. XI No. 20. 21 Spalle 329—336) näher besprochene Ei-
gentümlichkeiten nicht ganz vermieden werden konnten. Der
Druck des Werkes war bereits bis zum letzten Bogen vorge-
schritten, als mir Kreutzwald noch drei von dem Krons-
landmesser Joh. Lagos aufgezeichnete Zaubersprüche mit ei-
ner von ihm in aller Eile verfassten Uebersetzung und einigen
Bemerkungen zusandte. Diese konnten also noch als Nach-
trag abgedruckt werden. Lagos, der sich durch eifriges Sam-
meln und Niederschreiben ehstnischer Sagen, Lieder, Sprüche
und Gebräuche ein nicht genugsam anzuerkennendes Ver-
dienst zu erwerben fortfährt , äussert sich in einem Briefe an
Kreutzwald folgendermaassen : «Auffallend war es mir unter
den sogenannten Aufgeklärten keine Spur von Sagen und Lie-
dern zu entdecken , doch je mehr ich mich von dem geselli-
gen Verkehr entfernte und immer tiefer in die hinter unwirth-
baren Morästen und Wäldern gelegenen Sumpfgesinde des
fellinschen und pernauschen Kreises eindrang , desto reicher
und mannigfaltiger gestaltete sich die Lieder-, Märchen - und
Sagenwelt.» — «In demselben Verhältnisse, bemerkt Kreutz-
wald, stehen auch die pleskauschen Ehsten zu den geschul-
ten in Ehst- und Livland.» Möchte das Beispiel dieser beiden
Männer auch auf andere wirken und sie vermögen jetzt das
aufzuzeichnen, was nach wenigen Jahren vielleicht für immer
aus dem Munde der Ehsten verschwinden wird. Die Wichtig-
keit solcher Aufzeichnung nicht allein für ein gründliches
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V
Studium des ehstoischen Alterthums, sondern auch für die Er-
forschung der Beziehungen, in denen die Ehsten sowohl zu
andern verwandten 6nnischen als auch zu nichtverwandten
germanischen und slavischen Stämmen gestanden haben, dürfte
schon aus den inhaltsreichen Anmerkungen, mit denen Neus
diese so wie seine grössere Sammlung ausgestaltet hat, her-
vorgehen. Namentlich ergiebig sind die in denselben nieder-
gelegten Forschungen für die Mythen- und Sagenwelt, zu der
Neus in den letzten Jahren manchen lehrreichen Beitrag ge-
liefert hat in seinen in der Wochenschrift «das Inland» er-
schienenen Aufsätzen. Von diesen heben wir hervor: «Die
alt-Ehstnische Gottheit Juudas (Jahrg. 1849 No. 36. 37. 39.),
die alt -Ehstnische Gottheit Turris (Ebend. No. 49), die alt-
Ekstnischen Wind- und Frostgottheiten (Jahrg. 1852 No. 17.
18. 20. 30 — 32) und «Zur Erklärung des Stadtnamens Dor-
patn (Ebend. No. 48 — 51). Hieran schliesst sich auch die im
J. 1 849 in Reval erchienene kleine Schrillt : «Revals sämmtli-
che Namen, nebst vielen andern wissenschaftlich erklärt.» Sowohl
in der ebengenannten Wochenschrift als auch in den Verhand-
lungen der gelehrten ehstnischen Gesellschaft zu Dorpat hat
Dr. Kreutzwald eine beträchtliche Anzahl interessanter Ar-
tikel in Bezug auf die Sagen , Sitten und Gebräuche der Eh-
sten veröffentlicht und wir können uns freuen , dass derselbe
Forscher , von dem nächstens eine poetische Bearbeitung der
ehstnischen Sagen von Kalewi-poeg in ehstnischer Sprache
erscheinen wird, uns eine Arbeit in Aussicht gestellt hat, wel-
che seine Randbemerkungen zu den bereits herausgegebenen
Vorlesungen über die finnische Mythologie von M. Alexan-
der Castren enthalten wird. Wie mir Kreutzwald mittheilt,
besitzt er eine ziemliche Menge ehstnischer Volksmärchen,
indessen soll keine Aussicht vorhanden sein sie in der Örigi-
nalsprache zu veröffentlichen, — weil es an Lesern fehlt und
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kein Verleger seine Hand zu einem Unternehmen bieten will,
bei dem er nicht wenigstens seine Auslagen decken kann.
Vielleicht wird auch hier das Beispiel der finnischen Liltera-
turgesellschaft zu Helsingfors zu dankenswerter Nachahmung
anfeuern , da letztere nicht allein mit der Veröffentlichung der
Volkslieder vorangegangen ist, sondern nun schon den Druck
des zweiten Bandes der finnischen Sagen und Märchen (Smo-
men kansan Satuja ja Tarinoüa) veranstaltet.
St. Petersburg, den 13. April 1854.
A. Schiefner.
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Inhalt.
Einleitung (Einleitungsformel zu Besprechungen S. 7 ; Schlan-
genbeschwörung S. 7 ; Gebet zur Herstellung der Gesund-
heit S. 10; Gebrauche aus dem Heidenthum S. 13; Opfer
am Tage Maria Verkündigung S. 16) 1
Mythische Lieder,
1. Der Sänger 22
2. Schüpfungsmythen. Bruchstücke 23
3. Die Wundereiche 28
4. Der Fische Gold- und Silberglanz 29
5. Die Luftmaide. Bruchstücke 32
6. Der Sohn des Felsens 42
7. Wanemuine's Gesang. Bruchstück 46
8 . Di? Ha l le der Freude .' 47
9. Die Himmelsstrasse 81
10. Die Fahrt des Jünglings 55
11. Alte Feste (Zaubersegen bei einer Krankheit S. 61 ; der
Johannistag S. 62) 59
12. Kinderlied 63
Zaubersprüche.
13. Schlangenbeschwörung 67
14. Wider die Unterirdischen 75
15. Wider den Drachcnschuss 79
16. Spruch wider die Rose 82
17. Beim Buttern • < 85
18. Wider den Zahnschmerz 87
19. Wann Kinder einen kleinen Schaden genommen 88
20. Wider den Ziegenpeter (Mumps) 89
21. Wider Drüsenanschwellung des Unterleibes —
22. Wider die Geschwulst 90
23. Wider das kalte Fieber 91
24. Wider Gichtschmerzen 94
VIII
25. Jägerspruch 95
26. W ider Verrenkung ■» . . . 97
27. Zauberspruch wider Auswüchse 102
28. Zauberspruch bei einem Schwerkranken 103
29. Spruch zur Blutstillung 10k
30. Zauberspruch, wenn das Verlangen nach Wahrung fehlt. . —
31. Spruch wider Augenentzündung 106
32. Den Zorn eines Andern zu bannen 110
33. Einem schwächlichen Kinde zum Gedeihn 112
34. Spruch guter Witterung wegen —
35. Spruch für die Herde 117
Nachtrag.
36. Bannung des Feuerdrachen 120
37. Spruch wider die Verrenkung 122
38. Bannen des Zorns der Herrschaft 123
Register.
Einleitung
Die hier mitgetbeilten Lieder und Sprüche sind der gros-
sen Mehrzahl nach erst in der jüngsten Zeit aufgenommen
worden. Obwohl aber nur im Gedächtniss des Volkes aufbe-
wahrt und von Mund zu Mund überliefert, mögen sie den-
noch hin und wieder Ansichten und Vorstellungen enthalten,
welche mehr oder minder ins Alterthum zurückgehn. Minde-
stens lässt sich dies schon darum hoffen , weil diese Lieder
mit wenigen Ausnahmen aus dem Osten des Landes stammen,
in welchem sich , wie bereits früher bekannt , die Erinnerung
an das Alterthum, sowohl das catholische als das heidnische,
lebendiger und frischer erhalten , als im Westen meist der
Fall zu sein pflegt. Indess kann die spätem Zusätze abzuson-
dern und das Ursprüngliche soviel möglich zu ermitteln , nur
Sache der Kritik sein, welche hier geübt zu sehn, Niemand
erwarten wolle. Lediglich einen Beitrag zur Grundlage und
theil weise zu dem Stoffe , auf und aus welchem eine kritische
Untersuchung sich auferbauen könne , getreu darzubieten und
jene im glücklichsten Falle einigermassen zu ebnen, ist der
alleinige Zweck bei der Herausgabe dieser Volkslieder. Die
Nachforschungen der jüngsten Zeit unter dem Volke selbst
möchten zu der Erwartung berechtigen, dass die Erinnerun-
gen desselben noch manche Schätze altertbümlicher Vorstel-
lungen für die Wissenschaft werden aufbewahrt haben.
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— 2 —
Was Dun zuvörderst die hier mitgetheilten mythischen
Lieder anlangt, so dürften sie schon damit, dass sie nicht sel-
ten nur Bruchstucke sind und dennoch zugleich viel müssi-
gen Schmuck an sich tragen , darauf weisen t dass ihr Kern ,
die Mythe selbst, beim Volk beträchtlich verkümmert sein
müsse. Und dies scheint zumal für die alten Götter der höhern
Ordnung Geltung iu haben, von denen sich oft wenig mehr
als der Name , ja selbst dieser nicht immer erhalten hat , weil
Scheu ihn zu meiden mahnte. Dazu kommen noch Wider-
sprüche mannigfacher Art, wie z. Ii. in den Sehöpfungsmy-
(hen , in welehen die verschiedenartigsten Vorstellungen siel)
kund geben und verwirrend durchkreuzen. Dennoch hat es
den Anschein , dass sich allgemach auch hier ein Stoff anhäu-
fen werde, welcher einigen Gewinn abzuwerfen verheisst, in-
dem er sich an glücklich erhaltene ältere Ueberlieferungen
vervollständigend anschliesst. Nicht nur lässt sich nach eini-
gen Richtungen hin der heidnische Glaube der Ehsten schon
jetzt deutlicher erkennen , sondern dieser wirft zuweilen auch
ein überraschendes Licht auf Mythen anderer Völker, wie der
Skandinaven , ja hin und wieder taueben Vorstellungen auf,
die , noch jetzt lebendig , sich mit Anschauungen berühren ,
die uns vom fernsten Alterthum theils näherer, theils entleg-
nerer Gegenden hinterlassen sind. Schon in der Sprache an
und für sich ist manches Alterthümliche , das von andern
Völkern entlehnt scheint, niedergelegt und treulich bewahrt
worden.
Unter den Sehöpfungsmythen gemahnt No. 2 C an das
skandinavische Fiölsvinnsmal , Vaflhrudnismal u. s. w. der
altern Edda. Wie in diesen ein hoher Werth auf das Wissen
von den Ursprüngen der Dinge gelegt wird , rühmt sich auch
das ehstnische Lied nachdrücklich, wenn auch nur andeutend,
eines solchen Wissens. Noch näher aber zu jenen stellt sich
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ein finnisches Lied. Der skandinavische Vafthnidnir setzt
sein Haupt ein , falls er im Weltkampfe des Wissens besiegt
werden sollte; in dem finnischen Weltgesange zwischen Jou-
kahainen und Wäinämöinen (s. Kalevala, Ausg. 2, Ges. 3 Z.
101 ff.) singt der Sieger mit Zaubersprüchen den im Wissen
überwundenen Gegner zur Strafe thats ach lieh immer tiefer in
den Sumpf hinein. Die skandinavische Sage giebt , soviel uns
bekannt , nirgend den Grund an , weshalb die Alten einen so
hohen Werth auf dieses Wissen vom Ursprünge der Dinge
gelegt; allein sollte nicht vermuthet werden dürfen, dass hier
dieselbe Ursache bestimmend gewesen , wie bei den Finnen ?
Zwar auch hier mag sich ein unmittelbares Wort der Erklä-
rung vielleicht nicht finden lassen ; nichts desto weniger
seheint hier die Sache an sich selber klar genug: sie weist
deutlich auf die Zauberei. Diese übt nach altfinnischer und
ehstnischer Ansicht» wie viele Stellen beweisen (vgl. auch
hier N. 1 u. 9 2*), die höchste und umfassendste Wirkung
und ist darum nicht bloss für die Menschen, sondern auch für
die Götter selbst von der grössten Bedeutung. Zu ihrer Aus-
übung aber , wird bestimmt und wphlbewusst angegeben (s.
Kalevala, Ges. 8 Z. 275 ff,), sei unumgänglich erforderlich
das Wissen vom Ursprünge der Dinge , wie es in den alten
Zaubersprüchen und Runen enthalten, so wie das Hersagen
der letztern ; denn auf diese Weise allein kann man Herr und
Gebieter der Dinge werden. Es springt in's Auge , dass eben
darum dieses Wissen den Finnen von hohem Werth war.
Nun gewinnt es nach den spatern Sagen 4er Skandinaven
zwar den Anschein , als ob diese in der Zauberei minder er-
fahren gewesen, sie minder geübt und also wohl auch minder
geschätzt, als Finnen und Lappen; allein wie lässt sich zu-
vörderst damit in Uebereinstimmung bringen, dass L. F. Rääf
(s. Grimm, deut. Myth. , Ausg. 2, S. 1197) bereits im J.
— 4 —
1840 über 2000 Zaubersprüche in Schweden gesammelt
hatte, eine Anzahl, wie sie unter Finnen und Ehsten schwer-
lich wird aufzutreiben sein? Dann aber ist nach den altern
Ueberlieferungen nicht nur der höchste ihrer Götter , Odin
selbst, der Erfinder der Zauberrunen und bedient sich dersel-
ben vielfach zur Ausfuhrung seiner Absichten, wie denn auch
unzählige göttliche Dinge mit Runen bezeichnet sind, sondern
in Folge dessen halten auch die allen Helden sie in den höch-
sten Ehren (s. die Bruder Grimm, Lieder d. alten Edda I,
213 ff. u. besonders 221). Endlich dürfte sich auch wohl
eine Vermuthung wagen lassen, die es begreiflieb macht, wie
und auf welchem Grunde der Glaube der Finnen von der
Wirksamkeit des Wissens vom Ursprünge der Dinge naturge-
mäss entstehn und sich entfalten konnte. Im Verkehr des
Menschen mit dem Menschen musste sich ihnen bald die Er-
fahrung herausstellen , dass je genauer Jemand des Andern
Geist, Gemüth, Neigung, d. h. das Natürliche und Ursprüng-
liche in ihm kenne , er auch um so leichter auf ihn bestim-
mend einzuwirken vermöge. Nun wusste das Heidenlhum
aber seine Götter nur seh/ menschlich und Alles und Jedes
in der Natur als eben von ihnen beseelt zu denken , und so
musste sich wohl die Vorstelluug herausbilden, dass auch
auf sie in gleicher Weise einzuwirken wäre.
Dennoch mag, mindestens nach dem Ueberlieferten zu
schliessen , ein nicht unbedeutender Unterschied in der skan-
dinavischen und ehstnischen Ansicht entweder schon ur-
sprünglich*) Statt gehabt oder sich früh entwickelt haben. In
denjenigen finnischen Zaubersprüchen, die hier in Betracht
kommen , ist ein Bewusstsein zu erkennen , welches sich in
•) Vgl. jedoch Kalevala Ges. 8 Z. 275 ff. : «Herrlicheres ist bewirkt durch
drei Worte de» Schöpfers [im Zauberspruch].»
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— 5 —
seiner Kraft und seinem Wissen als Herrn und Gebieter fühlt
über die Dinge ausser ihm und selbst über die Geister , d. h.
über die göttlichen Wesen einer untern Ordnung. In den
skandinavischen , in den germanischen Sprüchen dagegen
scheint sich der Zauberer für den Herrn der Krankheit oder
allgemeiner des Hebels zu halten , nur weil er sein Heilver-
fahren, seine Beschwörung auf eine ursprünglich von den
Göttern selbst ausgegangene Handlung zurückzuführen weiss.
Die göttliche Handlung wird als fortdauernd gedacht; der
wissende Zauberer vermag nur sie auf besondere Gegenstände
zu lenken , und mochle darum bei den Skandinaven für min-
der mächtig gelten, als der finnische, lappische. Nun tritt
zwar jene finnische Auffassung auch bei den Germanen in
den Geister- und Teufelsbeschwörungen hervor; allein diese
kommen , scheint es , erst im spätem Mittelalter auf und ent-
halten soviel Talmudisches, dass sie daraus geflossen sein
mögen. Andrerseits findet sich die germanische Auffassung
vereinzelt auch bei den Finnen (s. Lönnrot's Kantete IV,
2), Russen (s. CaxapoBi», GRa3aaia Pyccicaro uapoAa I, 66),
Polen (s. Tettau u. Temme, d. Volkssagen Ostpreussens,
Litth. u. Westpr. S. 269^ und Andern , ist aber erst bei den
Deutschen allgemein und schon in deren ältesten Zaubersprü-
chen, den sogenannten merseburger Gebelen, die J. Grimm
(a. a. 0. S. 205) noch vor das zehnte Jahrhundert setzt,,
deutlich ausgesprochen , so dass sie füglich für germanisch
gilt. Da das eine dieser merseburger Gebete auch ins Ehstni-
sche nur christlich gefärbt und weiter ausgeführt übergegan-
gen und hier unter No. 26 aufgenommen ist , zeigt sie die
germanische, wie No. 13 und 16 B die finnische Auffassung.
Unter die germanische Auffassung ordnen sich aber schick-
lich als eine Nebenart ein auch diejenigen Sprüche , welche
das zu bekämpfende Uebel mit einer Erscheinung oder einem
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Gegenstände der Natur irgendwie zusammen stellen, damit je-
nes einen Verlauf nehme wie diese , oder überhaupt diesem
ähnlich (homöopathisch) werde. Im Deutschen giebt es sehr
viele Sprüche dieser Art (s. Müllenhoff, Sagen, Märchen u.
Lieder d. Herzogin. Schleswig, Holst, u. Laueub. S. 513 ff.);
unter den ehstnischen gehört z. B. No. 27 hierher. Von die-
sen beiden letzten Arten geben auch folgende zwei kleine
Spruche in mittelalterlichem Latein, deren erster eine Blut-
stillung, der zweite ein Mittel gegen Zahnschmerz ist, Beispiele
ab aus Kurland, die P. Einhorn (s. Script, rtr. Lw. II,
648 f.) Aufbewahrt hat.
I. Sanguis mane rite, Sicut Christas fecit in se,
Sanguis mane in tuä venä, Sicut Christus fecit in suä paenä,
Sanguis mane fixus, Sicut Christus fuit crucifhus.
II. Strigiles falcesque dentatae, Dentium dolores persanate.
Endlich giebt es noch eine dritte Art von Zaubersprüchen
sowohl im Ehstnischen als im Finnischen , nehmlich eigentli-
che Gebete, heidnische so wie christliche, und Segen (und
als Gegensatz Verwünschungen), welche denn nicht selten
mit den beiden ersten Arten auch vereinigt werden.
Nach einer neuerlich bekannt gewordenen ehstnischen
Ueberlieferung soll diese Vereinigung von Gebeten mit den
eigentlichen Zaubersprüchen sogar in jedem Falle Statt ge-
habt haben; allein die Auwendung, welche die Zauberei in
der Kalevala (z. B. Ges. 26 Z. 683 ff.) findet, bestätigt dies
keinesweges. Indess ist diese ehstnische Ueberliefernng in
mehr als einer Hinsicht belehrend. Die Aufnahme derselben
verdanken wir dem Landmesser J. Lagus in Walk, der dazu
im J. 1849 unfern des Wirzjärws im felliner Kreise, wo
sich noch bis jetzt einzelne heidnische Gebräuche erhalten ha-
ben , Gelegenheit fand , das Vernommene gleich darauf ehst-
nisch niederschrieb und der gelehrten ehstnischen Gesellschaft
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kl Dorpat mittheilte. Mit deren Genehmigung entlehnen wir
hier das Allgemeinere daraus.
•Allgemeine Einleitungsfarm
«India-maal kumardaü kujusi,
pääwa ja kuut ja taewa tahti,
maad ja merd. Seile sinatse hä-
dalise inimese ihu ja were juu-
res, tule tukist ja siisist, seile si-
natse inimese luuja liikmetedega
ühte sünniwad, kni kolmkord suud
annad ja kolmkord susi kumar-
dad : se sündko töeste nönda, et
siis kaa wiga ega äpardust seile
sinatse jumaliko asja juures ei
oleks 1
üssi - sönad.
Sile pun silla al,
Kare puu kadaka al,
Wilispil paeo pöesas,
Oh sa kuulus kulla kirja,
Maa kirja, massa kirja,
Sao kirja, sarapuu kirja,
Tuki kirja, toome kirja,
Ära mind sala sallogo,
Nägemata näpista,
Teademata takista !
Pääwast ja kuust ja taewa
tahtedest seile sinatse wasto, ihu
ja hinge were wasto. Kui se
pnnst wöetud leht miao ihu ja
were peale satuh, seda puhun
t bei allen Besprechungen.»
In Indialand betete man an sich
neigend vor Bildern, vor Sonne,
Mond und des Himmels Sternen,
vor Erd' und Meer. Bei dieses
elenden Menschen Leib und Blute
werden , aus Feuerbrand und
Kohle, dieses Menschen Gebeine
mit den Gelenken sich vereini-
gen, wenn du dreimal einen Kuss
giebst und dreimal vor den Koh-
len dich neigend anbetest : dieses
geschehe wahrlich also > dass dann
auch weder Schaden noch Unfall
bei dieser göttlichen Verrichtung
sein möge !
Schlange nbe schwörung.
Ebnes Holz unter der Brücke,
Rauhes Holz unterm Wachholder,
Wisperpfeif im Weidenbusche,
0 berufne goldenbunte,
Erdbunte, leberbunte,
Regenbunte, haselbunte,
Holzbrandbunte, ahlkirschbunte,
Möge mich nicht heimlich beissen,
Mich nicht ungesehn versehren,
Fasse mich nicht ohnmein Wissen!
Aus Sonne, Mond und des
Himmels Sternen gegen dasselbe,
gegen des Leibes und der Seele
Blut. Wie dies vom Baum ge-
nommene Blatt auf meinen Leib
— 8 —
nelja tuulega , hommiko , öhto, und Blut fallt , blase ich es fort
louna ja pohja kangema. Kijl- mit den vier Winden , dem Ost,
gaijast wöetud , pohja poolt kü- West, Süd und Nord, dem stark-
lest , tema kange jou ja oma sten. Vom Seitenzaun genommen,
were wasto , terawa hamba lei- von der Nordseite , gegen seine
kamises, nii waljo et kui tosi ! starke Kraft und das eigene Blut,
in des scharfen Zahnes Einschnei-
den, so strenge wie wahr !
Nüüd kinnitame meie se wana Nun befestigen wir (uns ?) auf
püha inimese peale, kes, seitse den alten heiligen Menschen, der,
korda langemises, üheksania korra siebenmal gefallen , des neunten
pärast abi saanud. Maana oiges Males (?) wegen Hülfe erhalten,
tunnistuses leiame seda, mis tema In Maana's wahrem Bekenntniss
üheksa korda meite teinud ja pea- finden wir dies, was er (es?)
legi weel teeb seile pühama Li- neunmal uns gewährt hat und
joni pikse püha wägewa käe lä- überdies noch gewährt durch die-
bi ; aitanud liha ja were wasto, ses heiligsten Lijongewitters hei-
ihu haigust parandanud, roemo ja lige mächtige Hand ; hat gebol-
raho annud ja suurt abi saatnud fen gegen Fleisch und Blut, des
köige häda ja wiletsuse wasto Leibes Krankheit geheilt, Freude
seile wana püha Lijoni wägewa und Frieden verliehn und grosse
ingli käe läbi ja hoidnud üheksa Hülfe gesandt gegen alles Elend
korda. » und Unglück durch dieses alten
heiligen Lijon mächtige Engels-
hand und geschirmet (gewahret)
neunmal.
Um die Dunkelheit, die auf mehrern Stellen in diesen
Formeln ruht , soviel uns möglich aufzuhellen , sei erlaubt ei-
nige Bemerkungen einzuschalten. In der Einleitungsformel
werden die Worte : «hei dieses Menschen Leih und Blute»
vielleicht durch die nächst unten folgende Angabe bei Lagus
erklärt; die Stelle: «aus (mittels) Feuerbrand und Kohle» be-
zieht sich auf die dem Feuer zugetraute Heilkraft. Vor nicht
langer Zeit besuchte 0. Zeyss in Gesellschaft einiger Anderer
einen Ehsten in Tischer unfern Revals und fand die Hausge-
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— 9
nossen damit beschäftigt, eine brennende Kienspleisse um eine
erkrankte Kuh , die sich überfressen , und zwar unter deren
Bauche hindurch kreisen zu lassen , damit sie hergestellt
werde. Die Gesellschaft rieth einen Camillentrank an, gab ihn
her, und das Thier genas. Zwei Jahre vorher hatte Zeyss
hier gewohnt und eine Tuchnadel verloren , die nicht wieder
aufzufinden gewesen war. Jetzt ward sie ihm als gefunden
wieder zugestellt. Die ältere Edda lässt das Feuer Krankhei-
ten heben und das Beste sein für die Menschen (s. d. Hava-
mal am Scbluss, bei Schräder, germ. Myth. S. 320, u.
Grimm a. a. O. S. 568). Besonders scheint aber das soge-
nannte Nothfeuer, zu dem man wohl neunerlei Holz nahm,
für heilsam gegolten zu haben (s. Grimm a. a. 0. S. 570 ff.),
ob auch den Ehsten , weiss man nicht ; oder käme das finn.
nuotio, ignis trabibus coacervatis flayrans, etwan in Betracht?
Vgl. noch, was unter No. 16 A beigebracht ist. In Betreff der
Schlangenbeschwörung, zu welcher No. 1 3 u. 1 4 zu verglei-
chen sind, erzählt eine ehstnische Sage, sie sei in der Urzeit
zuerst von einer alten Frau , die unter einem Weidenbaum *)
gesessen, gesungen worden. Deshalb nun wird von einer an
einem Zaun wachsenden Weide und zwar von der Nordseite
derselben ein Blatt genommen , die Beschwörungsformel ge-
sprochen, das Blatt auf die Biss wunde gedruckt und dann den
Winden Preis gegeben , damit diese das Leiden weit mit sich
hinweg führen. — Sollte weiter die sehr auffällige Stelle :
«des neunten Males (korra) wegen» etwan auf den Donner-
gott gehn können ? Dieser findet sich als der dreimal neunte
und sein Fest, welches neun Tage gewährt haben soll, als das
neunte bezeichnet (s. unten No. 11 A). «Das neunte Mal»
müssle dann gesagt sein, um des Gottes Namen ehrfurchtsvoll
■) Kalerala Ges. 3 Z. 208 «die Weide ist der Bäume erster.»
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10 —
zu verschweigen ; was nicht unmöglich wäre, da das ehstn.
korä eigentlich Schicht, Reihe, Ordnung bedeutet. Oder wäre
eher an die reuevolle Umkehr «des alten heiligen Menschen»
zu denken , der zum ersten als gut geboren gedacht , dann
siebenmal gefallen wäre und sich zum neunten gründlich be-
kehrt hätte? Ueber deu «Lijonsengel» erhielt Lagus von ei-
nem Ehsten die Erklärung : « Lijoni ingel on maa pealne ju-
ma/ t kes piksega Ohes käib,» d. i. der Lijonsengel ist der Gott
auf der Erde , der mit dem Gewitter zusammen wandelt. Der
Name Lijon , der hier zum erstenmal erscheint , stammt wohl
mittelbar aus den Stellen Matth. 26 , 53 , wo Christus von
zwölf Legionen Engel spricht , und Marc. 5 , 9 und Luc. 8 ♦
30 , wo der unsaubere Geist sich selbst Legion nennt ; denn
nicht nur die spätere jüdische Geisterlehre , sondern selbst
einige christliche Erklärer haben in diesem «Legion» einen
Eigennamen erkennen wollen. Dass aber stellenweise eine
christliche Auffassung in unseru Formeln herrsche, wird
schwerlich zu läugnen sein. Ueber «Maana» ist aus dem
Ehstnischen sonst nichts bekannt. In der Kalevala ist es mit
Tuoni , der Todesgottheit , entweder eins , oder eine ähnliche
Gottheit in der Unterwelt, der Erde. Hier steht es vielleicht
für die Erde an sich, die in der Einleitungsformel oben ange-
betet, in einem weiter unten folgenden Opfergebete dreimal
geküsst wird.
«Wana lepingu usu pühi-
tsus luges terwise artimi-
seks nonda. »
Des alten Versöhnungsglau-
bens Heiligung betete zur
Herstellung der Gesundheit
also.
«Hoia meie soontesse elo ter- Beschirme in unsern Adern
wist ja riku oma waimo abiga des Lebens Gesundheit und zer-
kurjad wigadased meie luu liik- störe mit deines Geistes Hülfe
mete, soonte ja were seest. Pu- die bösen Schaden in unsern
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hitse meid aga wanemate toutuse Gebeingelenken, AdernundBlule.
pürast, sa walguse awitaja ! Awita Heilige uns doch der unsern El-
meid oma wana töutusen. Saada tern gegebenen Verbeissung we-
meile.köo müristamisen ja pikse gen, du des Lichtes Helfer! Hilf
wälgotamisen omad Lijoni inglid uns nach deiner alten Verheis-
taewast. Ole meile seitsekord sung. Send uns in des Donners
toes, üheksama korra pärast kin- Gelöse und in des Blitzstrahls
nituseks, meie wanemate usu Leuchten deine Lijonsengel aus
kinnituseks. Röemusta meid sur- dem Himmel. Werd uns sieben-
mani ja awita meid seile sinatse mal in Wahrheit , des neunten
wägewa koige köwema abi läbi. Males wegen zur Befestigung,
Peasta meid seile suguse khisaja zu des von unsern Eltern ererb-
inimese ka'est; peasta meid sest ten Glaubens Befestigung. Er-
hädast, meie luu liikmed kowast freu uns bis an den Tod und hilf
murdmisest ja koige sugustest uns durch dieselbige mächtige
äparduste wigadest. Ole meile allerkraftigste Hülfe. Erlös uns
toeks , sina hoidja ! kolm korda, aus dieses verfolgenden Menscheu
ja peastmiseks kuus korda , ja Hand ; erlös uns aus diesem
edasi saamiseks üheksa korda!» Elend, unsere Glieder von dem
harten Brechen und von allerlei
Schäden aus Unfällen. Werd uns
zur Stütze, du Beschirmerl drei-
mal, und zur Erlösung sechsmal,
und zur Förderung neunmal.
lieber den in der Ueberscbrift genannten «Versöhnungs-
glauben», der, mindestens in diesem Sinne, hier zum ersten-
mal erwäbnt wird, erhielt Lagus die Auskunft:
«Lepingu usk ehk Taara tee- Der Versöhnungsglaube oder
nistus oli enne muuga usku ja Taaradienst warvordemMönchs-
muuga usu aeal loeti kirikutes glauben und zu des Mönchsglau-
Ladina keelc ja muugad kartsid bens Zeil ward in den Kirchen
neid lepingu usu tarku waga, kes in lateinischer Sprache gelesen
neid wanu palwid ja ohwri sonu (gebetet) und die Mönche fiirch-
möistsid. Kui üks niisugune [tark] teten des Versöhnungsglaubens
kohtusse teisega tuli, anti temale Zauberer (Weise) sehr, welche
— 12 —
ika öigust , kui tal kaa köwerus die alten Gebete und Opferworte
oli». verstanden. Wenn ein solcher
(Weise) vor 's Gericht mit einem
Andern kam, ward ihm immer
Recht gegeben, wenn er auch
Unrecht halte.
Die Form «fcoo», Donnerer, ist ohne Zweifel eine neuere
und geschwächte. Hupel hat dafür noch «kouk, kouke der
Donnerer und koue [Genitiv] mürristaminne das Donnern. H.»,
daneben jedoch auch schon «käu, käu der Donnerer. P. »,
was er iudess und vielleicht nicht mit Unrecht (man denke an
Odin s Beinamen Gdngleri, Wanderer) von käüma, gehen, zu
leiten scheint. Bei Göseken findet sich «donnern kouw mür-
riseb , Anherr [Ahnherr] tcanna koutc»; nach A. Knüpffer
ist am Strande des Kirchspiels St. Calharinen in Wierland
«wanna kou ein sehr alter Mann». Daraus erklärt sich zu-
nächst die Anwendung dieses Wortes auf den Donner, der
noch jetzt von den Ehslen gewöhnlich als toana tsa, alter Va-
ter , bezeichnet wird. Der ursprungliche Begriff des Wortes
ergiebt sich aber erst aus den finnischen Formen kouki, in,
und kouko % kouwon , fera lanians max. ursus et lupus , woraus
sich indess hier auch schon die Bedeutung speclrum entwickelt
hat. Dass dieser ursprüngliche Begriff auch den Ehslen nicht
ganz uubekannt sein könne, erhellt aus einem von A. Knüpf-
fer aufgenommenen Mährchen. Hier heisst es von einem
Manne , der sich häufig für die Nacht von Haus entfernt und
selber von sich aussagt, er müsse dann immer im Walde um-
hergehn, in einer zwar, weil sie unverstanden geblichen war?
gestrichenen Stelle: «sc rikkas veend olnud üks kouke mees»,
was aller Wahrscheinlichkeit nach nichts anders bedeuten
soll , als der reiche Bruder war ein Wehrwolf. Wie die Eh-
sten aber noch jetzt das Wort karo, Bär, freilich auch andere
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Tbiernamen, wie rebane, Fuchs, auf bestimmte Menschen an-
wenden und sie auf diese Weise unter sich kennzeichnen , so
wird auch bei der Verwendung von kouke auf den Donner-
gott , die donnernde Wolke , den Donner , wohl nur an den
Bären gedacht worden sein. Mindestens führte der Donner-
gott bei den Skandinaven den Beinamen Biörn (s. Grimm a.
a. O. S. 633), wie bei den Finnen , nach deren alten Runen,
den Beinamen Lintutnen, Lintunen, was Ganander gerad als
Ehrennamen des Bären anführt (s. Rosen pl än ter , Beiträge
zur genauem Kenntniss d. ehstn. Sprache, XIV, 13 u. 121).
Auch im finn. kouwon peijaiset oder püälliset, Bärenfest, hat
houko diese Bedeutung. Und dazu stimmt ferner der Ausdruck
müristamine, Donnern, dessen ursprünglicher Sinn wieder aus
dem finn. myrisen, murmuro, ut cam's, ursus, erhellt. Dass der
Eh sie jetzt nicht mehr geneigt ist monisema, was gegenwärtig
der eigentliche Ausdruck für das Brummen des Bären, auf
den Donner anzuwenden, verschlägt nichts. «Pikne» dagegen,
das jetzt gleichfalls den Donner bezeichnet , war , wie schon
Castren (in seinen Vorlesungen über die finnische Mythologie
S. 39 Anmerkung 1) vermuthet, eigentlich der Blitzstrahl.
Die $Jelle : «erlös uns aus dieses verfolgenden Menschen
Hand» gründet sich auf den Glaubeu, eine Krankheit, die
dem Ebsten nicht a\s jumala haigus, d. i. eine von Gott ge-
sandte Krankheit erscheint , müsse eine tuulest tulnud haigus ,
d. i. eine aus dem Wind gekommene Krankheit, d. h. ihm
von bösen Menschen , Zauberern , angethan sein. Vgl. unten
No. 16.
«Gebräuche aus dem Heidenthum».
«Taara, wana isa ehk lapse Taara, der Altvater oder der
wasto kaa Pelg nimetatud jumal, gegen die Kinder auch Pelg ge-
oli se köige korgem , keda ini- nannte Gott , war der allerliöch-
mene kolm korda aastal wois pa- ste , welchen der Mensch drei-
— 14 —
luda; aga muul aeal leiste ju- mal im Jahr anbeten konnte; aber
malate ja Lijoni iagli läbi luba zu anderer Zeit durch die andern
oli saanud seile koige korgema Götter und den Lijonsengel, hatte
ete palweid tua. Nende sonade- er die Erlaubniss erhalten , vor
ga : wöta se roog wasto ohwri diesen Allerhöchsten die Bitten
anniks ! kais peremees kolm korda zu bringen. Mit solchen Worten :
pärna altart ümber (se ole üks nimm diese Speise an zu des
pisokene maekene, kus üks pärna Opfers Gabe ! ging der Hausherr
ehk löhmuspuu kaswis ja üks si- dreimal um den Lindenaltar (die-
nikarwaline kiwi seisis) ja siis ser war ein kleines Hügelchen,
jälle kolm korda tagasi wasto worauf eine alte oder junge Linde
paäwa, aga ika pafjaste pölwede wuchs und ein blaufarbiger Stein
peal. Pärnale ja sinipalgega ki- stand) und dann wieder dreimal
wile pidi tema weel kolm korda zurück gegen die Sonne , aber
suud andma ; siis wast wöis tema immer auf entblössten Knieen.
sei nimetut pää'wal ära tulla. Der Linde und dem blauwangi-
gen Steine musste er noch drei-
mal einen Kuss geben; dann
erst konnte er an diesem ge-
nannten Tage vorkommen.
Kui midagi wä'rsket majas Wenn etwas Frisches im Hause
tehti , siis sai esiteks Taara bereitet [geschlachtet] ward, dann
wana isale antud ja peale seda wurde zuerst dem Altvater Taara
oli luba teistele anda. Pruuk oli gegeben und nach diesem war
nonda: kolm lusika täit koolja- Erlaubniss den andern (Göttern)
tele, siis lammaste Iaudale ja zu geben. Der Gebrauch war
muu weiste onnistuseks. Siis also : drei Löffel voll für die
wast tohtis peremees ja muu Todten, dann für der Schafe Slal-
rahwas sü*. hing und zu des andern Viehs
glücklichem Gedeihen. Dann erst
durfte der Hausherr und das
übrige Volk (Gesinde) essen.
Mihkli pää'wal ohwerdatt Am Tage Michaelis opferte
pärna altartle üks kuk. Kui oh- man am Lindenaltar einen Hahn,
werdaja, kes ika peremees oli, Wenn der Opfernde, der immer
kuke sai tapnud, wotis tema su- der Hausherr war, den Hahn
led , jajad ja soolikad ja poletas getödtet hatte , nahm er die Fe-
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•eW tules ira. Siis kiedeti kuke
nonda, et keegi keetinise acal
oma sörme roa kylgi ei tohtind
pista. Kui roog walmts oli, wüdi
seda esitelt palja pölwile pärna
altari peale , et jumalatele oh-
wriks sai , ja seda , mis üle jäi,
sei peremees pärast üksipainis,
et kedagi muud sest maitseda ei
saaaud.
Kui wanal aeal ohwri moona
wüdi, siis weristati nimetse sör-
mest werd ja Oteldi: Mina ni-
metan siad oma werega ja kih-
lan sind oma werega ja tähendan
omad majad onnistamiseks : ho-
buste taltid, weikste laudad ja
kanade orred. Wota siua neid
onnistada mino were ja siao wäe
läbi 1
Olc mulle röemuks, sa koige
wägewaui, mino wanemate üles-
pidaja , mino hoidja ja elokaitse-
ja ! Mina palun sind kaa liha ja
were wiiast : wö"ta sc roog , mis
ma sulle tooa, omaks ülespidami-
seks ja mino liha roemustami-
seks ! Hoia mino , kui oma häät
last ja mina kiidan sind tänades.
— Mis ma lioolctuse pärast mi-
dagi puudulist sino wasto olen
teinud, seda unusta! Siis pea
dem, Fiisse und Därme und ver-
brannte sie im Feuer. Dann
ward der Hahn gesotten, also,
dass niemand während der Zeit
des Kochens seinen Finger an
die Speise bringen dürfen. Wenn
die Speise fertig war, trug man
sie zuerst auf entblössten Knieen
auf den Lindenaltar, damit den
Göttern ihr Opfer würde , und
das , was übrig blieb , verzehrte
der Hausherr nachher ganz al-
lein, so dass kein anderer davon
zu kosten bekam.
Wann in aher Zeit des Opfers
Gabe gebracht ward, dann ritzte
man aus dem Ringfinger Blut
und sprach : Ich nenne dka mit
meinem Blute und vermähle dich
mit meinem Blute und bezeichne
meine Häuser zum Segnen : der
Pferde Stallungen, des Viehes
Stadeln und der Hühner Tritte.
Wolle du sie segnen durch mein
Blut und deine Macht !
Sei mir zur Freude , du Al-
lermachtigster , meiner Eltern
Aufrcchterhalter , mein Beschir-
mer und Lebensbeschützer \ Ich
flehe dich auch an ans des Flei-
sches und Blutes Macht; nimm
diese Speise, die ich dir bringe,,
zu deiner Aufrechterhaltung und
zu meines Fleisches Erfreuung !
Beschirme mich als dein gutes
Kind und ich preise dich dank-
bar. — Was ich aus Sorglosig-
— 16 —
seda toeste meeles, et mina omad keit etwa Mangelhaftes gegen
anded ausal wiisil oma wanema- dich begangen habe , das ver-
tele auuks ja tasumiseks olen giss? Dann behalte das getreu-
toonud. Pealegi kolm korda pol- lieh im Sinne , dass ich meine
wile langedes maale suud annan. Gaben in ehrenvoller Weise mei-
Ole minoga usin tegemas ja jää- nen Eltern zur Ehre lund Vergel-
go raho siuoga senni saadik ! tung dargebracht habe. Ueber-
dies noch gebe ich dreimal auf
die Knie fallend der Erde einen
Kuss. Sei mit mir im schnellen
Verrichten und bleibe Friede mit
dir bis hierher !
«Ohwer Marja pääwal, et Opfer am Tage Maria Ver-
wili hääste sigincks.» kündigung, damit das Ge-
traide wohl gedeihe.
«Sei pääwal läks inimene en- An diesem Tage ging der
ne pääwa oma pöllo juure ja las- Mensch vor Tage zu seinem Ak-
kis kura käe nimetissormest iga ker hin und Hess aus dem Ring-
polio nclja nurga peale kolm finger der linken Hand auf jedes
were tilka. Seal juures nimetas Feldes vier Ecken drei Tropfen
tema seda koige korgemat Lijoni Blut fallen. Dabei nannte er den
ingli abi läbi kolm korda. Jah Allerhöchsten durch Hülfe des
se sünnib nonda toeste». Lijonsengels dreimal. Ja dieses
geschieht also in Wahrheit.
Das in der Unterhaltung mit Kindern für den Namen des
Donnergottes Taara gebrauchte nPelgn bedeutet Furcht*
Schrecken, Onn. pelko , wovon auch durch den Begriff Gott-
heit vermittelt pelkkä zu seiner Bedeutung merus y purus, putus,
haud mixlus gekommen sein könnte. Wenn es dann heisst, zu
Taara «durfte dreimal im Jahr» gefleht werden: liegt darin
etwa, dass ihm drei Feste gewidmet waren? Nach anderwei-
tigen Ueberlieferungen sind (Verhandl. d. g. esln. Gesells. Bd.
II Heft III, 44 fT. und 48 ff.) vier Hauptfeste nachgewiesen,
welche um die Zeit der Sonnenwenden gefeiert wurden ; min-
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— 17
destens zwei von ihnen lassen sich füglich auf Taara beziehn,
das Frühlings- und das Winterfest. Das letztere, joulo genannt,
verband auf eigentümliche Weise die Verehrung Köo's
(Taara's) mit dem Opfer für die verstorbenen Seelen *) , die
man sich wohl halbgöttlich dachte , wie darauf auch hier ge-
wiesen ist in der Stelle: «dann wurde zuerst dem Altvater
Taara gegeben . . . drei Löffel voll für die Todten». Die
skandinavische Mythe, mehrfach stimmend, wie denn schon
das schwed. jul das ehstn. joulo ist , bestätigt dies : dem Thor
fallen die verstorbenen Knechte zu. Heidnische Altäre haben
sich unter den Ehsten einzeln bis in unsere Zeiten erhalten.
Von einem solchen bei dem Landgut Kawershof im felliner
Kreise berichtet Hupel (topogr. Nachrichten I, 155), er stehe
unter einem heiligen Baume, in dessen Höhlung noch oft
kleine Opfer gefunden würden; sei aus einem Granitblock
kunstlos gehauen , fast zwei Ellen hoch und lang , kaum eine
Elle breit; die fast ovale Oberfläche desselben eben und mit
einem Rande umgeben, der fast drei Finger breit über den
Fuss hervorspringe ; dieser aber , mit dem Blatt aus einem
Stücke, laufe nach unten spitz zu. Eine der Beschreibung «des
Lindenaltars» ähnliche Angabe bietet auch ein russischer Zau-
berspruch bei Sacharow (a. a. 0. I, 63 No. 11), indem
hier im Ocean auf der Insel eine Eiche , unter der Eiche eine
Linde , unter der Linde ein Stein steht. Dass der Opferstätte
nur «auf entblössten Knieen» genaht werden durfte, vernahm
auch R. Hollmann (s. Verhandl. d. g. estn. Gesell s. Bd. I
Heft II , 40) in Adsel - Koiküll im walker Kreise Livlands,
und ward hier hinzugefügt , dass auch das Haupt entblösst
würde. Nach demselben (a. a. O. S. 39) ward dort auch das
*) Wäre dieses etwa in Folge des Einflusses, den das Christenthum übte,
nachmals auf eine frühere Zeit (s. Das loland 1852 No. 51 Sp. 950 ff.) verlegt
worden?
2
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_ 18 —
Opfer «am Tage Michaelis» auf ähnliche Weise , wie es hier
beschrieben ist, dargebracht. In Strand -Wierland aber ward
anstatt des Hahnes ein Ferkel geopfert , sein Haar verbrannt,
das Eingeweide auf den Altar, den hier sogenannten Ukko-
stein , getragen. Zu derselben Zeit aber scheint nach der Ue-
berlieferung auch die Bocksweihe des Kriegsgottes Turris
gefeiert und ihm vornehmlich das ganze Fest gewidmet ge-
wesen m sein. Das hier beschriebene Blutopfer «am Tage
Maria Verkündigung» war dagegen nur ein kleiner, wenn
auch nicht unwichtiger Bestandteil des oben bereits er-
wähnten Frühlingsfestes, welches zu Ehren Ukko's (Taara's),
des Fruchtbarkeit verleihenden Obergoltes, fröhlich begangen
ward. Noch jetzt pflegen an diesem Tage die Weiber einander
wohl die sogenannte Marienrothe zuzutrinken , damit sie das
ganze Jahr hindurch frisch geröthete Wangen behalten , was
an den skandinavischen Gebrauch Freya's Minne, an den mit-
telalterlich deutschen Gebrauch St. Gertrudens Minne zu trin-
ken gemahnt (s. Grimm a. a. O. S. 53 IT.). Das Fest der
letztern ßel aber wieder in den März. Ein älteres ehstnisches
Gebet für das Gedeihen der Aussaat , welches jedoch erst et-
was später, um Himmelfahrt, von einem alten «Donnerpfaffen
Wichtla Jürgen» gesprochen wurde, hat uns Gutslaff (2uv
Oeo. Kurtzer Bericht vnd Vnterricht Von der Falsch - heilig
genandten Bäche in Lieffland Wöhhanda , S. 362 f.) aufbe-
wahrt. Ueber das Sommerfest vgl. unten No. 11.
Im Vorangegangenen ist öfter auf einen Zusammenhang
des ehstnischen Glaubens und der ehstnischen Gebräuche mit
dem alten Glauben und den Gebräuchen zumal der westlich
von den Ehsten sitzenden Völker hingewiesen worden. Be-
deutender aber , weil altertümlicher , müsste ein Zusammen-
hang mit fern im Osten Asiens sitzenden Völkern dünken,
wenn er sich aus den Ueberlieferungen der Ehsten , wie die
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— 19 -
hier mitgetheilten, unzweifelhaft ergeben sollte. Die merkwür-
dige Angabe, dass die Ehsten den Allvater nur dreimal im
Jahr unmittelbar, «aber zu anderer Zeit durch die andern Göt-
ter und den Lijonsengel» anflehen durften, erinnert zwar ei-
nerseits wieder an die christlichen Vorstellungen des Mittelal-
ters, anderseits aber zugleich und, uns dünkt, lebhaft an dasje-
nige , was Gastren vom Glauben der nach ihm den Finnen
stammverwandten Samojeden im tomskischen Gouvernement
in Erfahrung gebracht und mitgetheilt hat (s. Suomi, argangen
1846 S. 36 IT.). Wir heben nur dasjenige aus , was geeignet
ist eine Uebereinstimmung mit der angedeuteten Angabe der
felliner Ueberlieferung erkennen zu lassen ; verschweigen aber
auch nicht das Abweichende. Die Samojeden , zumal die un-
getauften, erkennen wesentlich einen Gott, Num, dessen Na-
men sie nur mit Beben aussprechen , indem sie es vorziehn
ihn anders, wie z. B. ildscha, den Alten, zu benennen. Seine
unmittelbare Gegenwart erkennen sie in den grossen Witte-
rungserscheinungen, stellen sich aber übrigens ihn vor als ein
dem Menschen unzugängliches Wesen , welches durch Opfer
und Gebete nicht zu sänftigen ist. Ihm vollkommen unterge-
ordnet und auf ihm beruhend sind die Lohet oder Loset (in
der Einzahl Loh oder Los). Diese sind ihrer eigentlichen
Natur nach unsichtbare Geister und als solche dem gewöhn-
lichen Menschen gleichfalls unzugänglich. Nur die Schamanen
haben das übernatürliche Vermögen , sie sehn und mit ihnen
reden und vertraulich umgehn, und so von ihnen unmittelbar
oder durch deren Fürbitte von Num Rath und Beistand er-
halten zu können , sowohl für sich als für andere. Zugleich
besitzen die Schamanen die Kunst, die Lohet in Fetischen zu
verkörpern , so dass sie nun in dieser Gestalt einem jeden als
Schutzgötter dienen mögen. So kann jeder die Lohet, die er
iu ihnen ausschliesslich überlassenen Speisekammern in Kör-
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— 20
ben nebst den dargebrachten Opfern bewahrt, durch diese
uod Gebete sänftigen und versöhnen ^ dass sie seinen Wün-
schen gnädig willfahren. Doch kann ein beweibter Mann, mit
wenigen Ausnahmen , an denen sich sogar ein verheiralheles
Weib betheiligen darf, nicht selber das Opfer darbringen,
sondern muss einen Junggesellen darum angehn. Gilt es aber
Rath, Erleuchtung, Orakel von den Göttern zu erhalten, so
kann dies nur durch den Beistand der Schamanen erlangt
werden ; denn die Fetische sind eitel stumme Gölter und zur
dunkeln Geisterwelt selber hat nur der Schamane Zutritt, nur er
vermag die Geister zu beschwören und herbeizurufen. Indess ver-
ehren die nördlichen Samojeden doch auch ausser den Fetischen
noch Naturgegenstände, wie ausgezeichnete Steine und Baume.
Die Schamanen nehmen unter ihren Stammgenossen eine
so eigentümliche Stellung ein , dass die Europäer bekannt-
lich Anstand genommen , sie als Priester zu kennzeichnen ,
und ihnen lieber ihren fremden Namen gelassen haben. War'
es dennoch erlaubt, sie um des Verhältnisses willen, in wel-
chem sie zur Geisterwelt und zu den Vorschauen stehn , als
Priester anzuerkennen ; so müsste die öfter aufgeworfene
Frage , ob die Liven und Ebsten nicht auch Priester gehabt,
als sie um das J. 1160 den Deutschen bekannt wurden , un-
bedenklich dahin beantwortet werden , dass eben ihre Zaube-
rer (Weisen , targad) ihre Priester waren (vgl. Das Inland
1852 No. 7 Sp. 116). Freilich ist dafür weder Gutslaff's
Ausdruck «Donnerpfaffe», noch die oben beigebrachte felliner
Angabe , dass des sogenannten «Versöhnungsglaubens Zaube-
rer» die alten Gebete und Opferworte verstanden hätten , ein
genügender Beweis. Allein man nehme nur noch hinzu , was
der weit ältere. Lette Heinrich von einem Vorfell im J. 1191
berichtet. «Den Bruder Theodoricus, cistercienser Ordens,
nachmals Bischof in Ehstland, schlagen die Liven von Tho-
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— 21 —
reida vor, ihren Göttern zu opfern, darum weil seine Saat
fruchtreicher wäre auf den Aeckern und ihre Saaten in der
Ueberschwemmung des Regens zu Grunde gingen. Das Volk
wird versammelt; der Wille der Götter wegen der Opferung
durch das Loos befragt. Aufgestellt wird eine Lanze, heran
tritt das Pferd, setzt den Fuss, welcher für das Leben be-
stimmt worden , voran : es betet der Bruder mit dem Munde,
mit der Hand segnet er. Der Zauberer [ariolus) versichert, der
Gott der Christen sitze auf des Pferdes Rücken und bewege
den Fuss des Pferdes zum Yoransetzen und deswegen müsse
des Pferdes Kücken abgewischt werden , damit der Gott her-
abfalle. Als, nachdem dieses geschehn, das Pferd den Fuss des
Lebens voransetzt, wie vorher, ist der Bruder Theodoricus
am Leben erhalten». Erinnert diese Vorschau an sich auffal-
lend an einen altwendischen Gebrauch , so steht der livische
Zauberer zu ihm vollkommen in demselben Verhältnisse, wel-
ches Castren den samojedischen Schamanen zueignet: beide
sind nicht bloss mitwirkend bei der Vorschau, sondern die
Leiter derselben. Wer mit dem Heidenthum und dem Aber-
glauben der Ehsten einigermassen vertraut ist, könnte sich
wohl geneigt finden lassen , beide als weitere Entwicklungen
aus und auf einer Grundlage anzusehn , welche auch noch in
manchen andern hier nicht berührten Theilen dem samojedi-
schen Glauben sehr ähnlich war.
Was die Uebersetzung anlangt, so sind die Herausgeber
von der Ansicht ausgegangen , dass zumal hier der möglichst
treuen Wiedergabe des Sinnes jedwede andere Rücksicht un-
terzuordnen wäre. Von ihnen rühren die deutschen Ueber-
schriflen überall her , und ist dabei entweder auf den Inhalt,
oder hin und wieder auf anderweite Mittheilungen der Ehsten
gesehn worden ; wo aber zugleich ebstnische Ueberschriften
angegeben sind, haben die Ehsten selbst diese mit überliefert.
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I. mythische Lieder.
/. Der Sänger.
Kui mina akkan laulemaie,
Luulemaie, laulemaie :
Siis jääb ktila kuulaniaie,
Saksad serwi seisamaie,
Möisa ulk jäab mötlemaie, 5
Kuulama mino sonasi.
Wann zu singen ich beginne,
Wann zu sinnen, wann zu singen :
Dann verweilt das Dorf zu lau-
schen,
Bleiben stehn gebeugt die Herren,
Weilet das Gesind bedächtig,
Um zu lauschen meinen Liedern.
Tuleb taga largem aega, Kommet eine klügre Zeit einst,
Parem pidu meie polwe : Bessre Lust in unser Leben :
Siis ma laulan muiste laulud, Dann sing' ich der Vorzeit Lieder,
Löksutan lauliko lugusi, 10 Schlage den Gesang des Sängers
an,
Mis ma Arjusta arwasin, Den in Harrien ich erdachte,
Mis ma Wirusta wedasin, Den ich her aus Wierland holte,
Mis ma Laanest lunastasin, Den die Wiek entlang ich loste,
Järwast jargu pärisin. Ich aus Jerwen erbt' als Nachlass.
Seal laulan tule tuisusse, 1 5 Singe dann Feuer in den Schnee-
sturm,
Lohna lume angesse, Schwaden in des Schnees Triften,
Panen pilwed pölemaie, Lass* empor die Wolken lodern,
Lume kibemed kumendama ! Sich die Flocken Schnees ent-
flammen !
1 aus den Kirchspielen Marien Magdalenen oder Koddafer im dorpater
Kreiw, aufg. y. Kr.
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- 23 —
Nii on wanast Wim wisi, So von alters Wierlands Weise,
Jarwa lauliku loomused ! 20 So des jerw'schen Sängers Schö-
pfung !
Kui ma lausa lugu laulan ! Wann ich laut die Lieder singe :
Mito wöib obu wedada, Wieviel kann ein Ross entrücken,
Mito kOrbi keeritada, Wieviel wohl ein braunes ziehen,
Lina lak ehk liigutada ? Wohl ein flachsgemähntes fuhren?
Kannaks Kaalewi obuda 25 Kaalew's Ross nur könnte tragen
Üksina mo laulu ulgad ! Einzig meiner Lieder Menge !
Wie in andern Liedern (s. Neus, ehstn. Volkslieder, S.
78 ff., wo auch auf ein verwandtes finnisches Lied hingewie-
sen worden) die Sänger sich rühmen, durch ihren Gesang
zauberische Wirkungen hervorzubringen , erscheint auch hier
das Zauberlied als die höchste Blüthe der Dichtung. Von Ka-
lewepoeg, dem Lieblingshelden und Riesen der Ehsten, der
hier, wie auch wohl sonst, Kaalew (Kalew) genannt wird
und von dem mehr als von irgend einem andern Gott in der
Erinnerung des Volkes haften geblieben , finden sich die Sa-
gen bis jetzt am vollständigsten gesammelt in Kruse *s Ur-
Gesch. d. Ehstn. Volksstammes, S. 175 ff. (vgl. auch Ehstn.
Volksl. S. 5 ff. und unten No. 5 und 6). Z. 1 1 ff. sind die
sämmtlichen Kreise des jetzigen Ehstlands namhaft gemacht.
%. Schöpfungsmythen.
Bruchstücke.
A.
Lähme luulma lugusida, Lasstuns gehen Lieder dichten,
Wana sonu solmimaie, Alte Wort' in Schlingen winden,
Söbra andeid seadlemaie, Freundesgaben ordnend fügen,
Jögesida jölgimaie, Mit den Flüssen fürder führen,
2 in sämmtlichen Stücken ans Plastau, auf*, t. Kr.
A Z. 4 ß.jölgima ist nach A. Knüpf fer «laufen« ; ist et Nebenform von
jälgima , auf die Spur bringen ? mängima , spielen , hat hier wohl noch den
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24
Meresida mängimaie, 5
Kaijosida karglemaie :
Mis nad kullast kuulutawad,
Höbedasta ilinutawad,
Wanemu inest muistetawad,
Taara tarkusest teadlewad. 10
Ükskord, ükskord ilmus ilma,
llmus ilma ilusama,
Ükskord taewa tehtanessa,
Tehtanessa targelasta,
Tähtelega täpilista, 15
Pilulista pilwetega.
Teadsiu taewa tehtanessa,
Kuule koda kolgitille ,
Pesa päiwa päälikulle,
Teista jäile tähtedelle.
Löime loodi löuneella,
Kude koido kodajo,
Päramised paäwa tare.
Sealt neid südi sinisida,
Sambia karwa sainmelida,
Poogeliste punesiida,
Kulla kirja koliasüda
Kangasjalnl kölksotie,
Tallaspuiel tantsitille.
Seal nee kangad kudutie,
Löuendida Iöksutie,
Mit denMeeren rauschend melden,
Mit den Felsen aufwärts tragen :
Was sie Goldenes vernehmen,
Silbernes ersehen lassen,
Was von Wanemuine künden,
Sie vonTaara's Weisheit wissen.
Einstmals, einstmals ward das
Weltall,
Ward das Weltall, dieses schönste,
Einst der Himmel schön geschaf-
fen,
Schön geschaffen voller Weisheit,
Mit den Sternen übersticket,
Ueberwoben mit den Wolken.
Wusst'es, wie der Himmel wurde,
Man das Haus des Mondes aufhieb,
Einen Horst dem Sonnenhäuptling,
20 Einen andern auch den Sternen.
B.
Aufschlag ward gewebt beim
Mittag,
Einschlag in des Frühroths Haus,
Andres in der Sonne Halle.
Dorten sind die blauen Seiden,
5 Die moosfarb'gen Sammetdecken,
Die umrandet rothen Wate,
Die buntgoldig gelben Wate
Auf dem Webestuhl gewirket,
Auf den Tritten abgetänzelt.
1 0 Dort ward das Gewand gewoben,
Alles Linnen abgeklöpfelt,
Sinn des finn. mänkiä , lärmen ; karglema , springen , scheint hier gleichfalls
thätiges Zeitwort. Hat »eadlema hier etwa den Sinn des verwandten fiun.
säistää, des Vorsänger« (hier Fiuss, Meer, Fels) Worte wiederholen? B Z. 11
Icksuma, knallen, ist hier wieder thätiges Zeitwort (wie das ähnliche kolksntna
in Z. 8) und bezeichnet das Anschlagen des Weberkamms.
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- 25 —
Misga ilma ilustati ,
Taewa weeri wärwitati,
Pilwesiida pallistati, 15
Ilma kaared kir,utati
Eha aeal iilgamaie,
Pääwa töusul punetaie.
Sealta tehti tähtelista,
Wikkt rkaare wikkelista,
Kooti kuule kulla kuube, 20
Paiste reiwi paikiselle. —
Wana isa, wana tarka,
Oli tööda toimetanud ,
Ilusaste üma loonud !
Mit dem einst die Welt verschonet,
Rings des Himmels Rand gefärbt
ward,
Die Gewölke bunt durchbrochen,
Die Weltgegenden geschmücket,
Um am Abend aufzuglänzen,
Bei der Sonn' Aufgang zu glühen.
Dort istgestickt der Sternenmantel,
Regenbogens bunter Mantel,
Goldgewand gewebt dem Monde,
Schimmerschleier dem Sönnelein.
Der Altvaler, der Allweise,
Hatte die Arbeit vollendet,
Hatte schön die Welt geschaffen!
C.
Kons on kuldseid kuulutusi,
Höbedaisi ilmutusi,
Mis ma künkast kündelesin,
Mägi alta meelitasin,
Kaljo alta küsitellin.
Teadsin jöge tehtanesse, I
Püha jöge piiranesse,
Erna jöge jälgenesse.
Jogi jooksis üle ilma,
Jooksis joalta järweni ,
Järwest järgulta mereni.
10
Teadsin merda määramaie,
Mere urkaid urgamaie,
Teadsin kalu küiwatie,
Kudu kodasi korjatie.
Wana isa külwas kalu,
15
Sechse sind der goldnen Kunden,
Silbernen Offenbarungen,
Die dem Hügel ich entackert,
Aus des Berges Grund gelocket,
Aus der Felsen Grund erfraget.
Wusste, wie der Fluss einst
wurde,
Wie der heil'ge Fluss begränzt
ward.
Wie derMutterfluss geführt ward.
Weit die Welt durchfloss der
Fluss da,
Floss vom Wasserfall zum See,
Aus dem See zum Meer sich
senkend.
Wusste, wie das Meer be-
messen,
Meeres Höhlen ausgehöhlt sind,
Wusste , wie gesäet sind Fische ,
Stätten sind dem Laich erlesen.
Der Altvater säete Fische,
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Külwas kala kaswantaie,
Kala kudu kosumaie,
Urgastesse uinomaie,
Pääwa paiste paisomaie.
Teadsin metsi määramaie,
20
25
30
Kuüskesida kijlwatama,
Saarikaida seementama ,
Tammikuida taimendama,
Löhmusida loomamaie.
Wana isa külwas metsa,
Külwas metsa kaswamaie,
Wösandikko wösumaie,
Tammikuida töusemaie,
Saarikuida seisamaie.
Teadsin lamme tarkawada,
Taara tamme töusewada.
Tamme kaswis kesket ilma,
Kesket ilma ilusama ;
Kaswis taewa körgusella,
Ladwa pilwi lahotades,
Oksad tuulta takkistamas.
Tamme jöudis, tamme töusis,
Tamme töusis taewaani,
Peitessa pääwa paitusse, 40
Warjutesse kuude walgust,
Kustutes table kumada.
Sä ete Fisch', auf dass
Fischlaich, auf dass er gedeihe,
In der Höhlen Schlündeu
schlummre,
An dem Schein der Sonne
schwelle.
Wusste, wie der Wald be-
messen,
Wie gesaet die Tannen worden,
Ausgestreut die Eschenhaine,
Angepflanzt die Eichenhaine,
Wie geschaffen worden Linden.
Der Altvater säete Waldung,
Säete Waldung, dass sie wachse,
Das Gesträuche, dass es sprosse,
Eichenhaine, sich zu heben,
Eschenhaine, zu erstehen.
Wusste, wie die Eiche keimte,
Wie die Eiche Taara's aufstieg.
Wuchs inmitten der Welt die
Eiche,
War inmitten der Welt die
schönste;
35 Wuchs zur Höh' empor des Him-
mels :
Wolken sprengete der Wipfel ,
Winde hielten auf die Aeste.
Wuchs die Eiche, stieg die Eiche,
Stieg die Eich' hinan zum Himmel,
Hüllend ein der Sonne Helle,
Schattend zu der Monde Scheinen,
Löschend aus der Sterne Leuchten.
A. Aehnliche Eingänge sind bei den Pleskauern sehr be-
liebt, vgl. z. B. Ebstn. Volksl. S. 135 u. oben C. Zu Z. 9 f.
C Z. 40 liest die Handschrift « Peitetta ».
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27
vgl. über Wanemuine unten No. 7 und über Taara die
Einleitung , die Bemerkung unten zu C und Ehstn. Volksl. S.
455 ; zu Z. 18 ff. über die Häuser der Gestirne oben B und
Ehstn. Volksl. S. 173 f. u. 215. Diese Häuser der Gestirne
erinnern übrigens an die Monatsgötter und deren Häuser bei
andern Völkern, s. z. B. Schräder a. a. 0. S. 183. ff.
B. Ohne Zweifel liegt es nah, sowohl die Wolken als die
Morgen- und Abendfärbung des Himmels mit Gewändern zu
vergleichen; denuoch dürfte vielleicht auch daran gedacht
werden , dass die benachbarten skandinavischen Könige ihre
Hallen zum Schmuck mit Teppichen längs den Wänden zu
behängen pflegten. Vgl. auch unten No. 5 A Z. 53 ff.
C. ist bereits in der Einleitung berührt worden. Zu Z. 8
vgl. über den Mutterfluss (Embach), was E. Pabst in der
kleinen Schrift : Emma rediviva , das ist : die altehsln. Göttin
Emma und ihre Sippschaft, Reval 1852, zusammen gestellt
hat. Nun ist aber hier zu beachten, dass Z. 11 f. die Narowa
als ein Theil des Embachs scheint angesehn zu sein. Z. 26
lässt den Altvater, was sonst den Taara bezeichnet, auch
die Bäume aussäen, schaffen, während es, hiermit im Wider-
spruch, in der von Fählmann (in d. erwähnten Verhandl.
Bd. II Heft II , 64 f.) mitgetbeilten Scböpfungssage Wane-
muine ist, auf dessen Gesang aus der Erde Blumen und
Bäume zuerst hervorwachsen. Auch in der Kalevala (Ges. 2
Z. 11 ff.) lässt Wäinamöinen Waldung aussäen, ist es gleich
nicht mit dürren Worten ausgesprochen , dass er der erste
Schöpfer derselben sei. ZuZ. 31 ff. vgl. über die vielgefeierte
Eiche Taara' s was in den Ehstn. Volksl. S. 47 ff. u. 451
beigebracht ist , auch die Kalevala , Ges. 2 Z. 49 ff. , wo sie
puu Jumalan genannt wird. Jutnala bezeichnet aber nach
Castren vornehmlich den Gott des Himmels und des Don-
ners (s. d. gedachten Vöries, üb. d. finn. Mythol. S. 7 ff.).
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— 28 —
3. Die fVwxderekhe.
Bruchstück.
Laksin merda kiikumaie,
Meere ääri äigamaie,
Rehad kuldased käessa,
Höbedasta reha pulgad,
Waskirta reha warreda. 5
M/s ma riisusin meresta,
Mis ma äigin laenetesta ?
Riisusin tamme risuda,
Äigasio tamme tarbe pouksa.
Kes se tamme töusetanud, 1 0
Tamme kasu kaswatanud ?
Waast oli wanen Päiwa poega,
Taara poega ise tarka :
Lasst uns gehn das Meer be-
wegen,
Meers Gestade rein zu säubern,
In der Hand den goidnen Rechen,
Silbern sind des Reebens Zähne,
Ehern ist der Schaft des Rechens.
Was erharkt' ich aus dem Meere,
Was entsäubert' ich den Wellen?
Abfall von der Eich' erharkf ich,
Säuberte mir sie zu Nutzholz.
Wer denn hat erhöht die Eiche,
Hat die Eiche wachsen heissen?
Weiland war ein Sohn der Sonne,
Selber weis' ein Sohn des Taara,
So die Eichel eingepflanzet,
Tamme törud teinud maaha ,
Teinud maaha küüsmaale, 1 5 Eingepflanzt dem Schwenden
boden,
Loomusmaale kaswamaie,
Audund maale idanema.
Tamme töusis, tamme jöudis,
Töusis waksa körguselle,
Kahe waksa kangusella. 20
Seal tuli tuhinal tuuluke,
Weeres wihinal wihmuke.
Tuule tostis tammekese,
Wihina wettis wäätikese,
Töstsid tamme löusemaie, 23
Weike tamme wenimaie.
Tamme töusis, tamme jöudis,
Dass sie wuchs' im neuen Boden,
Keimt* in dem gebähten Boden.
Stieg der Eichbaum, trieb der
Eichbaum,
Stieg zu einer Spanne Höhe,
Zu der Stärke zweier Spannen.
Da kam hauchend her einLüftchen,
Rauschte rieselnd Regen nieder.
Lüftchen hob das Eichenbäumcben,
Regen wässerte das schwache,
Hoben, dassder Eichbaum aufstieg,
Sieb der kleine Eichbaum streckte.
Stieg der Eichbaum , trieb der
Eichbaum,
3 aus dem Dorfe MegosiU ia Pleskau, aufg. aus dem Munde einer Ebstin
aus dem Kirchsp. Neuhausen von Kr.
Z. 12 Waast für wanatt. Z. 29 Pilutas; die Htndschr. hat pillutas.
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29
Tamme töusis taewa alla,
Pilutas pilwed puistamaie,
Taewa läge langemaic,
Kippus pääwa peitemaie,
Kippus kuuda kustutama,
Tähäkesi tappemaie.
Stieg der Eichbaum auf zum
Himmel,
Sann, die Wolken zu zerstreuen,
Stark desHimmelsDach zustürzen,
Rang, die Sonne zu verdecken,
Rang, den Mond auch auszulöschen
Und die Sternelein zu tödten.
Dieses weit und in mannigfachster Gestalt unter dem Volk
verbreitete Lied ist bereits in den Ehstn. Volks!. S. 47 ff.
(vgl. auch S. 451 No. 10) in einer abweichenden Fassung
vollständig mitgelheilt worden.
Z. 12 ff. lassen nicht deutlich erkennen, ob «Sohn der
Sonne (eigentlich : der ältere Sohn der Sonne)» und «Sohn
des Taara» verschiedne Bezeichnungen nur eines oder zweier
gölllichen Wesen sind. Wie im Indischen finden sich auch
bei den nördlichen Völkerstämmen Spuren von einer Vorstel-
lung , in welcher die Sonne und der Donnergott (das Feuer)
zu einer Einheit zusammen gefasst waren; vgl. Castren,
Vöries, üb. d. finn. Mythol. S. 53 ff. Vgl. auch Ehstn. Volksl.
S. 215.
4. Der Fische Gold- und Silberglanz.
Kust siis laulu loojaid saate,
Kui ei piigaid peenikesi ?
Kuldalaewal laulu piigad
Läksid merda kiikumaie,
Suuri saari soudemaie,
Laente lusti laulemaie.
Wo entlehnt ihrLiederschöpfer,
Mögt ihr Maide nicht, die
schlanken?
Liedermaid' in goldnem Schiffe
Schifften auf das Meer zu schau-
keln,
5 Weile Werder zu errudnrn,
Wellenwonne zu besingen.
Laened möistsid laewa koorma, Wellen fühlten die Last des
Schiffes,
4 aus dem Dorfe Waksorow in Pleskau , auf;, r. Kr.
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— 30
Tuuled luuwide wuhingi :
Wirg'sid höbewiirulista,
Liug'sid läikiwa Iindile. 10
Kust said piigad söudejaida,
Laulu nautsid tüürijaida ?
Kala laenas soudjaoimad,
Tuura kala tüüris laewa ;
Tüüris laewa laeneid möoda 1 5
Pöiki pöhja pööri wasto.
Tulid poisid Pöhja-maalta,
Kalewised kaljo maalta,
Kungla-saarelt kuninga poiga,
Tahtsid neido naisiks saada, 20
Karja lindu kaasaliseks.
«Meil om mehi meeli möoda,
Omakseid omala maala!»
Laewa lendis möoda laeni,
Liuges libedal maante-el. 25
Möoda jöudsid suured saared,
Möoda Soome laewakesed.
Seal tuli pääso, paiwa lindu,
Pesitispaika otsimaie.
Oli kainud kaugel maiel, 30
Kaugel maiel; körre wäljal,
Küia meeste künni peenril,
Kehwa rahwa kesa nurmil.
Ei leidaud warjolist waarikut,
Ega pesa peido paika. 35
Tuli lendes mere poole
Lauljalaewa eli peale.
Neitsilaewa purje warju
Winde das Lustgetön der Täub-
cheu :
Sprangen auf wie Silberstreifen,
Glitten wie glänzende Bänder hin.
Wannen wurden den Mädchen
Rudrer,
Steuerer den Liedermaiden?
Ruderflossen.lieh der Fisch her,
Steuerte der Stör das SchifDein,
Stör dasSchifflein durch die Wellen
Schräg zum Angelort des Nordens.
Her vom Nordland nahten Knaben,
Von den Felsen Kalewingen,
VonHolmKungladesKönigsSohn.
Wollten frein als Fraun die
Jungfraun,
Als Gemahl die Herdenvöglein.
»Männer sind nach unserm Sinne,
Eign*, uns in dem eignen Lande ! »
Durch die Wellen drang das
SchifDein.
Gleitend hin die glatten Bahnen.
Weite Werder flohn vorüber.
Ihm vorüber Finnlands Schifflein.
Da kam Sonnenvogel Schwalbe,
Suchend einen Ort zum Nisten.
War geflogen fern ob Landen,
Fern ob Landen, Halmenfeldern,
Ob der Dörfner Ackerrainen,
Ob des armen Volkes Brachland.
Hatte kein Schattenholz erspäht,
Noch fürs Nest ein heimlich
Oertchen.
Nahte fliegend nun dem Meere
Auf den Schall des LiederschifTes.
In des Maidschifls Segelschatten
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31
Puges pääso pesitama.
Tegi pesa penningista, 40
Siidiudust pesa pöhja,
Sammetsamblast pesa seinad.
Munes muna kuldakoorse,
Istus muna audumaie.
Laew aga liugus laulo pillil,
45
Lendis lehitaw tuulega
Ika pöhja piiri wasto.
Tuuslar töstis tuule päida ,
Puhus purjed pingemale,
Pani laewa wankomaie. 50
Päasokene, purje lindu,
Kautas muna mereda !
Lendis leinas kolme päawa,
Liuges laewa lipu ümber.
Ei saanud siiwu puhkamaie, 55
Ei kaa toitu wöttemaie.
Seal ta langes laenessa
Kuldse muna koore peale.
Muna puhkes mere pöhjas,
Kuldas kala soomukseida. 60
Muna walgest saiwad räimed
Höbelhrid naha peale.
Schwang die Schwalbe sich ?um
Nisten.
Baute nun ein Nest von Pfenn'gen;
Seidenflaum des Sitzes Boden,
Sammetmoos des Sitzes Wände.
Legt' ein Ei von goldner Schale,
Setzte sich aufs Ei zum Brüten.
Aber das Schiff mit Lieder-
schal 1c
Flog vor flüsternden Lüften hin
Naher zu ds? Nordens Marken.
Windeshäupter hob ein Zaubrer,
Hauchte höher auf die Segel,
Brachte das Schiff in Schwan-
kungen.
Schwälbchen dann, der Segelvogel,
Es verlor das Ei im Meere !
Flog voll Trauer drei der Tage,
Schwebend um des Schiffes
Wimpel.
Fand nicht Rast zu ruhe die
Schwinge,
Noch aueh einzunehmen Nahrung.
Dort versank es in den Wellen
Auf des goldnen Eies Schale.
Brach das Ei am Meeresboden,
Uebergoldend des Fisches Schup-
pen.
Räbs* erhielten aus dem Eiweiss
Silberflitter für die Hülle.
Von den Gnnischen und ehstnischen Ueberlieferuugen von
Schöpfungen aus einem Ei ist bereits in den Ehstn. Volks! .
Z. 48 tuutlar, Zauberer, xumal derjenige, der
magnetisches Bestreichen hellt; a. auch Ehatn. VolkaL 8. 66.
Z. 61 räim in EhaUand Strömling {clupea tprattu*), in
prinus muraenula).
Babs (cy-
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— 32 —
S. 3 f., 39 ff. und 407 einiges beigebracht. Das vorsiehende
Lied ist zunächst verwandt einem finnischen , «der Geburt des
Seehundes», bei Schröter, finn. Runen, finnisch u. deutsch,
5. 46 f., und bei Wolff, Hausschatz der Volkspoesie, S. 470,
welches jedoch , grossarliger , Seehund und Seefisch aus dem
Goldei der Schwalbe entstehen lässt. Etwas ferner stehn ein
paar Lieder bei Lönnrot, Kanteletar I, 207 f. und bei Eu-
ropäus, Pieni runon-seppä, S. 3 f. Was die schiffenden Lie-
dermaide anlangt , so entsteht die Frage , ob sie nicht etwan
die in der folgenden Nummer näher bezeichneten Luftinaide
sind. Hier wie dort erscheinen sie als die schiffenden, mit
denen die Kalewingen in Beziehung kommen; hier gesellt
sich die Schwalbe zu ihnen , dort ist sie eine derselben ; vgl.
unten No. 5. Die Abweisung der Freier in Z. 22 f. kommt
in ähnlicher Weise auch in andern Liedern vor, s. unten No.
6. Dass Z. 48 ein Zauberer Sturm erregt, ist eine den Ehslen
sehr geläufige und schon in der Einleitung angedeutete Vor-
stellung; vgl. Das Inland 1852 No. 17 Sp. 319 f.
Ö. Die Luftmaide.
Brachstücke.
Kuis mina kuulin kuulutusi,
Wana jutu juurdumisi ?
Andke mahti, armokesed,
Kannatage, kaunikesed:
Kiilep kuuldu kuulutellen,
Solmin soerdeni sönajaid,
Keerutan kölksula könejeid,
A.
Wie die Kunden ich erkundet',
Alter Meldung Wurzelmähren?
Lasst mir Müsse, meine Goldchen,
Wollet harren , meine Holdchen :
5 Wohl verkünd'ich dann die Kunden,
Wind* in einen Bund die Worte,
Kehre Klänge mit dem Klöpfel,
5 aus Pleskau, A aufg. r. J. Kolbe, B r. Kr.
i Z. 6 toerdeni ? Tom ßon tuortua. Bündelcben ? hin and wieder hört
man : linu söerdi panema, den Flachs in Bändelchen (sonst pihu täied ge-
nannt) rereinigen. Z. 11 kuultya für kuulutaja.
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Juhatan jumeda jutula,
Saadud salaja sonula.
Muistel oli lausa laulo suida,
10
Kenal keelil kuulujapoigi ,
Targa suuga tüteriida.
Tuhat tükki tuulde satnu,
Teine tubat tuisko matnu,
Kolmas kalmo künka waonu, 1 5
Neljas orja pölwe kaonu.
Mis ehk muido inunga peitnu,
Wai mis papi palwed wöitnu,
Seda ei loe sada suuda,
Ega luhat tunnismeesta ! 20
Mis mina riismeist kogonenu,
Pudenenust puida pannud,
Mis ma eide ölmast öpp'sin,
Taadi tarkuselt tabasin,
Kanarikust koristasin, 25
Noorelt nurmelta noppisin,
Seda lasen ladusahe
Kuulja kuulme kölksutella.
Niida aga kuulin kuulutusi,
Wana jutu juurdumisi : 30
Neli oli näutsid ennemuiste
Söudawaida sösaraida,
Neli kana käherpäida,
Neli nirko nugissilma,
Weis' eucb Schönheit in der
Mahre ,
Im geheim enthüllten Worte.
Ehmals gab es offne Sänger-
lippen,
Kundesknaben holder Kehle,
Maide mit dem Mund der Weis-
heit.
Stoben tausend Stück' in Lüfte,
Tausend in des Triebschnees
Grüfte.
Grabeshügel deckt' ein drittes,
Dienstbarkeit verderbt'ein viertes.
Was der Mönch etwa verborgen,
Oder Priesterwort bezwungen,
Nimmer zählen's hundert Zungen ,
Traun, nichtTausendevon Zeugen !
Was ich vom Gerüll gerettet ,
Aus dem Abfall aufgelesen,
Was ich lernt' im Schooss der
Mutter,
Von des Vaters Weisheit fasste,
Aus dem Haidekraut erklaubte,
Jugendlich dem Feld entführte,
Dieses lass' ich lautern Sinnes
In das Ohr des Hörers schallen.
Also denn erkundet' ich die
Kunden,
Alter Meldung Wurzelmähren :
Viere waren vormals da der Maide,
Schwestern , welche schiffend
fuhren ,
Vier derlockenköpf gen Hühnchen,
Vier der marderäug'gen Wiesel,
Z. 27 ladu$ahe y Tom ebstn. ladus, freundlich, schicklich. Das Ann. latu
ist Spar, Steig ; ladusahe also der Spur folgend, getreulich ?
3
— 34 —
Marja meelil marga andjad,
Targal tanul tute kandjad :
Nägid näitsikuid pesissa,
Kodo waka warjo alla.
Üks oli näutsik jöge näkki ;
Jöge näkki, wette käkki ; 40
Teine näutsik tähte tütar,
Tähte tiitar, taiwa tuuwi ;
Kolmas oli näutsik kuude koolik,
Kuude koolik, öüde hoolik ;
Neljas näutsik pääwa pääso, 45
Pääwa pääso petelikko.
Niida kuulin kuulutusi,
Wana jutu juurdumisi :
Mis nee näutsiko tegt wa,
Tarbli tööda toimetassa ? 50
Neil oli neli nalja tööda,
Nalja tööda, woli öoda :
Pidid pä'iwa piljotama,
Kuule kullast kudumaie,
Tähte tano kirjutama, 55
Weele silmist walmistama,
lidu kuube ömblemaie.
Wana taat, wana taadikene
Ei last latsi laial käuja,
Ega laiskust lositada. 60
Niida aga kuulin kuulutusi,
Wana jutu juurdumisi
Beerensinnig Zeichen sendend,
Weiser Haube Wahrheit spen-
dend :
Nixenmaide noch im Neste,
In der Hut des Heimathkorbes.
Ein«» Maid war des Flusses Nixe,
Flusses Nixe, Wassers Blutkloss ;
Zweite Maid der Sterne Tochter,
Sternentochter, Himmels Taube;
Dritte Maid der Monde Lehrimg,
Mondenlehrling, der Nächte
Pflegling ;
Vierte Maid der Sonne Schwalbe,
Sonnenschwalbe, Trug ersinnend.
So erkundet' ich die Kunden,
Alter Meldung Wurzelmähren :
Was denn machen diese Maide,
Nutzgeschäfte schön beschaffend?
Vier sie hatten der Scherzge-
schäfte,
Scherzgeschäfte, müss'ge Nächte :
Mussten für die Sonne steppen,
Für den Mond das Gold verwirken,
Für die Sterne Hauben sticken,
Für das Wasser Spitzen weben,
An des Nebels Kleidung nähen.
Der Altvater, das Altväterchen
Liess nicht weit die Kinder wan-
deln,
Noch sie auch in Lassheit lottern.
Also denn erkundet' ich die
Kunden,
Alter Meldung Wurzelmähren
Z. 37 nägid (nägi t) Nixen ; in der Handschrift ist dies aus näkid herge-
f teilt ; nägid liegt auch aus Oesel vor. Z. 53 piljoUma ? da« Ann. pilkoto,
bunt machen?
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- 35 -
Köukse nurme kesalta,
Pöhja kotka pesalta.
Näutsid narpsid nalja tööla, 65
Wäsisid wäetid wgli ööla;
Aeg Iäks lango igawaksa,
Aea kiirud kibedaksa.
Igawaksa ilma nautsi,
Kabe keeru kabedassa, 70
Ei ole mehi maitsemassa,
Ega kaasa kaitsemassa,
Läksid kaasa kuulemaie,
Pöhjast peigo pajalama,
Lounest lusti öiskamaie, 75
Koidult kuts'ma kpsilasi.
Niida kuulin kuulutusi,
Wana jutu juurdumisi :
Igawesses ilma näutsid
Laksid kaasa kuulamaie, 80
Pöhjast peigo pajatama.
Kesse kuulis neio kisa,
Poordi päie pajatusi ?
Kisa kiljas Kuura-maale,
Pajatus pilwe paisoni, 85
Ohatus mere pöhjani.
Ei olnud peigo pöhja pöllul,
Poisikest ei poolel ilmal.
Igawaks waos aegokene,
Von des Baren Feld der Brache,
Von dem Horst von Nordens Aare.
Welkten die Maid' im Scherz-
geschäfte,
Wurdenmüddermüss'genNächte;
Langsam liefen hin die Zeiten,
Schmerzhaft schlich die Flocht der
Zeiten,
Die Luftmaide, langgeweilet
Weib sich mit dem Weib zu
drehen,
War kein Mann da, der sie nützte,
Da kein Gatte, der sie schützte,
Gingen einen Gatten suchen,
Aus dem Norden den Braut'gam
bitten,
Sich vom Süden Lust erjauchzeu,
Her vom Osten führen Freier.
So erkundet' ich die Kunden,
Alter Meldung Wurzelmähren:
Die Luftmaid' in langer Weile
Gingen einen Gatten suchen,
Aus dem Norden den Bräut'gam
bitten.
Wervernahm der Maide Mahnung,
Wer der Bortenköpfgen Bitten ?
Bis nach Kurland klingt das Mah-
nen,
In der Wolke Schwall das Bitten,
Bis zum Grund des Sees das
Seufzen.
Fand sich auf Nordens Flur kein
Bräut'gam,
In der halben Welt kein Knäbchen.
Zeitchen ward zur langen Weile,
z. 69 ff. ?
Z. 74 bitten für «erbitten«.
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— 36 —
Näutsidel uiimusa elola : 90
Aina üksi ü'e ilma,
Paarimata pääwa paistel,
Seltsilas'ta öode sängil,
Kaitsemata koido pengil.
Niida aga kuulin kuulutusi,
95
Wana jutu juurdumisi :
Kalewallas kaswis poigi,
Kaswis poigi putkelasi,
Kabedasta kandemata,
Eide sülest sigimala. 100
Neil oli wöidu waljo töoda,
Waljo tööda, rasseid ööda,
Wana taat, wana taadikene
Ei last poigi parsil olla,
Sttndis sooda sahkamaie, 105
Kinkusida kündemaie,
Laia laane laastamaie,
Mere pöhja pörgamaie,
Mägesida mättamaie,
Lagedaida lautamaie. 110
Ekel den Maiden ihr Aufenthalt :
Waren in der Welt gar einsam,
Ungesellt im Sonnenscheine,
Ungeeint auf nächt'gem Lager,
Ungeschützt auf der Morgenbank.
Also denn erkundet' ich die
Kunden,
Alter Meldung Wunelmähren :
Kalewalda kannte Söhne,
Kannte Söhne kühnen Wuchses,
Welche nicht das Weib getragen.
Nicht gehegt der Schooss der
Mutter.
Hatten zur Wette Mühgeschäfte,
Mühgeschäfte, schwere Nächte.
Der Altvater, das Altväterchen
Liess nicht sein die Söhn' in
Darren,
Zwang sie einen Moor zu ackern,
Hügelabhäng' aufzupflügen,
Weite Waldung auszulichten,
Meeresgründe zu berein'gen,
Bergesgipfel zu begrasen,
Weit die Ebnen auszudehnen.
B.
Siuro lindo, Taara tütar,
Siuro lindo, sinisiiwa,
Sündis isa sundimata,
Kaswis ema audomata,
Sösarate soowimata,
Vogel Siuro, Taara's Tochter,
Vogel Siuro blauen Flügels
Wurde sonder Wort des Vaters,
Wuchs auf sonder Mutterbrütung,
Sonder seiner Schwestern Wün-
sche,
Z. 90 niimtua? Z. 98 putkelasi, Beiwort ron putk, Stengel ; das finn.
putkahtaa ist aafschiessen , herrorsprossen. Z. 108 pörgamaie? ohne Zweifel
das finn. perkaan, per ata y reinigen, ausreu len. Z. 109 mättamaie? von mä-
tas, Kasenhü gelchen.
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— 37 —
Welekeste wasto meelta.
Ei old linnul pesakesta,
Pääso poeal aude paika,
Udusulgi uendada,
Werisulgi walmistada. 1 0
Aga Ukko asutie,
Wana isa walmisüe
Tätterillo tuule liiwad,
Tuule tiiwad, pilwe wiiwad,
Misga lapse Hugenesse, 15
Kaugeella kandenesse.
Siuro lindo, Taara tütar,
Siuro lindo, sinisiiwa,
Lendas paljo, liuges paljo,
Lendas, liuges löune alla, 20
Pööras pöigite pöhjula,
Lendas üle kolme ilma.
Üks oli ilma neitsikeste,
Teine kaswul käherpa'ide,
Kolmas koogalaste kodu, 25
Koogalaste korjuspaika.
Siuro lindo sirges siiwu,
Sirges siiwu siidisida,
Lendas, liuges taewa alla
Päawa Unna lähidale, 30
Kuu kumeda kodani,
Weide waskiwärawani.
Siuro lindu sirges siiwu,
Sirges siiwu siidisida,
Wider seiner Brüder Willen.
Halle keinen Horsl der Vogel,
Nicht Brutstatt der Schwalben-
sprössling, *
Zu verneu'n des Flaumes Federn,
Auszubilden die Blutfedern.
Aber Ukko setzt' anordnend,
Der Altvater bildet* endend
Für die Tochter Windesschwinger,
Windesschwinger, Wolkerringer,
Dass das Kindlein damit gleite,
In die Weite werd' entrücket.
Vogel Siuro, Taara's Tochter,
Vogel Siuro blauen Flügels
Flog hin vielmals , glitt hin viel-
mals,
Flog hin, glitt hin gegen Süden,
Schwang sich schräge hin nach
Norden,
Flog hin über drei der Welten.
Eine war die Welt der Maide,
Dann der Lockenköpf im Wüchse,
Drittens der kleinen Kinder Halle,
Kleiner Kinder Wartestätte.
Vogel Siuro dehnt die Flügel,
Dehnt die Flügel, die von Seide,
Flog hin, glitt empor zum Himmel
Nahe vor der Sonne Veste,
Vor des Mondes helle Halle,
An das ehrne Thor, das kleine.
Vogel Siuro dehnt die Flügel
Dehnt die Flügel, die von Seide,
B. Z. 26 Koogalaste? (von koogalaps? ) ; koogama, lallen, «Ummeln. Kqr-
jtupaitka? Das ehstn. korjama ist sammeln (vgl. unlen No. 13 A. Z. 26) ; das
iinn. korjata auch bergen, pflegen.
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38
Lendas paljo, liuges paljo, 35
Käänas öbtula kodoje.
Isa tütterilt küsima :
Kus sa Hages lendanessa,
Kus sa kaugel käidanessa,
Mis sa nugissilm nähtanes? 40
Siuro möistis, Siuro kostis,
Koslis wasto kohkumata :
Kus ma liugessa libisin,
Senna jätsin litterida ;
Kus ma käiessa keerutin, 45
Senna sattus siidi sulge ;
Kus ma siiwu siputasin,
Saba sulge satutasin.
Mis mul nugissilm nähikse,
Sest on seitse jutustada, 50
Kaheksa mul köneleda.
Kaua käisin Köukse teeda,
Wikkerkaare wihma teeda.
Möoda rasket ralic teeda.
Kaua käisin kähtepäini, 55
Libisesin lihtepäini,
Kunni leidsin kolme ilma.
Üks oli ilma neitsikeste,
Teine kaswul käharpäide,
Kolmas koogaiaste kodu, 60
Koogalaste korjuspaika,
Kus need kenad kaswanesid,
Siidisiised sirgenesid.
«Mis sa kuulid, kuululelle !
B. Z. 55 f. käktepäint, lihtepäini?
zeigt käharpäida.
Flog hin vielmals , glitt hin viel-
mals,
Wandte heimathwärts am Abend.
Fragte der Vater die Tochter da :
Wo im Flug hast du geglitten,
Wo gewandelt in den Weiten,
Was gewahrtest du, RIarderaug'?
Siuro merkt' es, Siuro sprach da,
Sprach antwortend ohn' Bestür-
zung :
Wo ich gleitend hingeschlüpft bin,
Liess ich Füttern niederfliegen;
Wo ich mich im Wallen wandte,
Dahin flel die Seidenfeder ;
Wo ich flatternd schlug die Flügel,
Fiel die Feder aus der Sterze.
Was mir wies mein Marderauge,
Dess ist zu sagen Siebenfaches,
Selbst Achtfaches mir zu melden.
Wallte lang den Weg des Bären,
Regenbogens Rieselstrasse,
Längs der Schlössen schwerer
Strasse
Wallte lange, suchend einsam,
Schlüpfte hin, mich schwingend
einsam,
Bis ich drang zu drei der Welten.
Eine war die Welt der Maide,
Dann der Lockenköpf im Wüchse,
Drittens der kleinen Kinder Halle,
Kleiner Kinder Wartestätte,
Wo die schonen wachsen mochten,
Sich die seidnen strecken mochten.
»Was erkundet du, verkünde !
Z. 59 käharpäide ; die Handschrift
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— 39 -
Mis sa nägid, näitanella ! » 65
Mis ma kuulin? kulla taati,
Mis ma nägin ? isakene !
Kuulin neidu naljatusi,
Naljatusi, kurwastusi,
Käherpa'ie pilgatusi,
Koogalaste kiljatusi.
Miks nee neido naljatliko,
70
Kaherpääga kaswandiko,
Koogalased kanakesed
Aüia üksi elanessa, 75
Audojata kaswanessa ?
Küsitelle koigis kohtes.
Kas ei taadil tähte poiga,
Tähte poiga ehk kaa teista,
Kes lääb neido peastenessa, 80
Käherpaida kuulamaie ?
Taara möistis, kohe kostis :
Lenda, tütar, liuge, tütar,
Lenda tütar, löune alla,
Liuge libas läane poole, 85
Laänelt pöigite pohjule.
Libise ukko ukse ete,
Lääne eide läwe alla,
Pöhja eide peenderille :
Küsitelle kosilasi, 90
Palu piiga peastijaida.
Was gewahrt du, woll es weisen!»
Was ich erkundet, goldner Täte,
Was gewahret ? holder Vater !
Ich vernahm der Mädchen Scher-
zen,
Mädchenscherzen, ihre Schmer-
zen,
Dieser Lockenköpfe Höhnen,
Dieser kleinen Kinder Stöhnen.
Weshalb müssen die neck'schen
Mädchen,
Diese Lockenköpf im Wüchse ,
Diese kleinen Kinderhühnchen
So alleine sein im Leben,
Wachsend sonder Wartung leben?
Also fragt man aller Orlen.
Hat der Vater nicht Sternensöhne,
Sternensöhne oder andre,
So die Maid' erlösen möchten,
Nach den Lockenköpfen lauschen?
Taara merkt' es, alsbald
meint' er :
Fliege, Tochter, gleite, Tochter,
Fliege, Tochter, fort gen Süden,
Gleite schlüpfend gegen Abend,
Schräg vom Abend nach dem
Norden.
Schlüpfe an die Thür des Alten,
An der Abendmutter Schwelle,
Auf den Rain von Nordlands
Mutter !
Frage fleissig dort nach Freiern,
Fleh um Erlöser für die Jungfraun.
Die in A. geschilderten Luftmaide , welche als schiffend,
als wahrhafte Zeichen gebend, als Nixen, als Lehrling des
Mondes , als webend an der Gestirne und des Nebels Gewän-
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— 40 —
dem (Lichl- und Lufterscheinungen; s. oben No. 2 B) und
dabei als zugleich gelangweilt durch Einsamkeit bezeichnet
werden, sind vielleicht nicht nur mit den schiffenden Mädchen
in No. 4 , sondern auch mit den vereinsamten Mädchen in B
Eins. Bedeutsamer aber ist, dass die Beschreibung derselben
vielfach mit derjenigen stimmt, welche die (ionische Ueberlie-
ferung von den Luonnotaret giebt , und es also scheint , dass
beide dieselben Göttinnen sind. Die Luonnotar Kawe ist
nehmlich eine Tochter der Luit und in der Einsamkeit ge-
langweilt, schwimmt dann als Wassermutter auf den Wellen
umher , bis eine Ente auf ihrem Kuie ein Nesl baut und dar-
auf die Maid selbst weiter schafft und gestaltet (s. Kaiewala,
Ges. 1 Z. 111 ff.). Die Tochter der Luft Ilmatar aber giebt
auch wahrhafte Kunde (a. a. 0. Ges. 47 Z. 141 ff. und Ges.
48) und Kuutar und Päiwätär sitzen auf dem Rande der
Wolke und weben Gold- und Silbergewand (a. a. 0. Ges. 41
Z. 103 ff.). Und wenn es nach dem ehstnischen Liede A ver-
muthet werden darf, dass den Luftmaiden Hülfe kam aus Ka-
lewalda*), wofür Fählmann (s. d. gedachten Yerhandl. Bd.
II, 64) die Formen «Kallwce, Kaljowe, Kaljowald (Felsgebiet)»
kennt, so ist nach dem Finnischen die Luonnotar Kawe Mut-
ter Wäinämöinen's und llmarinen's, der göttlichen Helden
Kalewala's (Felsenlands). Zugleich aber ist zu beachten , dass
schon in dem Namen Luonnotar nicht nur der Begriff des
Schaffens, sondern zugleich der des Webens enthalten ist.
Dass im Ehstnischen vier Luftmaide , im Finnischen häufig
nur drei Luonnottaret , die dann als Lufttöchter begreiflicher
Weise auch mit llmarinen in Verbindung gebracht sind , an-
geführt werden, scheint kaum hinderlich.
*) Wäre an diesen Namen zu denken bei dem in einer frühen Urkunde im
alten Lande der Kuren erwähnten locus Galtwall«? S. Script, rer. Liv. //,
397.
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- 41 -
A. Zum Eingange vgl. die Eingänge von No. 2 A nnd C.
von der finnischen Kaiewala und vom Liede in den Ehstn.
Volks). S. 135. Z. 37 f. vgl. zu den aNixen im Nest, im
Heimathkorbe » daselbst S. 10 u. 407. Z. 40 ist die Be-
zeichnung der Nixe als «der Wässer Blutkloss» (eine beliebte
Speise der Ehsten) zwar auffallend, aber Aehnliches erscheint
nicht selten als schmeichelnde Liebkosung, vgl. unten No. 1 4
:1 Z. 2 u. No. 30 Z. 4 f. Z. 45 ist «die Sonnenschwalbe»
(im Finnischen gleichfalls püitcä lintu) bereits in No. 4 Z. 28
vorgekommen. Z. 63 ist zu «tfoufoe», Wessf. von köukne,
der Verkleinerung oder dem Beiwort von kouk (Donner, Don-
nergott) die Einleitung und unten B Z. 52 zu vergleichen.
Bei dem mythischen «Brachfelde des Donnerers» mag aber
erwähnt sein, dass einige Landgüter ähnlich benannt sind,
nehmlich Köukse-mois, Köuko-moi$, Kauks und Kook in Wier-
land, und Köu-mois, Wolmarshof im felliner Kreise. Z. 64
vgl. znm «Horst von Nordens Aare» Ehstn. Volksl. S. 3 f.,
wo es heisst, das Nestei der Kaie win gen in dem Horste des
Aars vom Norden sei ein Ei der Frau des Kalewi gewesen,
so dass der Aar des Nordens in unserm Liede wohl auch als
die Erscheinung einer Göttin (etwa Louhi's , die sich in der
Kaiewala, Ges. 43 Z. 162, in einen Adler verwandelt?) ge-
fasst werden könnte. Z. 104 besagt, dass der Allvater die
Söhne Kalewalda's nicht sich verwöhnen , nicht in den Dar-
ren und Bauerstuben auf den Dörrstangen in der Wärme hat
behaglich ruhen lassen ; Z. 105 ff. aber zählen die Muhen der-
selben auf, wie in ähnlicher Weise die ehstnische Sage die
Arbeiten der zwölf Kaie win gen zur finnischen Sage stim-
mend schildert (vgl. Rosenpl. a. a. O. XIV, 99 f.).
B. der Schwalbensprössling (vgl. oben A 1. 45), die
blaugeOugelte Siuro, die Tochter des Donnerers Taara oder
Ukko (nach Z. 11), ist sonst unbekannt, erinnert aber an
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42 —
«sinnisirje linnoketme» (das Blauvögelchco) in den Ebstn.
Volksl. S. 42 fT. und an Odin s kundebringende Raben. Z.
49 bedeutet das Marderauge ein scharfes Auge, s. daselbst
S. 199. Z. 52 ff. vgl. zum «Weg des Bären» oben A Z.
63 und unten No. 30. Z. 87 kann bei «u&fco», wie ja auch
die Hausgeister genannt werden (s. a. a. Q. S. 62 u. 173),
nach dem Zusammenhange nicht an den Donnergott gedacht
werden. Z. 89 könnte «Nordlands Mutter» (vgl. a. a. O.
S. 431) vielleicht wieder die ßnnische Göttin Louhi sein, die
in der Kaiewala so bedeutsam auftritt.
6. Der Sohn des Felsens.
Läksin merda kiikumaie,
Laenetesse laulemaie,
Kala kudus kondimaie.
Panin paatrid pao peale,
Elmed eina kaare peale, 5
Kee pikka kiwi peale,
Lindi laia liiwa peale.
Sormuksed sömera peale.
Tuli augi alta wetta,
Pääso lindu pealta wetta, 10
Pää niusta muda seesta ;
Paris paatrid paolta,
Elmed eina kaarelta,
Keed pikka kiwilta,
Lindid laia liiwalta, 15
Sormuksed sömeralta,
Mioa api üüdemaie,
Auf das Meer ging ich zu
schaukeln,
Auf die Wellen um zu singen,
In der Fische Laich zn wallen.
Warf die Pater auf die Weide,
Auf die Schwade hin die Perlen,
Auf den weiten Kies die Kette,
Auf den breiten Sand die Binde,
Auf den Rasen hin die Ringe.
Hub ein Hecht sich aus dem
Wasser,
Hoch die Schwalbe her vom
Wasser,'
Aus dem Schlamm ein schwar-
zer Egel ;
Nahm die Pater von der Weide,
Von der Schwade fort die Perlen,
Von dem weiten Kies die Ketten,
Von dem breiten Sand die Binden,
Von dem Rasen mir die Ringe.
Hülfe ! hub ich an zu rufen,
6 Aus dem Kirchspiel Ampel in Jerwen, «nfg. t. Kr.
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Pikkai keelil palumaie :
Tule api, Arjo poisi,
Tule peastma, Perno poisi ! 20
Aga ei kuulnud Arjo poisi,
Ega kuulnud Perno poisi,
Api astus kaljo poisi,
Rootsi kandli kolista> :
«Mis sa nutad, neitsikene, 25
Mis sa kaebad, ellakene ?»
Läksin merda kiikumaie,
Laenetesse laulemaie,
Kala kudus köndimaie.
Panin paatrid pao peale, 30
Elmed eina kaare peale,
Kee pikka kiwi peale,
Lindi laia liiwa peale,
Sörmuksed sömera peale.
Tuü augi alta wetta, 35
Päaso lindu pealta wetta,
Pää musta muda seesta ;
Paris paatrid paolta,
Elmed eina kaarelta,
Keed pikka kiwilta, 40
Lindid laia liiwalta,
Sörmuksed sömeralta.
Seal aga kostis kaljo poisi,
Rootsi kandle kölistaja :
Laut zu flehn mit Toller Stimme :
Komm zu Hülfe, Knabe Harriens,
Komm zu retten, Knabe Pernaus 1
Doch nicht hört's der Knabe
Harriens,
Noch auch hört's der Knabe
Pernaus.
Hülfe bringt der Sohn des
Felsens,
Er, der schwed'schen Harfe
Schläger :
«Weshalb weinest du, o Zarte,
Weshalb jammerst du, o Jungfrau ?»
Auf das Meer ging ich zu
schaukeln,
Auf die Wellen um zu singen,
In der Fische Laich zu wallen.
Warf die Pater auf die Weide,
Auf die Schwade hin die Perlen,
Auf den weiten Kies die Kette,
Auf den breiten Sand die Binde,
Auf den Rasen hin die Ringe.
Hub ein Hecht sich aus dem
Wasser,
Hoch die Schwalbe her vom
Wasser,
Aus dem Schlamm ein schwar-
zer Egel;
Nahm die Pater von der Weide,
Von der Schwade fort die Perlen,
Von dem weiten Kies die Ketten,
Von dem breiten Sand die Binden,
Von dem Rasen mir die Ringe.
Drauf nun sagt der Sohn des
Felsens,
Er, der schwed'schen Harfe
Schläger :
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«Ära nuta, neiokene, 45
Ära kaeba, kallikene !
Kül me wargad wälja saame,
Rööwlid üless' leiame.»
Akkas kandlid kölistama,
Kandle keeli käristama, 50
Laulo lugu laskemaie,
Med kohkus kuulemaie,
Laened langus seisemaie,
Pilwed pikkile watama.
Augi tuli alla welta, 55
Paaso tuli peale welta,
Paä must töusis mudasta ;
Toid mo ehted eina maale,
Panid paatrid paole,
Lindid laia liiwa peale, 60
Sormuksed sömera peale.
Kaljo pois mul pakkus kalte :
«Tute, tui, muH' omaseks!
Meil on igapääw püha pää,
Pidud pikkila aasta.» 65
Ei wöi tulla, kaljo poisi,
Ei wöi tulla sinule!
Meil on kodu kosijaida ,
Küllalt naise wottijaida.
Las' lüäb suwi, kül sügise 70
Küla koerad aukumaies,
Kui raudakäppa käiemaies,
«Weine nicht, du werthes Mäd-
chen,
Jammre nicht, du junges Hold-
chen !
Wollen schon die Dieb' entdecken,
Diese Räuber überraschen.»
Hub zu schlagen an die Harfe,
Hiess der Harfe Stränge hallen,
Liess des Liedes Laute klingen.
Stand bestürzt das Meer zu lau-
schen,
Weilten in dem Fall die Wellen,
Sahen sehnend her die Wolken.
Hub der Hecht sich aus dem
Wasser,
Hoch die Schwalbe her vom
Wasser,
Aus dem Schlamm erschien der
Egel;
Trugen meinen Schmuck zur Matte,
Warfen die Pater auf die Weide,
Auf den breiten Sand die Binden,
Auf den Rasen hin die Ringe.
Bot des Felsens Sohn die Hand
mir :
«Werde, Taube, meine Traute!
Immer ist bei uns es Festtag,
Gastgelag das ganze Jahr durch.»
Kann nicht kommen, Sohn des
Felsens,
Kann nicht kommen heim zu dir!
Freier sind für uns zu Hause,
Fraunbegehrer zur Genüge.
Geht der Sommer, gellt im Herbste
Durch das Dorf der Hunde Bellen,
Wann die Eisenhand im Wan-
dern,
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— 45 —
Wiina märsi wedamaies. Wann des Weines Korb gebracht
wird.
Aitüma abi eest, Gott lohn' deine Hülfe dir!
Täno haä lego eest ! 75 Dank für deine Wohlthat dir!
Suuremad sulle ei saa. Grösseres wird dir werden nicht.
Dieses in seinen Ausgängen sehr verschiedenartige Lied
ist auch in Finnland weit verbreitet und in einer andern Fas-
sung bereits in den Ehstn. Volksl. S. 363 u. 367 f. unter D
abgedruckt. Ursprünglich dürft' es sich auf eine Mythe bezo-
gen haben. Dafür scheint hier zu sprechen erstens und zu-
meist die Einführung des Felsensohnes , der kein anderer als
Kalewepoeg sein möchte; s. oben No. 1 ; dann zweitens die
Absicht des Mädchens (Z. 3) im Fischlaich zu wandeln, was
an die Göttin Salme gemahnt (vgl. a. a. O. S. 22 f.) und
endlich drittens vielleicht der Schrecken des Mädchens, als es
sich seines Schmuckes beraubt findet , insofern nehmlich dies
an die Verlegenheit erinnern kann, in welche nach deutschen
Sagen und Mährchen die Schwanjungfraun gerathen , nimmt
man ihnen Gewand und Ring, s. Grimm a. z. O. S. 399 f.
Z. 4 kann «paatrid» entweder einen Rosenkranz, oder
einen Hals - oder Brustschmuck bedeuten , s. Ehstn. Volksl.
S. 78, 202 u. 454. Z. 24 wird «die schwedische Harfe»
wohl die an den westlichen Küsten Ehstlands bekannte schwe-
dische talharpa sein, welche meist mit einem einfachen Bogen
gestrichen wird und aus einem viereckten Kasten mit gerad-
auslaufendem Halse besteht, an dessen Ende die Wirbel vier
Darmsaiten spannen. Die altehstnische Kandel war dagegen
der deutschen Harfe ähnlicher, s. Ehstn. Volksl. S. XIII. Z.
51 ff. deuten auf einen Zaubergesang des Felsensohnes, wie
denn auch der alte Kalewa im Finnischen als Sänger bezeich-
net wird, s. Kanteletar II, 285. Z. 62 ff. vgl. in Hinsicht
auf die Werbung des Felsensohnes und dessen Abweisung
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— 46 —
die ähnlichen Stellen in den Ehstn. Volksl. S. 215 f. und im
Inland 1 853 No. 48 Sp. 886 IT. Beides kommt so häufig in
diesen meist von Frauen gesungenen und gedichteten Liedern
vor, dass es, wofern sonst ein zureichender Grund zum Zwei-
fel vorhanden ist , wohl auch als späterer ungehöriger Zusatz
angesehn werden darf, wie z. B. vielleicht die Abweisung der
Kalewingen in No. 4 oben. Z. 72 ist unter der «Eisen-
hand» der Braulwerber, der mit einem Branntweinkorbe den
Freier bei der Werbung begleitet , s. Ehatn. Volksl. S. 240
u. 260 , zu verstehn. Er fuhrt jenen Namen wahrscheinlich
daher , weil er bei Austheilung der sogenannten Brautgaben
(s. a. a. O.) während der Hochzeit mit einem Degen in der
Hand den Vorstand bildet. Aehnlich wird in der Bretagne der
Brautwerber nach der baguette de genit (Pfriemenkraut) , die
er in der Hand trägt, selber baz-valan, d. i. baguette de genit,
genannt; s. Villemarqui , Barzas - Breiz. Chants popul. de la
Bretagne, II, 191.
7. Wanemuxne't Gesang.
Laub loode lmiletaja, Er, der Liedersang' Ersinner,
Luuletaa, laulo kikkas, Sangersinn er, Liedergockel,
Wanemuine muiste rikas Wanemuine der witzreiche
Istus kiinkal kuurakile, Sass am Berghang hingebogen,
Küurakile kuuse alla, 5 Hingebogen bei der Tanne,
Kuulas kiuro kutsumista, Lauschend auf der Lerche Rufen,
Laulo raasta rääkimista, Auf der Singedrossel Seufzen,
Kägo kulda kukkumista, Auf des Kuckuks goldnes Kucku,
Künnilinno löksatusta, Auf der Nachtigallen Schlagen,
Pesilinno pajatusta, 10 Auf des Nistevogels Flüstern,
7 aus Pleskau, aufg. t. Kr.
3 muUte , sonst vormals, hier aber wohl Stamm des plesk. mnUtma (s.
No. a Z 9),
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47
Haleduse haigamisi,
Misga noore naljatusi,
Kurba meele kurwaslosi
Lugudesse lüganesse,
Laulodesse lepitasse.
Tuwikese tuikamLsta,
Lese linno leina laulo.
Sealta seadis sonasüda,
Sönasiida sölmituie,
Lugusiida lustilisi,
Auf des Täubchens turtelndGirreB,
Auf der Vogelwittwe Weinen.
Danach ordnet' er die Worte,
Er die Worte, wohlgebundne,
Liederklänge, lustdurchglühte,
Der Bekümmernisse Klagen,
Dass er damit Jugendscherzen,
Trauersinnes Traurigkeiten
Seinen Liedern einverleibe,
In Gesängen sie versöhne.
Der ehstnische Name Wanemuine ist bloss eine Entstel-
lung des finnischen Wäinämöinen t hat aber in der Nebenform
Wanamuine klarlich die Bedeutung «der Altübrige» oder,
weil in mutne auch wohl der Begriff von muüte , vormals,
hineinspielen mag, «der Altvormalige», was dem deutschen
«der Altvordere» begegnen würde. Fählmann's Deutung
«der Aelteste der Andern» trifft keinesfalls genau. Nach den
bekannt gewordenen Ueberlieferungen ist Wan emuine den
Ehsten nur als weiser Gott des Gesanges im Gedächtniss ge-
blieben, s. die gedachten Verhandl. Bd. I Heft I, 42 ff. , Bd.
II Heft IV, 72 ff., u. Ehstn. Volksl. S. 180. Ursprunglich
aber war er, wenn auch seine eigentliche Bedeutung selbst im
Finnischen mehr in den Hintergrund tritt, ein Wassergott;
vgl. Das Inland 1852 No. 51 Sp. 947. Dass ein Wassergott
zugleich als Gott des Gesanges verehrt ward , kann nicht be-
fremden; fast alles Heidenthum verleiht den Wassergöttern
die Gabe des Gesanges.
Z. 19 liiganeife? 8 aus Oese!, aufg. r. Agt: hier nach einer Abschrift
A. F. J. Knüpffer's. Z. 1 ort; daneben in der Hand sehr, ein n eingeklam-
mert, wie Z. 8 neben Ug*ja ein 0.
8. Die Halle der Freude.
Oli ma isa alba lapsi,
Olin ema alba lapsi,
War ein verachtetKind des Vaters,
Ein verachtet Kind der Mutter,
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- 48 —
Olin wendadest wäeti,
Sösarde sana alune.
Isa mind sundis soole wia, 5
Erna mind käskis maale matta,
Wennad wee augo sisse,
Sösared lina liguja.
Mina siis hiljo ütteleksi :
Oot, oot, oot, oot, äideke, 10
Oot, oot, oot, oot, taadike,
Läse se ilwesa elada,
Enne-aegone asuda!
Non oli nobe poisike,
Wares oli waga linnoke, 15
Wöttis mind teise tiiwa alla,
Wiis mind ilo külasse,
Wiis mind ilo kuldatuba,
Ilo kuldakamberisse,
Kuldakangasta kuduma,
Höbelöngo löksulama, .
Paberida paukutama,
Siidipaelo seädemaie.
Warjult waatas wana i
20
Warjult waatas wana emada,
25
Warjult waatsid wennad noored,
War der Brüder winzig Wesen,
Schwesterworten unterworfen.
In das Moor hiess mich der Vater,
Mutter in die Erde betten,
Brüder in des Wassers Abgrund,
Schwestern in des Flachses
Weiche.
Ich doch die Späte sprach dagegen :
Wart, wart, wart, wart, Müt-
terlein,
Wart, wart, wart, wart, Vä-
terlein,
Lasse die Scherzhafte leben,
Die zu früh Geborne bleiben!
War die Krau' ein keckes
Knäblein,
War die Kräh' ein frommes
Viiglein,
Nahm mich in den andern Flügel,
Trug mich fort in's Dorf der
Freude,
Mich ins Goldgemach der Freude,
In's Goldkämmerlein der Freude,
Um zu weben Goldgewande,
Um zu glätten Silbergarne,
Um zu pauken auf Papiere,
Um zu ordnen Silberbänder.
Der Altvater sah's vom Si-
chern her,
Die Altmulter sah's vom Si-
chern her,
Junge Bruder sahn's vom Sichern,
Z. 12 iltoeta? daror gestrichen «iHuta», am Rande uMljoke oder Ml jus
— also hiljusen. Könnt' es nicht dennoch mit Uwes, Luchs, zusammenhan-
gen , oder mit dem Ann. ilwehtiä , scherxhaft sich gebehrden ? Z. 13 enne-
aegone, yor der Zeit; was in andern Liedern spätgeboren (oben Z. 9 hUJo?)
:? Z. 14 f. war zuerst geschrieben «poitikenne, linnokenne».
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- 49 —
Warjult waatsid 6ed noored, Junge Schwestern sahn's vom
Sichern,
Warjult waatsid wenna naesed. Bruderfrauen sahn's vom Sichern.
Wet siis joosid isa silmad, Wasser fiel da vom Aug' des
Vaters,
Wet siis joosid ema silmad, 30 Wasser fiel da vom Aug* der
Mutter,
Wet siis joosid wenna silmad, Wasser fiel da vom Aug' des
Bruders,
Wetta wenna naeste silmad, Wasser vom Aug' der Bruderfraun,
Oed öiete hullosid, Rasend waren gar die Schwestern,
Mino ilo nähjesani, Als sie meine Freud' ermassen,
Mino löbo waadates, 35 Meine Wonne sie gewahrten,
Mino siis töö'da tehasane. Als ich meine Arbeit schaffte.
Mina siis hiljo üttelikko : Ich doch die Späte sprach da-
gegen :
Kuulgem,kuulgem,kullawennad! Höret, höret, goldne Brüder!
Ise mind syndisite soole wia, Selber hiesst ihr mich zum
Moore bringen,
Saätsite suurte niite sisse. 40 Nieder in die grosse Niedrung.
Pidid mind sööma suured linnud, Sollten mich fressen grosse Vögel,
Nokkima siis suured kullid. Dann zerhacken grosse Habicht'.
Oleks ma siis kaa ära surnud Auch alsdann war' ich gestorben
Ja sösarad warjult waatnud, Und vom Sichern sahn's die
Schwestern,
Siis oleks maönsast ära surnud, 4 5 Wäre selig alsdann gestorben,
Siis mo haud oleks haljandanud ! Dann mein Grab auch übergrünet !
In einem in mannigfachster Gestalt verbreiteten Liede
pflegt eine Gerettete , seltner ein Geretteter , zu erzählen , wie.
sie als spätgebornes [und darum unwillkommnes] Kind nicht
nur Hohn und Verachtung der Geschwister und Verwand-
ten ertragen müssen t sondern selbst von den Eltern ver-
Z. 33 oed; daneben steht eingeklammert «Med?» Z. 35 lobo ; dazu am
Rande : «angenehmes Wesen, Manier GI[anslröm?J hea meel». Z. 44 waat-
nud; daneben ist eingeklammert «tid».
4
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- 50 —
slossca worden, sich aber dennoch am Leben und mulhig
aufrecht zu erhalten gewusst. Eine obwohl etwas entfernter
stehende Fassung dieses Liedes ist «der Pflegling des Waldes»
in den Ehstn. Volksl. S. 441. Die hier aufgenommene Fas-
sung zeigt die dem Verderben Geweihte zwar auch gerettet,
aber gerettet als seligen Geist (nach Z. 43). Von einer [gott-
gesandten ?] Krähe entrückt , ist sie in die Halle der Freude
[den Aufenthalt der Seligen ?] aufgenommen als Theilnehme-
rin an der Himmelswonne der Frauen, dem kunstvollen We-
ben prachtvoller Goldge wände ; vgl. No. 2 A u. B und No. 5
A. Die Nachgebliebenen haben davon Wissenschaft erhalten ;
ihre Strafe ist ihr Neid. Von dem Dorf und der Goldhalle der
Freude ist sonst nichts bekannt ; doch darf vielleicht , weil
sich das Himmlische im Irdischen spiegelt, an die sogenannten
mängi-toad, d. i. Spielstuben, erinnert werden, deren a. a. O.
S. 362 gedacht ist. Auch ist eine verwandte alterthümliche Vor-
stellung von irdischen Freudenhöhen, Freudenhügeln noch
gegenwärtig lebendig. In Pleskau pflegen sich die Sängerinnen
während der Zeit des Gesanges (a. a. 0. S. 435) an Sonn-
und Festtagen auf besondern Plätzen , meist Hügeln und An-
höhen zu versammeln , welche als wanast aeast püritud kohad>
d. i. aus alter Zeit geerbte Stätten , bezeichnet werden , und
singen hier zuweilen fast vier und zwanzig Stunden, ohne Un-
terbrechung. Im Kirchspiel St. Catharinen in Wierland giebt
es einen Ilo-mägi, Freudenhügel , auf welchem eine dem hei-
ligen Vitus geweihte Capelle steht, zu der einst auch ein Be-
gräbniss gehört haben soll; s. Gressel's Ma-rahtca Kalen-
der 1840 im Anhang. Dieser Heilige aber hatte die Macht,
vom Veitstänze zu heilen , und*soltte demnach nebst dem Be-
gräbniss hier der heidnischen Lust eine Schranke setzen. Auch
das Landgut Iluste-mois t d. i. der Fröhlichen Edelhof, in der
Wiek wird seinen Namen daher leiten. In der Kaiewala (Ges.
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3 Z. 471 f. u. Ges. 41 Z. 5 ff.) setzt sich Wäinamöinen,
Aenn er zu singen beginnt , auf den Freadenstein , die Fliese
des Gesanges , den silbernen , den goldnen Hügel (vgl. auch
die gedachten Verhandl. Bd. II Heft II, 64, u. Grimm a. a.
0. S. 780).
Z. 8 bemerken wir zur «Flachsweiche», dass dazu auch
tiefere Landseen benutzt werden. Z. 22 scheint es nach an-
dern Stellen , dass «die Papiere» in solchem Zusammenhange
nichts anders bezeichnen sollen , als die einzelnen Lagen , in
welche man Tücher und Zeuge zusammen zu legen pflegt.
9. Die Himmehstrasse.
A.
Bruchstück.
Unten sprengt* ich durch
graues Wettter,
Oben sprengt' ich hin übers Was-
ser,
Hinten durch des Himmels Rothe,
Zwischen fünf der Regenbogen,
5 Mitten durch sechs Morgen-
Schimmer,
Unten zersprengt' ich des Grauen
Eisen,
Riss entzwei des Rappen Hufen,
Liess des Braunen Sporen stieben !
Einen einz'gen Bruder hab' ich,
Ich im Silberschmuck die Schwe-
ster,
In dem goldnen Kleid das Hühn-
chen,
Alt mina a asin alli ilma,
Pealt mina a'sin peale ilma,
Tagant taewa punase,
Wahelt wie wikkerkaari,
Kue koilu-keskeella,
Alt mina a'asin alli rauad,
Musta kabjad murrutasin,
Kprwi kannuksed kaulin !
Üksep wennike minüle
Öbepärjaga 6ele,
Kulla kuubega kanale,
9 beide aus den Kirchspielen Marien Magdalenen oder Koddafer im dorpa-
(er Kreise, aufg. t. Kr.
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52
Sinilinti neitisille.
Se od sakste tallitawa,
Isandate öigatawa,
Kuningate kutsutawa.
Isandate ilu temale,
Papi puna palgesse :
Isandad wöidab ilula,
10
Papid moodab punala,
Herrad häile rietile,
Saare saksad raamatile,
Rootsi saksad poogadele !
Waat , kos wennake minule !
15
Se puhub tule meresse,
Löelsub loke laenetesse ,
Teeb toa tuule tiiwale,
Kambri wikkerkaarisse,
Paiskab Paide-linna pilwe, 20
Rakwere rahe rangusse!
Istub ise pääwa peale,
Toetab kukla kuu küiira.
Se teeb tuulesta obuse,
Raijnb kaste-einast kabjad, 25
Piipelehest pistab silmad,
Körkjatest teeb korwakesed.
Kus ta liigutab obesta,
Sinna Unna liigetelle ;
Kus ta keeritab obesta, 30
In dem blauen Band das Mägd-
lein.
Der ist bei den Deutschen
Schaffner,
Bei dem Herrn des Urlheils
Ordner,
Bei den Königen Verkünder.
Der auch hat der Herren Schön-
heit,
In dem Antlitz Priesterröthe :
Er besiegt die Herrn an Schön-
heit,
Ueberragt an Roth die Priester,
An der kostbarnKleidung Herren,
An den Büchern Oeseis Edie,
An den Borten Schwedens Edle !
Hört, welch Brüderchen ich
habe !
Feuer hauchet dem Meer er ein,
Fachet Flammen an in Fluthen,
Stellt auf des Windes Schwing'ein
Stäbchen,
Eine Kammer in Regenbögen,
Wirft in's Gewölk Stadt Weis-
senstein,
Wesenberg in Schlosscnwolken !
Selber sitzt er auf der Sonne,
Stützt das Haupt an Mondes
Höcker.
Bildet der aus Wind ein Rösslein,
Haut von Thaugras aus die Hufen,
Macht aus Maienblumen Augen,
Bildet Oehrchen ihm aus Binsen.
Wo er tummeln lässt sein Röss-
lein,
Dahin tummelt eine Stadt sich ;
Wo er kreisen lässt sein Rösslein,
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Sinna keegitab kiriku ;
Kus ta mängatab obesta,
Sinna mae mangatele !
Söidab Soome silda mööda,
Rootsi rahateeda mööda : 35
Obo alla kui se ahju,
Täkku alla kui se tähte,
Mä'ra alla mängitani ;
Ise peale kui se päawa,
Ehitud ehana rüde, 40
Kübar pääs kiriku kirja,
Lintid peal kui Ria ristid,
Wöö tal mööle Narwa nasCust!
Kus ta läheb, taewas läigib,
Kus ta könnib, taewas köigub,
45
Köik soo sine elula,
Köik arud öits'wa lillela,
Ööpik töukab toomingasta,
Kägu kaugelt kuusikusta !
Wiru neidusid waatasid, 50
Pilosilmil Jarwa piigad,
Arju armsainad kaesid,
IÜane neiud nuttesiwad :
Oleks se meesi minula,
Oleks se meesi meie kaasa, 55
Oleks se peigu meie päralt :
Me seisaks suwe söömata,
B Z. 31 keegitab f Z. 48 töukab
lärmen.
Dahin dreht sich eine Kirche ;
Wo er spielen lässt sein Rösslein,
Dahin spielt es einen Hügel !
Hin die Finnenbrücke fliegt er,
Hin die Pfennigpfade Schwedens :
Unter ihm das Ross ein Ofen,
Unter ihm der Hengst ein Stern-
lein,
Unter, ihm die Stuf im Spiele ;
Selber drauf wie diese Sonne,
Das Gewand zier wie der Abend,
Bunt des Hauptes Hut wie Kir-
chen,
Bänder dran wie Rigas Kreuze,
Gold der Gurt voll Narwas Ne-
steln !
Wo er hintritt, blinkt der Himmel,
Wo er wandelt, wankt der Him-
mel,
Ist das Moor all blau von Leben,
Blühn die Wiesen all voll Blumen,
Fährt die Nacht'gall aus dem
Faulbaum,
Fern vom Tannenforst derKuckukl
Nach ihm schauten Wierlands
Schönen,
Blinzelauges Jerwens Jungfraun,
Lugten Harriens Lieblichste,
Weinten aus der Wiek die Maide :
Wäre dieser Mann der meine,
Wäre dieser Mann vermählt uns,
Dieser BräutVam unser Erbtheil :
Blieben wir Sommers sonder
Nahrung,
? hier wohl im Sinn des Ann. toukata
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— 54 —
Aasta ilma eineta, Auch das Jahr durch ohne Bissen,
Talwe tangu maitsemata, Kosteten kein Körnlein Winters,
Köige kewade keeduseta I 60 All den Frühling kein Gekochtes!
Ma söödaks ta sea lihala, Füttert' ich ihn mit dem Fleisch
vom Schwein,
Kaswataks kana munala , Zog* ihn auf mit dem Ei vom Huhn,
Wöieks wöi wiilakille , Salbt' ihn auch m it Butterbrötchen,
Paneks padjula inagama, Senkt' in Kissen ihn zum Schlafen,
Siidi sangi sirgumaie, 65 Sich auf seidnem Bett zu strecken,
Sammetisse suigumaie ! In den Sammet um zu schlum-
!
Die mythische Vorstellung von Himmelsstrassen , auf de-
nen Götter und Geister hinwandeln , ist anch den Finnen und
Ehsten wohlbekannt. So lässt z. B. Wäinämöinen mittels ei-
nes Zaubergesaoges seinen Bruder Ilmarinen den Pfad der
Winde, den Weg der Lüfte über Mond und unter Sonne längs
des Bären Schultern [den einzelnen Sternen im Bären?] nach
Pohjola dahinfahren, s. Kaiewala Ges. 10 Z. 159 AT. u. Ges.
15 Z. 493 ff. Für das Ehstnische sind zu vergleichen oben
No. 5 B Z. 52 ff. und Ehstn. Volksl. S. 305 u. zumal 268.
Diese letzte Stelle aus einer Freierweise scheint aber, weil
sich im Ehstnischen mit Liebesvorstellungen die Vorstellungen
von einem Eldorado zu vereinigen pflegen , dafür ein Zeug-
niss zu geben, dass auch in dies Eldorado der Weg durch die
Lüfte führte. Also gilt Schillers : nur ein Wunder kann
dich tragen in das schöne Wunderland. Wie aber dieser Weg
zum Eldorado wohl derselbe sein wird mit dem Wege der
Götter, dürfte auch das Eldorado selbst ursprünglich die Hei-
uiath der Götter gewesen sein. Die Milchstrasse heisst im
Ehstnischen Unno teerada , finn. linnunrala, Ii tth. paukszcziu
ktlas, d. i. des Vogels, der Vögel Pfad, nach Grimm a. a. 0.
S. 331 , vielleicht weil Seelen und Geister in Gestalt der Vö-
gel ziehen. (Lässt sich dabei ein Zusammenhang ahnen mit
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— 55 —
den Geburten einer Henne, eines Hahnes aus einem Ei, wel-
che nachmals zu einer Göttin, einem Manne werden? S. Ehstn.
Volks!. S. 10 u. 407). Daselbst weist Grimm aber zugleich
nach, dass himmlische und irdische Strassen wohl auch einen
gleichen Namen fuhren , so dass die Vermuthung nicht allzu
fern liegt, zwischen den ehstniscben Himmelsstrassen und
Pfennig- und Dengenp faden auf der Erde möge ein Zusam-
menhang Statt finden ; vgl. B Z. 35 u. Ehstn. Volksl. S. 210
u. 305.
A Z. 1 lässt «aasm», von ajama antreiben, es unentschie-
den, ob von einer Fahrt (wie in den Ehstn. Volksl. S. 268)
oder von einem Ritte (wie wohl daselbst S. 305) die Rede
ist. Z. 8 ist die Angabe «des braunen Pferdes Sporen ver-
loren gehn lassen» undeutlich, oder verfehlt?
B ist grossentheils nur aus hergebrachten Redeweisen zu-
sammengesetzt, so z. B. a. a. O. S. 162 Z. 24 IT., S. 247 Z.
18 fT., S. 338 Z. 20 ff., wie denn das Lob des Bruders
selbst gleichfalls Dicht selten ist, s. daselbst S. 24 ff. u. 153 ff.
Z. 36 zielt «Ofen» wohl auf den feurigen Muth des geritltenen
Pferdes. Z. 44 ff. stimmen mit der Ansicht griechischen Al-
terthums, dass Stätten, wo Gottbeilen wandeln und rubn, sich
dadurch verschönen.
10. Die Fahrt dei Jünglings.
Kaswatas mind kallis taati, Mich erzog ein milder Vater,
Ehitas mind ella eite, Schmückte schön die holde Mutter,
Silitas mind sösar soowi, Glättete die gute Schwester,
Weeretas mind wendi noori. Wendeten die jungen Brüder.
Panid mind walmis wammuk- Sie. umhüllten mich mit Wämm-
seila, 5 sern,
Kindueile, kübareile, Mit den Handschuhn, mit den
Hüten,
10 aus Oesel, aufg. y. La gut.
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I
— 56 —
Seädis siidi saapaeile.
Lasksid saani saarest teha,
Iga sui kaa sugara,
Igas kuus kaa kodara ; 1 0
Iga pääwa päätsin pulga,
Iga reede Iöin ma risti,
Iga laupää loin kaa laasto,
Igal nädalal siis naela.
Sain siis saani walmiessa, 15
Walmiessa, walgeessa;
Ei ma saanud saani aisu.
Käisin läbi keero niidu,
Laksin läbi laaste niidu,
Tulin ma Taara tammemeisa, 20
Läksin senna sepa juure.
Sep mul walas wasksed aisad,
Tilgutas mul tinalilgad,
Kukutas mul kuldalooka,
Oirutas höbesed ohjad, 25
Walas raudrangid kaela.
Panin siis hobu saani ete :
Tilkus siis mo tinasaani,
Wälkus waskepca hobune,
Kukkus looka kuldakeeli,
30
Stattlich mit den seidnen Stiefeln.
Bauten einen eschnen Schlitten,
Jeden Sommer eine Sohle,
Jeden Monat eine Speiche ;
Jeden Tag spitzt' ich ein Pflöck-
chen,
Jeden Freitag schlug ein Kreuz
ich,
Jeden Samstag einen Span auch,
Jede Woch' ein einen Nagel.
Als den Schlitten ich vollendet,
Ich vollendet, ich geweisset ;
Mangelten des Schlittens Deich'-
seln.
Durch verwühlte Wiesen wallt'
ich,
Durch der Späne Wiesen schritt'
ich,
Kam zu Taara's Eichenhaine,
Schritt daselbst hinein zum
Schmide,
Goss der Schmid mir ehrne Deich-
seln,
Tropfte mir von Zinn die Zwicken,
Liess aus Gold ein Krummholz
klingen ,
Säuberte mir Silberleinen,
Goss dem Hals ein Eisenkummet.
Schirrt' ein Ross ich vor den
Schlitten :
Tropfte da von Zinn mein Schlitten,
Blitzte hin des Rosses Erzhaupt,
Klang das Krummholz goldner
Weise,
23 tilgad? 38 f. Mihike (Sehike) ; ältere Form für das fion. mikä, ebsln.
mis (««, see)J Vgl. Goseken, Manuductio ad Ling. Oesth, S. 10 unten, u.
Ahrens, Gramm, d. Ehstn. Sprache (1853) I, 82
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— 57 —
Saarn aisad Arjo keeli,
Rohelpölled Rootsi keeli.
Kui siis hobu irnutelli,
Kui ta jalga wääratille,
Kölinal köik köigutelle :
Läksin läbi Lindanissa,
Neiud warjult waatanessa :
Mihike on mino mees?
Sehike on mino mees ?
Pea walge, pösed punased,
Sitikmuslad silma kulmud !
Neiud ütlid üttelikko :
Oleks se mees minula,
Siis wöiks seista sö'Ömata,
Talwe tangu maitsmata !
Schlittens Deichseln Harriens
Weise,
Grüne Schürzen Schwedens
Weise.
Als das Ross dann wiehernd
rufte,
Als es seine Füsse vorbog,
35 Alles klingelnd klippt' und
klappte :
Fuhr ich hin durch Lindanissa,
Mägdlein schauten aus dem
Schatten :
Wer doch immer ist mein Mann?
Solcher immer ist mein Mann :
40 Dessen Haupt blond, roth die
Wangen,
Käferschwarz der Augen Brauen!
Sprachen da die Mägdlein spre-
chend,
Wäre dieser Mann der meine,
Könnt' ich dauern ohne Nahrung,
45 Winters ohn' ein Korn zu kosten !
Dieses Lied gehört zu denen, welche die mythischen Vor-
stellungen von einem Wunderlande (Kullamaa, Goldland) zu
ihrem Hintergrunde haben ; vgl. Ehsln. Volksl. S. 346. Zu-
nächst aber sind daselbst S. 229 ff., 231 ff. u. 431 zu ver-
gleichen.
Z. 20 kann «Taara's Eichenhain» für eine alte Erinne-
rung gelten , da sowohl Heinrich der Lette als auch der liber
census Daniae heiliger Haine gedenken. Z. 36 ist «Linda-
nissa» gleichfalls ein alter Name, den uns schon Heinrich in
der Form Lyndamsse überliefert hat. Er aber bezeichnet damit
eine Veste, welche, wie man anzunehmen pflegt, da stand, wo
gegenwärtig Reval liegt , während das Lindanissa unsers Lie-
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— 58
des, darf man auf mährchenhafte Lieder bauen, in anderer
Gegend zu suchen sein wird. Dieses nehmlich ist noch in
zwei andenTvon Lagus aufgenommenen öselischen Liedern
genannt, von denen das eine nur eine kürzere Fassung des
hier mitgeteilten , das andre aber zu No. 70 A u. 83 B in
den Ehstn. Volksl. (S. 231 f. u. 269 f.) gehört. In diesem
nun heisst es, das schöngeschmückte Schiff, welches unter
der Insel Schildau vor Anker Nesse alla ankro peäle») gele-
gen, sei von Stürmen und von Räubern von Rühkesaar her
überfallen worden und daran schliesst sich die Aufforderung :
Söudkem mind nüfid senna maale, Rudert mich nun jenem Land zu,
Kus need kuked kulda joowad ... Wo die Hähne Goldes trinken . . .
Laskem laewa Lalli alla, Lenkt das Schiff hin unter Lalli,
Laagna kaljo warjo alla, In den Schutz von Laagnas Felsen,
Lindanissa ligemale. Näher hin zu Lindanissa ,
Lalli läge liiwa peäle. Auf den ebnen Sand von Lalli.
Von diesen Orten sind uns nur Kesselaid (Schildau) und
auf der gegenüber liegenden Küste der Insel Moon Lalli be-
kannt. Wäre also hier auch Laagnas Fels und Lindanissa zu
suchen , oder wäre etwa Lindanissa nichts als Erklärung von
Lalli? Die bisher versuchten Erklärungen des Namens Linda«
nisse (s. Neus, Revals sämmtl. Namen, S. 37 ff., Das Inland
1851 No. 31 S. 530 u. Ahrens, a. a. 0. I, 167) werden
kaum mehr befriedigen. Es wird , wozu hier nicht der Ort,
jetzt noch zu erwägen sein , dass gerad in Liedern , wie das
unsrige, sehr häutig eldoradische Ortsnamen (vgl. Das Inland
1852 No. 4-8 Sp. 887 ff.) vorkommen, zu denen denn auch
LalH (s. Renvall's Wörterbuch) gehören wird; ferner, dass
die Form Lindanissa, wie Lagus zwar jedesmal schreibt,
dennoch zweifelhaft erscheint, da sein Kesse{laid y Schildau)
wahrscheinlich irrig aufgefasst oder verschrieben ist, indem
es sich, seiner Lage nach zu urtheilen , wohl von kesk, Mitte,
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— 59 —
herleitet; ferner, dass die Letten (fragt sich, ob nicht etwan
auch die Ehsten) in der Gegend von Walk in Livland, wo
einst Heinrich der Lette ansässig, wenn sie efistnisch sprechen,
für /t«, Stadt, sich der Form tinda zu bedienen pflegen; fer-
ner, dass der Uber census den anklingenden Dorfsnamen Lit-
nanas bietet, s. Paucker, d. Güterbesitz in Ehstl. zur Zeit
der Dänen-Herrsch. S. 43 ; endlich, dass die ehstniscbe Sage
vom Kalewepoeg dessen Mutter Linda nennt und Lindanissa
als Linda's Brust deutet, weil es wie die Brust der Mutter
seine Kinder genährt.
//. Alte Feste.
A.
Bruchstück.
(jksi ülemad elawad ,
Sugutaie suureinata,
Üksi üheksa tulewad,
Üksi üheksa Jähewad.
( heksa on armo ööda,
Üheksa paritud pühada :
Üheksam on Ukko püha.
Leikuse laul.
Kül ma leikan, ei ma jöua !
On mo käed kinni pandud?
Jumal, Jumalokene !
Too mulle jöest seda joudo ,
Wee waljalt too wägeda !
Einzeln leben die Oberen,
Sonder eine grössre Sippe,
Einzeln kommen sie, die Neune,
Einzeln gehen sie, die Neune.
5 Neune sind der Gnadenmächte,
Neun ererbte Feiertage,
Ist die neunte Ukko's Feier.
B.
Schnitterlied.
Zwar ich schneide , doch un-
kraftig I
Sind in Haft gesetzt die Hände ?
Herre Gott , o Herre Göttlein !
Führ vom Fluss mir diese Kraft zu,
5 Von dem Wasser führ her Stärke I
H A aus Pleskau , aafg. r. Kr. ; B ans dem Kirehspiel St. Johannis in
Jerwen, aafg. von Ch. J. Glanström, hier nach einer Abschrift A. F. J.
Knöpffers.
B Z. » meint Knüpf f er, es heisae besser: mWea wäljälta toäggedai>>
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60
Param od Jumala jöudo, Höher ist die Kraft des Herren,
Kui on teise naese jöudo. Als die Kraft ist andrer Fraue.
Ilmas mind jöed ei jöuta, Nimmer kräft'gen mich die Flüsse,
Ega hallikad aawita, Noch auch helfen die Quellen mir,
Kui ep mind Jumal ei jöuta, 10 Wenn nicht Gott mich will er-
kräft'gen.
Aita armas Jeesukene. Jesulein, das liebe, helfen.
Laske käia kaksi kätta, Lasset handeln beide Hände,
Kaksi kätta, kümme küünta, Beide Hände, zehen Nägel,
Weerida wüsi sormekesta, Regen sich fünf der Fingerchen,
Et meie otsa jo uime, 15 Dass wir schon zum Ziele
schwimmen,
Et saame saare ninase, Dringen an des Eilands Spitze,
Piima poole peenerasse ! An die Mark zur Milch hinüber!
Otsas ölut punane, An dem Ziel ist rothes Ahle,
Peenerasse piima koogid, Auf der Mark von Milch die Ku-
chen,
Saares on saiad saledad ! 20 Auf dem Eiland schlanke Wecken!
In der Einleitung ist bereits angezogen worden, dass vier
Hauptfeste der heidnischen Ehsten sich nach anderweitigen
Ueberlieferungen noch gegenwärtig erkennen lassen. Hier nun
scheint A als das grössle aller dieser Feste das Ukkofest zu
bezeichnen , welches wahrscheinlich eins und dasselbe ist mit
dein Jöulofest oder dem in Wierland sogenannten Jäo oder
Jon öhtude pidamine von der Dauer von neun Abenden (die
hier erwähnten neun Gnadennächte?) , durch dessen Feier
man das nächste Jahr vor schweren Gewittern zu schätzen
Führe vom Felde Stärke her. Z. 14 ist neben nuxerida» eingeklammert
tceerda. Z. 16 hat daneben eingeklammert : «et meie sarele samt», dass wir
an das Eiland dringen ; wie Z. 17 f. darunter: «pöllo pitka peenderasse» an
die lange Mark (Raiu) des Ackers, und : «ehk on otsas ötle wadid», sind viel-
leicht am Ziel Bierfässer. Diese Zeilen rühren wahrscheinlich aus einer wier-
ländischen Fassung des Liedes her. Z. 20 ist saledad , schlanke , wohl das
fmn. «ölet, Kienholzspleisse, und möchte daher eigentlich auf «Brotschnitte»
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hoffte (s. Das Inland 1837 Nö. 42 Sp. 706). Bezieht sich die
Zahl neun etwa vornehmlich auf den Donnergott? Ein von
R. Hollmann (s. die gedachten Verhandl. Bd. I Heft II, 37)
aufgenommener Zaubersegen lautet:
Püha Pikse nimi saago nimc- Des heiligen Pik ne Name werde
tetu se hädalise inimese ihho- genannt bei dieses elenden
were mannu. Menschen Leibesblute.'
Anna püha kolme ütesama taiwa Des geliebten heiligen dreimal
wana esa nimi saago etc. neunten Himmelsaltvaters Na-
me werde etc.
Oh püha kolme ütesama Pikse 0 des heiligen dreimal neunten
arma Jumala nimi saago etc. Pikne geliebter Gottheit Na-
me werde etc.
Püha kolme ütesama täno Jumala Des heiligen dreimal neunten
terwis olgo seile inimesele. Dankgottes Gesundheit werde
diesem Menschen.
Kolme püha püha ütesama anno Des dreimal heiligen heiligen
önne Jumala öigus olgo etc. Gnadenglücksgottes Gerechtig-
keit werde etc.
Ist der Ausdruck ader dreimal neunte» nur als eine Ver-
stärkung zu fassen , so wäre Ukko hier als der neunte be-
zeichnet. Am Jöulofeste , das zugleich ein Todtenfest , musste
aber die grösste Ruhe und Stille beobachtet werden t während
im Gegensatze dazu das Sommerfest um Johannis seine Freude
laut äusserte. Die Sprache aber bezeichnet die Begriffe Schön-
heit, Freude und Gesang mit demselben Wort i/o; s. Ehstn.
Volksl. S. 454 unter No. 25. Sollte daher das Sommerfest
nicht eher dem Wanemuine, dem weisen Gölte des Gesan-
ges gewidmet gewesen sein , als dem Donnergotte, falls die-
sem daneben ein Opfer gebracht werden mochte? Lagus hat
nach felliner Angaben aufgezeichnet :
— 62 —
«Jaani paäw oli dks Ho ja Johannistag*) war Allen eiD
onne pääw köigile ja kaa targa Tag der Freude und des Glücks
Jaaniie mälestuseks seatut paäw. und auch ein zum Gedächtniss
Sei pääwal pidid köik walgustud des weisen Jobannes angeordne-
saama , nü hästi elajad kui int- ter Tag. An diesem Tage musste
mesed. Ja üks suur tuli pidi saa- alles erleuchtet, werden, sowohl
ma ülestehtud , et terwe aasta Thiere als Menschen. Und es
läbi nii puhas kui höbe ja taewa musste ein grosses Feuer ange-
tahed , ja wöi nü kollane kui macht werden , damit das ganze
päawjatuluke jakuldpidiolema.» Jahr hindurch die Milch so rein
wie Silber und des Himmels Sterne,
und die Butter so gelb wie die
Sonne und das Feuer und das
Gold sein mochte.
Ist der weise Johannes an die Stelle des weisen Wa-
nemuine gesetzt? aber auch Taara wird weise genannt. Die
Mädchen in Finnland schauen am Vorabend des Johannista-
ges in ein fliessendes Wasser, um ihrer künftigen Freier an-
sichtig zu werden (s. Suomi, argäng. 1832, S. 135 f.), was
auf Wäinämöinen als Wassergott weisen kann. Von den all-
gemeinen Festen müssten aber noch die Feste Einzelner un-
terschieden werden.
A (Bruchstück oder Gedenkreim?) Z. 1 lässt die obern
Götter «einzeln» leben; wer aber namentlich diese neun
Obern seien, ist schwierig zu bestimmen. Indess ist schon die
Unterscheidung selbst zwischen obern und untern Göttern
nicht unwichtig. Z. 3 f. stimmen zu der Stelle , Kaiewala
Ges. 1 Z. 105 f.: einzeln nahen uns die Nächte, einzeln
leuchten uns die Tage.
B ist in seinem Schlüsse leicht gedeutet. Die angeführten
Nahrungsmittel weisen sicher auf das Erntefest (talkus, s.
*) In der Nacht Tor Johannis sammeln die Weisen (targad)
Zauberkräuter (a. Das Inland 1837 No. 41 Sp. 687 ff.).
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I
— 63 —
Petri, EhstL u. d. Ehsten II, 216 ff.). Indess bringen einige
Stellen in deutschen Weisthüraem , wie z. B. «kommt der
Pfluger an ein Ende der Furche, soll er da finden einen Topf
mit Honig, und am andern Ende einen Topf Milch, so er
schwach würde sich daran zu erlaben», nach Grimm a. a.
S. 1 1 87 f. auf die Vermuthung , ob nicht auch hier im Ehst-
nischen alte Opfergaben bei der Ernte gemeint sein könnten.
Z. 4 f. soll «Kraft vom Wasser her herbeigeführt werden»,
was wohl auf die dem Wasser zugetraute Heilkraft anspielt.
Z. 16 ist unter «Eiland» eine Anhöhe in sumpfiger Niederung
verstanden, was an finnischen und altdeutschen Sprachge-
brauch gemahnt.
12. Kinderlied.
A.
Kuh* meie lähme kolmekeste, Wohin wandeln wir selbdritte,
Üle wälja wiekeste? Ueber's Feld wohin selbfunfte?
Lahme tammele törole, Gehn zum Eichbaum Eicheln sam-
meln,
Alla päawa pähkelaile. An der Sonne Haselnüsse,
Mis meil seält aga annetakse? 5 Was denn wird uns dort gewäh-
ret?
Kuus kuldawoökesta, Sechs der Gurtelchen , der gold-
nen,
Sada saksa nastokesta, Hundert Spängelchen der Herren.
Kuho mei' need kullad paneme? Wohin legen wir die goldnen?
Kübme kübara peäle, Auf den Hut des Höckerigen,
12 A vermuthllcb aas dem Kirchspiel St. Simonis, aufg. H. W. Co.
Pa ucker: B wahrscheinlich aas der Gegend ton Peroaa, aufg. t. J. H. Ro-
senplänter ; C aus der Gegend too Leal in der Wiek, aufg. r. einem Un-
Ä Z. 3 ist « törole» aus einer andern Fassung dieses Liedes, die torule bie-
tet, aufgenommen; Paucker hat «turrole » com Markte. Z. 9 vernmlhet
A. Knüpf fer küüle, Schwager, für «aüAme».
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64 —
Wäimeh' wärawa peäle, 10
Äia sängi jääre peäle,
Ämma padja püüri peäle.
Suttikse padi pölema.
Kes on kerme kustutesse ?
Kalewine poisikene,
15
Kalewine kannusjalga,
Se toob wetta toowerila,
Kannab waskckatclila
Wikkerkaari kaasasana.
Wikkerkaaris wce pisarad, 20
Wikkerkaaris wee pisarad,
Wee pisaras on ani punane,
Anel on saba sinine,
Saba sees on saksa sängi.
Seal on nelja nritsikesta : 25
Üks, se koob need kulla wööd,
Teine loob loogilista,
Kolmas kassi käpalista,
Neljas nutab noorta meesta.
Auf das Thor des Schwiegersoh-
nes,
Auf des Bettes Bord des Schwä-
hers,
Auf das Ueberpiuhl der Schwieger.
Feuer fing der Pfühl und
brannte
Wer ist da behend beim Löschen?
Kalewinge löscht, das Knäb-
chen,
Kalewing der Sporenfussler
Führt heran in Zobern Wasser.
Trägt's heran in ehrnen Kesseln
Rasch zusammt dem Regenbogen.
In dem Regenbogen Tropfen,
In dem Regenbogen Tropfen,
In dem Tropfen eine Rothgans,
Rothgans hat 'ne blaue Sterze,
In der Sterz' ein Herrenbette.
Darin sind der Dirnchen viere :
Eins, das wirket goldne Gürtel,
Stickt das andre schlängelstreifge,
Drein das dritte Katzenkläuchen,
Jammert das viert' um seinen
Jüngling.
B.
Hiljo ma käisin hiljo teeda,
Salaja mööda saluda.
Ei mind kuulnud Je kuked,
Ei mind kuulnud Je koerad ;
Kuulsid Je noored poisid.
Naad tulid wälja waatama,
Kesse könnib nömme teeda.
Mina könnin nomme teeda,
Stille schlich den stillen Pfad
ich,
Gar geheim entlang die Haine.
Hienlands Hähne hörten's nicht,
Hienlands Hunde hörten's nicht ;
Hienlands junge Knaben hörten's.
Traten sie heraus zu sehen,
Wer den Pfad der Waldung walle.
Hin den Pfad der Waldung
, wall' ich,
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65
Waskekatel kainelusse, In dem Arm den ehrnen Kessel,
Höbekangas katelasse, 1 0 Silberwadmal in dem Kessd ,
Tinasölg oli kanga peal. Eine Zinnspang' auf dem Wadmal.
Tina hakkas pölema, Da begann das Zinn zu brennen^
Hobe hakkas öhkumaie. Auch das Silber aufzuglimmen.
Kelle ma kutsin kustutama ? Wen rief ich heran zum Löschen?
Kalewise poisikese. 15 Kalewingen,ihn,dasKuäbchen.
Ta oli kärmas kustutama, Gar behend war er zum Löschen,
Ta toi pilwed tulese. Führte Wolken her ins Feuer.
Pilwes olid wee pisarad, In der Wolke waren Tropfen,
Pisaras oli purjoke, In dem Tropfen ein Segelchen,
Purjas oli hani punane, 20 In dem Segel eine Rothgans,
Hanel oli saba sinine, Rothgans hat 'ne blaue Sterze,
Saksa woodi saba peal. Auf der Sterz* ein Herrenbette.
Kesse oK woodi sees? Wer denn war im Bette drinne?
Se oli Kuura kuninga poega, Das war Kurlands Königserbe,
Soome suure saksa tütar, 25 Finnlands hohe Herren tochter,
Need olid saksa woodi sees. Diese waren im Herrenbett.
C.
Kus meije seile toa teeme ? Wo denn hin die Stube stellen ?
Tua teeme tuule peäle. Stube stellen auf den Sturm wir.
Kus meije seile sauna teeme? Wo denn hin dieses Badehaus?
Sauna saare oksa peäle. Badehaus auf den Ast der Esche.
Kus meije seile maja teeme? 5 Wo denn hin dies Bauwerk stel-
len?
Maja marja lehe peäle. Bauwerk auf das Blatt der Beere.
Kus meije seile koa teeme ? Wo denn hin den Kathen stellen?
Koa kobro lehe peäle. Hin den Kathen aufs Klettenblatt.
Kus meije seile talli teeme? Wo denn hin die Stallung stellen?
Talli teeme taewa alla, 1 0 Stallung stellen wir unter*n Him-
mel,
Talli sisse lateride, In die Stallung dann Stallbäume,
Latterisse laugo täkko, An den Stallbaum derBlässe Ross,
Laugo täkole sadulad, Auf der Blässe Ross den Sattel ,
Sadulale saksa poisi, Auf den Sattel den Herrenknaben,
Saksa poisile kübarad, 15 Auf den Herrenknaben ein Hüt-
chen,
5
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- 66 -
Kübarale kulfanuppa, Auf das Hütchen einen <5oldknopf,
Kuldanuppa, öbenuppa. Einen Goldknopf, einen Silber-
knopf.
y Kuld akkas jo pölema , Da begann das Gold zu brennen,
Obe akkas öhkama. Auch das Silber aufzuglimmen.
Kes oli karmed kustutama ? 20 Wer da war behend zu loschen?
Üks punase peäga talo pois Mit rothem Kopf ein Bauerknab'
Ja musta peäga saksa pois, Und schwarzem Kopf ein Herren-
knab*,
Need olid karmed kustotama. Diese waren behend zu löschen.
Ueber den Zusammenhang dieses Liedes mit ähnlichen
und verwandten im Allgemeinen vgl. Ehstn. Volksl. S. 402
ff. Insbesondere ist aber hier anzumerken , dass ein Theil zu-
mal der Fassung A unsers Liedes nicht nur in Gang und Form
mit einem finnischen Sturmzauberspruche, den Lönnrot,
Kantele IV, 25 ff., in zwei Fassungen unter der Ueberschrift
myrskyn sanat mitgetheilt, auffallig stimmt, sondern es aus
demselben auch einige Zeilen mit leiser Aenderung aufgenom-
men hat. Ob wohl ein anderer Theil aus einem Zauberspru-
che zur Löschung des Feuers , die Z. 6 f. empfangenen Ge-
schenke aber von den Göttinnen der vorher erwähnten Bäume
herrühren möchten ? Zum Schluss vgl. Kanteletar III , 99 ff.
No. 20 und , falls auf diese Weise eine verwegene Vermu-
thung angedeutet werden darf, oben No. 5 A.
B stimmt in seinem Eingange zum Eingange eines ehst-
nischen Liedes, welches in Schlegel's Reisen in mehrere
Russ. Gouvernements V, 129 f. und im Inland 1852 No.
48 Sp. 886 f. u. No. 49 Sp. 904 sich findet. Z. 3 ist unter
«Hienland» die Insel Dagen verstanden. Z. 10 scheint «Jlo-
bekangas , Silberwadmal» ein Gewebe anzudeuten , welches
dem in den Livengrabern vorgefundenen mit Bronzedraht
durchwirkten groben Wollentuche (s. Kruse, Necrolivonica,
Beilage C. S. 16 u. Taf. 21) ähnlich wäre.
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II* Zauberspruche.
13. Um sonad.
Mida karwa, Leenakene?
Kuule, armas Leenakene,
Suure soo sakselane,
Kulo kuldane emanda,
Ehk oskan so ära arwata.
Sarapuu karwa, sinikarwa,
Sisaliko silma karwa,
Oido karwa, orase karwa,
Mae karwa, manni karwa?
Wöta walo wähendada,
Paisetusta painutada !
Musta mado , mua karwa,
Kolja karwa töugo tigo,
Kas arwid puissa ammustaie,
Pao koorta puretaie, 15
Kui sa inemest ihkasid,
Nörka looma nöelasid ?
Tule wiga wihtlemaie,
Schlangenbeschw&mng.
A.
10
Welcher Farbe bist du, Lene,
Höre, holde Lene, höre,
Herrin du des weiten Moores,
GoldneFrau im Gras, dem welken,
Könnt' ich etwa dich erkunden?
Haselbaumfarben, blauer Farbe,
Eidechsenaugenfarben ,
Tömpelfarben , grasesfarben,
Hügelfarben, föhrentarben ?
Lasse dudenSchmerz sich lindern,
Die Geschwulst zusammen schwin-
den!
Schwarze Schlange, du
schlammfarbne,
Leichenfarbne Holzwurmmade,
Dachtest du in Holz zu behren,
Weidenborke zu zerbeissen,
Da des Menschen 4u begehrtest,
Du ein schwach Geschöpfe stachst?
Komm zu baden das Gebresten,
HA Termuthlich aus dem Kirchsp. Koddafer im dorpater Kreise, aufg.
t. J. W. R. Ererth; B aas dem Kirchsp. SU Petri in J er wen, C aus Wier-
land, Du. E aus de« Dorfe Katscbina in Pleskan, $anmitlich aufg. r. Kr.
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— 68
Aawa raigo rawitsema,
Puretamist parandama ! 20
Külap tunned amba armi,
Igemete ila paika,
Keele nälpamise kohta.
Kfil ma tunnen sino tou,
Synnituse suguje, 25
Korjamise kodanesi.
Sul on sugu sonnikusta,
Kärnaskonna kohusta,
Kolga konna kudusta,
Hukka läinud udusta, 30
Karja jälgi kastesta.
Isand öbkas öhkudani,
i
Mar ja inge maole;
Sest sai tigo tiha silma,
Wagla silma waarikusta. 35
Keele ostsid oda otsast,
Ambad tapperi terasta.
Kuub sul kuke puu karwane,
Pää pao puu saraane.
Sömerkarwa, sawi karwa, 40
Kanarpiku kulo karwa,
Oleksid ehk ilma karwa,
Taewa, pilwe, tähe karwa:
Siiski türmen sino töu.
Wohl des Wundenmaals zu war-
ten,
Das Gebissene zu bessern !
Kennst ja wohl des Zahnes Zei-
chen,
Deines Gaumengeifers Stätte,
Deines Zungelieckens Lager.
Sattsam kenn' ich deine Sipp-
schaft,
Das Geschlechte deiner Zeugung,
Die Gemächer deiner Buhlschaft.
Dein Geschlecht stammt aus dem
Dunge,
Aus der Raudenkrote Schaume,
Aus der Angerkröte Laich,
Aus zu Grund gegangnem Nebel,
Aus dem Thau der Herdenstapfen.
Seinen Hauch hauchte der Herr
ein,
Seel' ein dem Gewürm Maria;
Drum hat die Mad' ein Meisen-
auge,
Wurmesaug' aus dem Geholze.
Zung* entnahmst du des Speeres
Spitze,
Dein Gebiss des Beiles Schärfe.
Deine Hüll* ist hundsbeerfarbig,
Doch das Haupt gleichwie die
Weide.
Kieselfarbne , lettenfarbne,
Haidekrautesfäulnissfarbne,
Wärst etwa du weltenfarben,
Himmel-, wölken-, Sternenfarben :
Dennoch kenn' ich deine Sipp-
schaft.
iZ.2« Borjamise? Korjatnd top*, Bastard ; kodamti?
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Sina mino wäest ei pease 1 45 Meiner Macht entrinnst da nim-
Ole laial kiwi al,
Keerus puu känno al,
Käheras ehk loogetille,
MoÖda mätaid mangimaies,
Konni pöllu peenderihal, 50
Pöesa pakso metsa wahel :
Sulane, ma isanda !
Leian sino ligimaielt,
Karistan sind kauguselt.
Tollaholla, piila willa ! 55
Nfiüd sa olid walo saaaud :
Suusta sile, päästa willa,
Löua lnuda willasista,
Willasist wiis ammasta,
Willasista, wöimata !
Mado musta, moa alune,
Kirew sa kiwi tamine,
Mae karwa, männi karwa,
Soo karwa, kanneli karwa,
Paeo alla ma paneksin !
Kül ma lunnen sino „
Tautan sino töugogi.
Sündind sita unnikusta,
Kooloud konna kudusta,
!
Sei gestrecket unterm Stein,
Aufgerollet unterm Baumsturz,
Sei gekraust, sei bogenförmig,
Oder spiel' auf Rasenhümpeln,
Lauf die Rain' entlang des Ackers,
Zwischen dichten Dickichts Wal-
dung :
Bist der Knecht, ich bin der Herr !
Auf dich find' ich in der Nähe,
Scheuche fort dich aus der Ferne.
Tollaholla, streue Wolle!
Jetzo hast du Pein empfunden :
Mild von Mund, das Haupt von
Wolle,
Wollen deines Kiefers Knochen,
Wollen die fünf Zähne dein,
60 Wollen sind sie, sonder Kraft!
B.
Schwarze Schlange unterm
Schlamme,
Bunte du hinter dem Gestein,
Hügelfarbne, föhrenfarbne,
Moorfarbne, harfenfarbne,
5 Unter die Weide verwünscht' ich
dich!
Sattsam kenn' ich dein Geschlechte,
Dräue deiner Sippschaft auch.
Du, entstammt des Dunges Hau-
fen,
Aus gestorbner Kröte Laich,
Z. 54 Karistan? karistama, züchtigen, bestrafen: flno. kartMtaa, Gekna-
ster erregen , fällen, verjagen. BZ. 1 moa T Es könnte «ach für mao, Erde,
Stenn, aas Viele moa aussprechen. Vgl. No. 14 Ä Z. 1.
— ™ —
Willa so suusse , wflla so pähe,
10
Willa karw so keeteke,
Willa sino köbara,
Wülast wöetut üleültsa !
Tagane, waenlane ja wastone!
Isa meie ete.
Mado masta, mätta ahme,
Kirew kiwi tagune,
Pöesa alta peiloke,
Maa karwa, mauni karwa,
Soo karwa, sao karwa,
Paeo alla ma paneksin ,
Woll' in 4en »fand Är, Woll' aofs
Haupt dir,
Wollenhaar das Zünglein dir,
Wolle werde dir dein Hnt,
Wolle ganz und gar du selber!
Fliehe Ton hinnen , du Feind
und Gegner!
Vater unser etc.
C.
Schwarze Schlange unterm
Humpel,
Bunte hinter dem Gestein,
Unter dem Gesträuche Fräulein,
Hügelfarbne, fohrenfarbne,
5 Moorfarbne, regenfarbne,
Linter die Weide Yerwunseht* ich
dich,
Bannt* entfremdend ins Gebüsch
dich 1
Zur Geniige kenn' ich dich,
Zur Genüge dein Geschlecht,
1 0 Das entstammt des Dunges Orte,
Aus dem Laich der Kröt' in
Fürthen.
Woll' im Munde, Woll' aufs Haupt
dir,
Wolle sei der Zahn, der seltne,
Wie ein Wollenhaar das Zünglein,
1 5 Wolleohaar' im scheelen Auge 1
Trage fort den Schmerz zum
Forste ,
Lange Pein zur Eberesche,
Seuchenleid zum Eisbeerbaume,
Das Verderben zum Wachholder!
Wösandikko wöerutaksin !
Külap tunnen sinuda,
Külap sino suguda,
Sündiod sita s<)nnikusta,
Koolme konna kudusta.
Willa suussa, willa pähä,
Willa hamba arwuke,
Willa karwa keelekene,
Willa karwad wilto silmal!
Wii sa walu waarikus.se ,
Pikka püna pihlakasse,
Tobe wiga toomingasse,
Kahjolista kadakasse.
C Z, 11 Koolme; die Uandschr. zeigt das Wort kolme übergeschrieben.
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— 7t -
D.
Kust sind wiidud, knst sind
saad'tud,
Kust sind kurja korjatie,
Salalikko soietie?
Pergelist toodud, Juudast
saadud,
Kurjast waimust walatud, 5
Ratta roopast rajatud,
Konna koopast korjatud.
Saare karwa, sawi karwa,
Musta karwa , tungla karwa,
Karo kella, kaarna karwa, 10
Sööja karwa am in aste ahme,
Igi karwa igeme ila,
Waino kaija karwa, walge karwa,
Sarapuu kirju, kimmeli karwa,
Kül ma sino sündimist tean, 1 5
Tünnen töesle sino sugu !
Wannen gebracht du, wannen
gesandt du,
Wannen, Böse, du erbuhlt wardst,
Wo du, Heimliche, wardst er-
zeugt ?
Pergel brachte, Juudas sandte,
Goss ein Geist, ein böser, dich,
In des Rades Spur dich stiftend,
In der Kröte Klüften buhlend.
Eschenfarbne, lettenfarbne,
Schwarzfarbne, holzbrandfarbne,
Bärenklauen-, rabenfarbne,
Krebsfrassfarben unter den Zäh-
nen du,
Schweissfarben des Gaumens
Geifer,
Heerwurmfarbne, heller Farbe,
Haselbaumbunte, scheckenfarbne,
Sattsam weiss ich deine Herkunft,
Kenne dein Geschlecht gewiss-
lich!
liro, iiro, aaro, aaro,
liro, aaro itokesta,
Aaro, aaro, ära ammusta,
Ära mind saloli salwa,
Nägemata ära näpista,
Kogemata ei küünista !
Need kirju kirepuu kirjad,
E.
Wende, wende, weiche, weiche,
Wende, weiche leiser Weise,
Weiche, weiche, beisse nim-
merdar,
Stich mich nimmer im Geheimen,
5 Nicht versehr mich ungesehen,
Ritze mich nicht nngeahnet !
Kennst des bunten Holdere Zei-
chen,
E Z. 7 Need? SoUte es etwa Air *ääd y sietut du, »tehu?
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— 72 —
Kurjad kukse puu kirjad,
Tumedad toominga kirjad !
Mesilane, peene lindo, 10
Too mulle toominga loores !
Mina löön ussi uule peale,
Mao maksa knrwa peale,
Moa karwa musta karwa,
Roho karwa, rooste karwa. 15
Sinikirjad sul sisen od,
SaJa kirjad selja peal.
Mesilane, meele möistja,
Too salwi sada kohast,
Tuhat kohtest kustutusi, 20
Üle mere üheksama rohtu !
Der Hundsbeere herbe Zeichen,
Der Eisbeere dunkle Zeichen!
Honigbiene, feiner Vogel,
Bring mir einen Eisbeerbaum
grün !
Auf den Mund schlag ich die
Schlange,
Das Gewürm auf die Leberfarbe,
Die Schlammfarbe , schwane
Farbe,
Gräserfarbe, Erzrostfarbe.
Binnen hast du blaue Zeichen,
Auf dem Rücken geheime Zei-
chen.
Honigbiene, du bedächt'ge,
Bring von hundert Orten Salbe,
Linderung von tausend Orten,
Ueber's Meer das Kräutlein Neun-
mannskraft!
Diese unter sich und mit finnischen Runen verwandten
Sprüche (s. Ehstn. Volks). S. 67) zur Beschwörung der Schlange
dienen zugleich zur Heilung des Schlangenbisses. Wie im
Finnischen die Heilung vieler Krankheiten erfolgt, wenn man
diese , die als grimmige Thiere und Ungeheuer gedacht wer-
den, an ihren Geburtsort Kipumäki, den Schmerzensberg, zu-
rOckbannt (s. Kaiewala Ges. 9 Z. 523 ff.) , bewirkt auch im
Ehstnischen die Bannung, die Bestrafung der Schlange Hei-
lung. Auch im skandinavischen Havamal heisst es : das bissige
Thier heilt seines Bisses Schaden, was Schräder a. a. O. S.
320 verengend und frei verdeutscht: den Hundsbiss heilt
Hundshaar. Die Schlange ist die leibhafte Erscheinung eines
bösen oder erzürnten Geistes, wie sich aus ehstnischer Ueber-
lieferung klärlich ergiebt, s. unten No. 14. Zu dieser stimmt
die Stelle Kaiewala Ges. 26 Z. 759: mato musta maan-ahxi-
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neu, d. i. schwarze Schlange, Unterird'sche, so wie dass keijo,
Mane, Elfe, Unterirdischer, fig. Schlange bedeutet. Auch in
der altskandinavischen Mythe, so verschieden sie anderweit
sein möge, erscheint eine ähnliche Ansicht Die Zwerge sind
in Hymir's Fleisch zuerst als Maden (ahd. modo, goth. matha,
vermis, ehstn. mado, Schlange) entstanden, welche dann nach
dem Besohl uss der Götter Verstand und Gestalt der Menschen
erhielten, aber in der Erde und in Steinen wohnen blieben (s.
Grimm a. a. 0. S. 527). Selbst in der deutschen Sage ist die
Erinnerung daran nicht gänzlich geschwunden : der Hausgeist
Hinzelmann erscheint einmal in Gestalt einer Schlange (s. der
Brüder Grimm deutsche Sagen I, 111). In einer russischen
Schlangenbeschwörung, bei Sacharow a. a. O. I, 62 No. 10,
wird die Gewitterwolke zur Bestrafung der Schlange angeru-
fen, so wie nach ehstnischem Glauben das Gewitter die bösen
Geister verfolgt. Nach G. Russwurm ruft man auf Nuckö,
wird man einer Schlange ansichtig, derselben zu: peioke,
peioke , pruudike tuleb , d. i. Bräutigämchen , Bräuligämchen,
das Bräutchen kommt ; hilft das nicht , so ist sie eine weibli-
Schlange und man spricht: pruudike, pruudike, peioke tuleb,
d. i. Bräutchen, Bräutchen, das Bräuligämchen kommt, wor-
auf sie sicher liegen bleibt und sich nicht zu entfernen wagt.
Nach demselben muss die Schlange aus ihrem Loche hervor-
kriechen , setzt man davor ein Kreuz von Erlenholz. Endlich
kennen die Ehsten auch die Sage vom Schlangenkönig (s. un-
ten No. 1 4) und es ist daher nicht zu verwundern , dass sie
einst Hausschlangen verehrend hegten, wie ja schon die Grie-
chen "Ex^va für eine Göttin hielten.
A Z. 1 fragt sich, ob die Schlange etwa wegen ihrer
gleissenden Schönheit den Namen Lene erhalten habe? Z.
28 f. erinnert die «Kröte» an den Glauben der Schweden auf
Wormsö und Nuckö, welchen die Kröten nach C. Russ-
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— 74 —
wurm fiir Unterirdische gelten. Z. 32 f. werden der Herr
und Maria als Schöpfer der Schlange angegeben, gegen die
alte Ansicht, dass sie eine böse Geburt sei (s. D Z. 4 f.) Z.
34 ist «Aleisenauge» soviel als böses Auge. Die Meise (Sylvia
troglodües), die dem Ehsten, wenn sie den Häusern naht, Frost
verkündet, wird in den Volksliedern häufig tige, boshaft, sonst
nach Hupel auch tigahne genannt und nun sagt man selbst in
gewöhnlicher Rede für tige süm y boshaftes Auge, nicht selten
tiha «7m, Meisenauge. Z. 55 ist «Tollaholla» wahrschein-*
lieh Name eines dem Zauberer dienstbaren Geistes, wie unten
in No. 16 B Orraporra der Name eines Drachen. Aehnlich
gebildete Wörter kommen auch anderweit in Zauberformeln
vor , z. B. in einem lateinischen Spruche gegen Verrenkung
(s. Cato, de re rusL c. 160) isla pista »isla.
B schhesst mit einem Vaterunser, wie auch anderweit
Beschwörungen mit Gebeten geschlossen werden, z. B. im
Deutschen.
C Z. 16 ff. lassen den Schmerz auf Bäume (sonst auch
auf andere Gegenstände) übertragen werden. In einer polni-
schen Beschwörung wird die Schlange geheissen das Gift über
Felder, Wiesen, Brüche, wo es nicht schaden könne, fortzutra-
gen (s. Tettau und Temme, die Volkssagen Oslpreussens,
Litlh. u. Westpr. S. 272). Diese Vorstellung ist alt und weit-
verbreitet (s. Sacbarow a. a. O. I, 65 f. u. Grimm a. a. O.
S. 1 120 , 1 122 f. , 1 135). Toommkas ist der Eisbeerbaum,
Prunus padus , livl. Faulbaum.
DZ. 4 sind «Pergel» und «Juudas» Namen böser Gei-
sler, gegenwärtig des Teufels. Ueber Juudas vgl. Das Inland
1849 No. 36 ff. Sp. 612 ff.; über den «Heerwurm» Z. 13
unten No. 22.
E lässt nun Z. 7 ff. auch etwas von dem Verfahren bei
Anwendung der Zaubersprüche erkennen. Kirjad ist mit «Zei-
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eben» übersetzt, aber das Wort bedeutet auch «Schrift» und
es fragt sich, ob hier nicht etwan alte Runen, Zauberbuchsta-
ben gemeint sind. Im skandinavischen Sigurdrifumal heissl es:
Zweigrunen sollst du kennen, wo du willst Arzt sein und ver-
stehen Wunden zu schauen (heilen) , auf die Borke soll man
sie schneiden (s. der Brüder Grimm Lieder der alten Edda
I, 215 f.). Dann schiene auch Göseken's «quälen kiriazeina»
sich zu erklären , was er wohl irrig als «neutr. » bezeichnet,
so wie sein «Schlange kuckne» den Namen «kukse puu» als
Schlangenbaum erklärt. Z. 1 6 f. fragt sich , ob die blauen
und geheimen Zeichen , welche die Schlange an und in sich
trägt, etwa von dem Schlage mit der Zauberruthe Z. 12 f.
herrühren. Z. 1 8 ff. zeigen die Biene in derselben Verrich-
tung, wie sie im Finnischen öfter erscheint , s. Kaiewala Ges.
15 Z. 393 ff. Ueber die «Neunmannskraft» vgl. unten No.
25 A. Petri (a. a. O. II, 264) führt als ehstnisches Heilmit-
tel gegen den Schlangenbiss auch einen getrockneten Hecht-
zahn an ; sonst wendet der Zauberer auch nebenbei seinen
Speichel an. Eines angelsächsischen Spruches gegen Nattern-
biss gedenkt Grimm a. a. 0. S. 1186 beiläuGg.
— 75 —
/4. Maa aluste teasto. Wider
Oh sa madu, maa ahme,
Maa kooki, maa mooki,
Üheksa sülda alla maa,
Kaheksa küünart kaljussa !
Abi krel, abi meel,
Abi, armas Jumal!
die Unterirdischen.
0 da Schlange, Unterirdsche,
Erdkuchen, Erdbrötchen,
Unter die Erd' hinab neun Klaf-
tern,
In den Fels hinein acht Ellen!
5 Hülfe, Kehl', Hülfe, Seel',
Hülfe, lieber Herr Gott!
Ä aus dem Dorfe Katschina in Pleskau, aufg. v. Kr. — B ans dem Nach-
lasse F. Heller'», Predigers im Kirchspiele Rapin im dorpaler Kreise.
A Z. 2 mooki? Z. 7 f. aita rtnd, Taaraie tetteistand?
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76
Abi, abi aita sind,
Taaraie terwistand
Erna ihust ja elo otsani !
Höbe öela ölma peale,
Höbe walge waenlasele !
Hülfe, Hülfe helfe dir,
Den gesund Taara geschaffen
Von der Mutter Leib bis zum
Lebensend'!
1 0 Silber auf des Argen Zipfel,
Weisses Silber sei dem Feinde f
B.
Spruch gegen den Unterir-
dischen.
Erdväterchen,
Erdmütterchen,
Erdjüngfcrchen,
Rasengrossmütterchen ,
5 Euch des Silbers Weisses bring'
Man aluse sönad.
Maa isakesed,
Maa emakesed,
Maa neitsikesed,
Muro eidekesed,
Annan teile öbe walget :
ich:
Andke walgust waewa wasto, Gebt mir Helle gegen Schmerzen,
Andke terwist töbisele, Gebt Gesundheit ihr dem Siechen,
Siis ma annan teile täno ! Bringe dann euch meinen Dank
dar!
Streckt sich jemand erhitzt auf den feuchten Erdboden»
oder setzt er sich oder ein Glied seines Leibes im heissen
Dampfbade dem kalten Luftzuge aus , so entsteht nicht selten
ein feiner, brennend juckender Hautausschlag, der ausschwitzt
und später eine Kruste bildet. Mit dem Abfallen dieser ist die
Krankheit beendet und ohne weiteres Genesung eingetreten
(vgl. Hupcl, nord. Miscel. III, 227). Diese Krankheit schreibt
aber der Ehste dem Anhauche der Unterirdischen zu , die er
gestört zu haben vermeint , und soll sie nach ihnen maa a/u-
sed oder maa hingamine (Erdhauch ; das norweg. alvgust, Elb-
hauch, s. Grimm a. a. 0. S. 430) benennen (s. Rosenpl. a.
a. O. I, 33 f.). Um den Zorn der Unterirdischen zu besänfti-
gen und von ihnen Heilung zu erlangen , schabt er nun als
Opfer auf die Statte etwas von seinem Silberschmuck oder
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— 77 —
t
einer Silbermünze, nachdem er sie dreimal mit der Sonne am
den erkrankten Theil bewegt (vgl. unten die Anmerkung zu
No. 31 , welches letztere jedoch auch scheint unterlassen zu
werden (s. Hupel, topogr. Nachricht. II, 141). Dazu spricht
er dann die Formel. Dieses Opfer geschabten Silbers ist bei
ähnlichen Anlässen auch in Schweden, üblich ; der Opferge-
brauch indess umständlicher, s. E. M. Arndt, Reise durch
Schweden III, 15 f.
Dass aber zu diesem Opfer das edle Silber genommen
wird , scheint sich aus der Vorstellung zu erklären , welche
Ehsten und Schweden von den Unterirdischen haben. Lagus
erhielt von den felliner Ehsten folgendes Bruchstück :
«Maa alused madalikud, Sie, die kleinen Unterird'schen,
Söura*) taadi sala sepad, Die geheimen Schmid' Allvaters,
Tegid tööda wasto Ööda, Schafften ihr Geschäft in Nächten,
Wasto Ööda rasket tööda ; In den Nächten Mühgeschäfte ;
Päawal oli puhkepido. Tags , da war der Ruhe Weile.
Nach anderer Angabe hört man in schweigsamer Mitter-
nacht, hält man das Ohr an die Erde, das Schmieden der Un-
terirdischen in den sieben Nächten von Weihnachten bis zum
Neujahr und kann selbst unterscheiden , ob unter den Häm-
mern Eisen, Silber oder Gold erklingt. Nach einer dritten An-
gabe, die auch als Lied vorhanden war, waren es wieder die
Unterirdischen, welche dem Schlangenkönige seine Krone ge-
schmiedet hatten. Der blendende Glanz dieser Krone lockte
sämmtliche Schlangen heran , dass sie in dem Sirtsosoo west-
lich vom Peipussee um den König einen Haufen von der Höhe
eines grossen Heuschobers bildeten , aus welchem das Haupt
des Königs gleich der Sonne hervorleuchtete.
Im Wesentlichen stimmt die ehstnische Ansicht mit der
') Söura ? Ist es das Ann. lettre, Gemeinde, Gefolge ?
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— 78 —
skandinavisahen Mythe von den Schwarzelben (martdlfar) und
mit den deutschen Sagen von den Zwergen, welche als kunst-
reiche Schmide dargestellt sind (vgl. Grimm a. a. 0. S. 416).
Auch der Ehste und Finne denkt die Uuterirdischen als kleine
Wesen, vielleicht kleiner, wenn man eine Unterscheidung wa-
gen darf, als die Zwerge, welche härja polwe rahicas, d. i.
Ochsenknieleute , genannt werden. Dieser Name stimmt zum
litth. kelewelena, dessen Ableitung von kilis. Knie, um so eher
gerechtfertigt erscheint , als auch das altpreuss. parstuk , per-
tiuk (lett. behrstuhki, Mehrz.) und das böhm. pjdimuijk sich
vom litth. pirsztas, Finger, und böhm. pjd\ Spanne, also dem
deut. Däumling ähnlich, ableiten lassen. Als Zwerge denkt
man sich auch die tgndtd, finn. tontü, und die mit ihnen dann
und wann zugleich genannten ongod, Haus- und vielleicht
Poltergeister; denn als nachts ein Geräusch aus dem obern
Theil eines Hauses her vernommen ward , sagte ein Ehste : «
fea, mts tgndid wai ongod lahas kolistaicad, d. i. ich weiss
nicht, welche Tonten und Ongen auf der Buhne poltern.
Die erstem sind die schwed. tomtegubbar, die letztern, scheint
es, die mongol. onggod, gleichfalls Hausgötter (s. Erinan,
Archiv für wiss. Kunde Russl. VIII, 216). Was aber den
Namen «Unterirdische» anlangt, so scheint er nur den Ebsten,
Danen und Deutschen an der Ostsee geläufig (s. Grimm a. a.
O. S. 423) ; nahe an ihn an rührt das finn. maakiset und das
bekannte deut. Erdmännchen. Im Ehstnischen werden nach
den Unterirdischen mehrere Pflanzen und ein Wurm (s. unten
No. 22) benannt.
A Z. t ist über die Verbindung der Schlange mit den Un-
terirdischen No 1 3 zu vergleichen. Z. 2 sind «Erdkuchen,
Erdbrötchen» zwar auffallende , doch nicht ungewöhnliche
Schmeichelreden (vgl. No. 5 Z. 40 und No. 30 Z. 4 f.), die
hier vollkommen richtig stehen , da der erzürnte Geist begü-
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— 79 —
tigt wdrden soll. Das sonst unbekannte moofct wird also wohl
das finn. möykky, dickes Laibbrot, sein. Z. 5 scheint sich
«keeh Stimme, Sprache, und «med»., Sinn, auf den Zauberer
selbst zu beziehn , der seine Geheimkunst aur Hülfe anruft.
Z. 7 f. sind unklar und vielleicht entstellt. Die UebersetzuDg
hat für «aüa» aitago angenommen. Ueber Taara Tgl. die Ein-
leitung und No. 5.
B würde besser in der Ueberschrift die Mehrzahl nahtste,
Unterirdische» fuhren ; indess vertritt im Ebstnischen die Ein-
zahl sehr häußg die Mehrzahl.
10. Lendvoa rabanduse uoasto. Wider den Draehenschuss.
Tule üks tulihänd. Flog her ein Feuerschweif,
Puistas üks pisohand, Schüttelt' ein Funkenschweif.
Kinui so ka'ed, kinni so jalad, Fest deine Hände, fest deine Füsse,
Kinni so südame sooned, Fest die Adern deines Herzens,
Kinni so tulik ja minik ! 5 Fest dein Kommen und Gehen !
Alt leiwa laua, Schwind* unten der Brodlisch,
Peak leiwa raasokesed, Schwinden oben des Brodes Kru-
men,
Keskelt köigista öhk ! In der Mitt' aus allem die Luft !
Isa meie etc. Vater unser etc.
Der Sinn dieses Spruches scheint zu sein: Mögest du,
böser Geist, der diese Krankheit verursacht, durchaus gebun-
den und ohne Kraft sein ; möge dir nirgend Gastfreundschaft
werden , unter dem Brote möge der Tisch , vom Tische die
Brotkrümchen schwinden; allzeit (gänzlich) die Luft selber
dir mangeln!
Die gewöhnliche Benennung einer gefährlichen plötzlichen
Krankheit besonders des Rindviehs ist kndwa rabandus, auch
bloss lendwa (Drache) oder rabandus (eigentlich : Schüttelung,
Schlag, Schlagfluss; selten: Bezauberung), livl. Drachen-
15 aus dem Dorfe Kulschina in Pleskau, aufg. r. Kr.
Z. 6 ist unklar and wahrscheinlich entstellt, Indem etwas ausgefallen.
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schuss. Der Ehste sagt : lendtca löi hojusest läbi f d. i. der (lie-
gende Drache schlug durch das Vieh, und fühlt unter der
Haut des erkrankten Thieres auf beiden Seiten desselben ein
Loch von dem durchgegangenen Geschoss (vgl. Hosenpl. a.
a. 0. IX, 43, u. Hupel, nord. Mise. XVIII u. XIX, 596).
Nach Renvall drückt sich der Finne aus: tauti ampui lehmää,
d. i. die Krankheit schoss die Kuh, und ampu-tauti ist apople-
xia max. boum. Abgesehen von den gegen diese Krankheit et-
wan angewandten Arzeneien, zu denen, dem Namen nach zu
urtheilen, rabanduse rohi y Quendel, Thymus serpillum, gehören
möchte , fliesst die Heilung , wie bei der Schlangenbeschwö-
rung , unmittelbar aus der Bannung und Bestrafung , die der
Zauber über den grimmen Geist verhängt. Aehnliche Vorstel-
lungen finden sich aber wieder im ganzen Nordwesten Euro-
pas, s. Grimm a. a. 0. S. 429 f., und Grimm bemerkt hier,
dass es uralter Glaube gewesen, dass von den Elben, den
Licbtelben (liosdlfar) gefährliche Pfeile aus der Luft herabge-
schossen würden, und führt noch einzelne zutreffende Aus-
drücke an , das schott. elfshot und das norweg. äliskudt , elb-
geschossen, welches von dem erkrankten Thier gesagt werde.
Der heilende Zauber aber, falls er angewendet wurde, wird
wahrscheinlich aus sehr abweichenden Ansichten hervorge-
gangen sein ; vgl. was unten bei No. 1 6 beigebracht ist.
Für «lendtca (Drache)» bietet der Spruch selbst die glei-
che Geltung habenden Ausdrücke «tulihänd (Feuerschweif,»
gewöhnlicher tule händ) und «pisohänd», vermuthlich «Fun-
kenschweif», welche, durch das händ, Mehrz. hännad (eigent-
lich Schweife, Schwänze), als Luftgeister bezeichnet, in vielen
Gegenden Benennungen für Feuerkugeln und andere feurige
Lufterscheinungen sind (und daher das skand. Uosdlfr?). Zu-
gleich gelten sie aber auch bei vielen für Hausgeister, welche
ihren Herren Schätze zutragen, und sonst auch tgndid (s. No.
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14), wedajad, Bringer, und wara k^ndjad, Schatzträger, ge-
nannt werden. Indess können auch andere diese Geister nö-
thigen , ihre Beute in Funken fallen zu lassen. Sieht man
nehmlich einen solchen Drachen , und dass er mit Schätzen
beladen sei soll man an seinem langen Schweif (s. das Inland
1837 No. 42 Sp. 703), oder nach anderer Angabe an der
dunkeln Färbung der Wolken erkennen (s. Grimm a. a. 0.,
Aufl. 1 , Anhang p. CXXV, ehstn. Aberglaube No. 102), so
bedarf es nach Th. Glanström nichts weiter, als dass eine
Frau die Ueberwindung habe, sich vor ihm zu entblössen, ein
Mann aber ihm den Rücken zuwende und zwischen seinen
aus einander gesperrten Beinen mit Stahl und Stein Feuer
aufschlage, oder nach anderer Angabe die Kreuzbänder an
seinem linken Schuh schnell und geschickt durchschneide.
Z. 2 ist «pisohänd» (Hupel hat auch ein piskhänd,
Schlange) vermuthlich mhpiso, Funke, zusammen gesetzt. In-
dessen könnte es dennoch vielleicht das Gnn. piessa, Unglücks-
geist, das litth. besas, russ. on>c9, dagener schwed. pise, Teu-
fel, das nucköer schwed. bim, Hausgeist (bisa borg, Gewitter-
wolke), das runöer schwed. jpw«, Blitz (auch Verwünschung)
sein, herzuleiten von ahd. pisön (schwed. besa, bessa), lascivire,
welches sich auch namentlich von Drachen in der Verbindung
snurren und bisen (s. Reinh. Fuchs in der Ausgabe Grimm's,
S. 373) gebraucht findet. Grimm vermuthet zwar, es bedeute
eigentlich : verlangendes Geschrei von sich geben ; allein die
Verbindung snurren lässt auf eine Lautnachahmung schlies-
sen; es mag ursprünglich «zischen, sprühen» bedeutet haben.
Zu Z. 3 fT. möge ein anderes sehr geschätztes ehstnisches
Mittel gegen den Dracbenschuss noch angegeben werden.
Man schneide das erkrankte Thier sogleich ins Ohr, fange das
herabtröpfelnde Blut in Brot auf und gebe es dann dem Rinde
ein. Vgl. Grimm a. a. 0. S. 1183 unten.
■
6
Tuli, tnli üks tulihänd.
Kinni panen so käed,
Kinni köidan so jalad,
Kinni so südame soonedt
AHa laua, pealta laua
Tükki, wöi wötta ühtegi!
Tuli, tuli üks tulihänd.
Kinni panen so käed,
Tule kiwist annan tulda,
Tule rännist raksub sade.
Kinni köidan so jalad,
Kinni so südame sooned.
Tagane, sa roojane waim,
Anna piihale waimole maad!
Marile tahan abi anda 1 5
Jumala se isa, Jumala se poea,
Jumala so püha waimo nimel ;
Mina tahan abi anda Marile,
Isa meie eic.
16. Spruch wider die Rose.
A.
Flog her, flog her ein Feuer-
schweif.
Fest umdruck' ich deine Hände,
Fest umfessl' ich deine Füsse,
Fest die Adern deines Herzens I
5 Unterm Tische, überm Tische
Eins, vermöge nichts zu nehmen!
Flog her, flog her ein Feuer-
schweif
Fest umdrück' ich deine -Hände,
Gebe Feuer vom Feuerstein,
1 0 Fährt vom Feaerstahl ein Funk'
aus.
Fest umstrick' ich deine Füsse,
Fest die Adern deines Herzens.
Weich hinweg, unreinerGeist,
• Gieb dem heiligen Geiste Raum f
Hülfe will ich Marien geben
In Gottes des Vaters, Gottes des
Sohnes,
Gottes des heil'gen Geistes Na-
men;
Ich will Hülfe Marien geben ,
Vater unser etc.
Orraporra, pörgo händ,
Tule kuke lokotus,
Kinni sölmin sino sooned,
Kinni köidan sino kapad,
Kammitsasse sino jalad,
Wangi sino warbokesed,
B.
Orraporra, Höllenschweif,
Du des Feuers Hahnenbart,
Fest umschürz' ich deine Adern,
Fest umstrick' ich deine Klauen,
5 Mit Spannketten deine Füsse,
Zur Gefangniss deine Zehlein,
16 A au§ Heller's Nachlas« (a. unter No. 14); B aus dem Kircbsp. Lais
im dorpater Kreise, aofg. t. Kr.
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83
Alta laua, peälta laua, Unterm Tische, überm Tische,
Üle laua ühtelasi I Ob dem Tisch auf gleiche Weise !
Kinni panin, wangi wannin, Fest umdrückt' ich , schwur ge-
Kinni panin sino käpad, 1 0 Fest umdrückt* ich deine Klauen,
Kammitsasin sino jalad, Spannt' in Ketten deine Füsse,
südame soone ! Band die Ader deines Herzens f
Dieser Spruch wider die Rose ist nur eine wenig abwei-
chende Fassung des Spruches wider den Drachenschuss No.
15. Auch sonst wird wohl ein Spruch auf verschiedene Fälle
augewandt [s. No. 17); aher es fragt sich, ob nicht daraus
folge, dass die Entstehung der Rose der des Drachenschusses
ähnlich sei gedacht worden. Unmöglich scheint das um so
minder, als ein angelsächsischer Zauberspruch unversehens
entstandene Stiche dem Geschoss einer Hexe (oder vielleicht
eines Elbes) zuschreibt (s. Grimm a. a. 0. S. 1191 ff.). Im
Ehstnischen scheint aber zunächst au einen Geist und nicht
an eine Hexe gedacht werden zu müssen, sofern nicht das
Wort «Orraporra» in B Z. 1 irre leitet. Nach der Verwen-
dung nehmlieh, die das ähnliehe Tollaholla in No. 13 A Z.
55 gefunden , möchte man annehmen , dass auch Orraporra
des Drachen Eigenname sei , welcher als solcher ausgespro-
chen* die Macht des bösen Geistes vernichten kann (s. Grimm
a. a. O. S. 515, und die ehslnische Sage vom Olew im In-
land 1847 No. 45 Sp. 1061 ff. u. in Reval's sänrantl. Namen
S. 6 1 f.) und hier vernichten helfen sollen. Indess könnte je-
doch Orraporra auch nur ein Wort voll geheimer Kraft gegen
die Geister sein, zumal es nach der ehstnisehen Angabe bei
der Anwendung des Spruchs dreimal vorwärts und dreimal
rückwärts hergesagt werden muss. Noch einige andere Wör-
ter dieser Art sind einigen bekannt geworden und ihre Bedeu-
tung nicht verschwiegen. Ein sogenannter Halbdeutscher ehst-
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84 —
nischer Abstammung litt seit längerer Zeit an religiösem
Wahnsinn. Da findet ihn einmal Kr. bei seinem Besuche
nicht vor ; die Frau desselben erzahlt , ein paar Freunde hät-
ten den Glaubensgenossen zu sich geführt, um ihn durch
kräftige Wörter (sönad) zu heilen. Der Arzt begab sich dahin;
die Leute, etwas betreten, führten ihn nach einigem Bedenken
in eine massig verdunkelte Kammer. Iiier kniete der Lei-
dende, in ein langes weisses Hemde gekleidet, vor einem
Tischchen , auf welchem eine Bibel und auf ihr zwei Messer
ins Kreuz lagen. Der Hausherr bemerkte: «Wachet und be-
tet ist hier die Hauptsache. Gestern Abend hatte er ein wenig
inne gehalten , da kam der. Alte (Teufel) gleich über ihn und
zauste ihn tüchtig. Ich musste zweimal Wörter sagen , bevor
er sich entfernte». Nur das minder kräftige dieser Wörter
entschloss er sich auf Verlangen mitzutheilen ; es lautete
«Abrakabra», also das entstellte Abrakadabra, und sollte drei-
mal « Jesus- Jehova» bedeuten ; in den beiden andern Wörtern
kämen diese Namen verbunden mit dem heiligen Geist in
dem einen sechsmal , in dem andern neunmal vor , aber die
Wörter selbst dürfte er nicht nennen. Der Leidende, der bis
dahin ziemlich ruhig gewesen , ward im Verfolge dieser Be-
handlung mit Wörtern rasend , so nach Riga ins Irrenhaus
gebracht und starb daselbst nach einiger Zeit.
Nichts desto weniger könnte der Drache, wenn einer
Hexe dienstbar, eben von ihr gesendet, die Krankheit be-
wirkt haben und der Ehste also seiner Gewohnheit nach auch
die Hexe als Urheberin der Krankheit ansehn und bezeichnen.
Aber freilich erscheinen die Hexen selbst, wie sie als Wir-
belwind einherfahren (s. Das Inland 1852 No. 17 Sp. 319 u.
d. die Einleitung), auch in der Gestalt von Drachen (vgl. un-
ten No. 17). Eben so ist das finn. noita eigentlich Zauberer,
Hexe, bedeutet aber zugleich Stella cadem, draco m aere volans,
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wie wieder dem Ehsten Sternschnuppen für kleine Drachen
gelten sollen.
A Z. 5 f. stimmen , wie es scheint , in ihrem nicht ganz
deutlich ausgedrückten Sinne zu No. 1 5 Z. 6 f. : der gebun-
dene Geist soll zu seiner Erhaltung keine Nahrung zu sich
nehmen können, bis er die Krankheil aufhören lassen. Wah-
rend Z. 9 f. vom Zauberer hergesagt werden , schlägt er zu-
gleich mittels Stahls und Steines einige Funken auf die er-
krankte Stelle; ein auch für sich allein häufig angewandtes
Mittel wider die Rose. Metall, besonders Stahl, und Feuer
sind sowohl bösen Geistern als der Zauberei verderblich (s.
d. Einleitung, Arndt a. a. O. III, 1 1 u. Möllenhoff a. a. O.
S. 583). Eine andere Behandlung der Rose ist folgende:
Man beschreibt leise um sie mit den äusserslen Spitzen von
neun Aehren einen Kreis und sagt während dessen den gehö-
rigen Zauberspruch her, der uns indess nicht bekannt gewor-
den. Ein ähnliches Mittel gegen Zahnschmerz s. Ehstn. Volksl.
S. 71. Z. 15 u. 18 ist «Marie» der Name der Kranken, der
nöthigenfalls mit einem andern vertauscht wird.
17. Beim Buttern.
Tuule kiuro, lepaliuro, Windsumschwinger, Erlen-
singer,
Soome soola sabässa ! • Finnlands Salz hast auf der
Sterze !
Taewast lulgo, pilwest pisiko Komm's vom Himmel , her von
Wolken,
Koorta kirno kerkimaie Dass der Rahm steig' in der Kern
Miilta mätta möoda mända , 5 Längs dem Querle- tipti tapti !
Koko, koko, koorekene! Rinne, Rähmchen, rinn zusam-
men !
17 aus Strand- Wierland, aufg. Kr..
Z. 1 kiuro? liurof
1
— 86 —
Will das Buttern nicht nach Wunsch von Statten gehn,
so versucht der Ehste es durch einen Spruch zu fördern,
welcher, eine mildere Fassung des hier mi Igelheilten , die
Wunsche desselben ausdruckt und nach Rosenplänter a. a.
0. III, 106, in den Ehstn. Volksl. S. 443 wieder abgedruckt
ist. Hilft das nicht, so wird das Butlerfass (die Kern) mit Ru-
then gestrichen , ein Gebrauch , der auch in Deutschland be-
kannt ist , wo man sich dabei einer Weidenruthe bedient , die
nicht mit einem Messer abgeschnitten sein darf (s. Grimm a.
a. 0., Ausg. 1 , S. CLY1). Ist nun auch dies ohne Wirkung,
so argwöhnt der Ehste, die Milch müsse verhext sein und
tilgt den Zauber durch den hier abgedruckten Spruch. Er be-
ginnt mit der zuversichtlichen Behauptung, die schuldige
Hexe , die als Drache den Schaden veranlasst , sei bereits
durch finnländisches (doch auch besprochenes?) Salz, ein be-
kanntes, auf verschiedene Weise benutztes Mittel gegen Zau- ♦
bcrei, festgebannt und machtlos ; denn finnische und lappische
Zauberei überhaupt gilt für wirksamer, als die eigne. Dann
geht der Spruch auf Wünsche für das Gelingen über, wel-
ches er von einer ungenannten himmlischen Macht herleitet.
Z. 1 versteht der Ehste unter «tuule kiuro» gegenwärtig
abermals einen Drachen, der aber eine alte Finnin oder Lap-
pin (tcana Soome ö/, äm), d. h. eine Hexe ist, die wo sie hin-
kommt, Unheil stiftet. Das ehstn. kiuro ist sonst Lerche; das
finn. kiuru Lerche, flatterhafter Mensch, ein Wasserinsect,
und weist, sofern es, wie es scheint, nur eine Nebenform für
kirwinen, Lerche, ist, auf kincoittaa, entbinden, entfalten, los-
machen, befreien. Das ehstn. tuule kiuro hätte hiernach ur-
sprünglich Windentfalter , Windbeweger bedeutet , und Hesse
sich darin die gewöhnliche Vorstellung wiedererkennen , dass
im Windwirbel eine Hexe fahre , wofür denn bisweilen auch
der Ausdruck tuule händ (Windesschweif) gebraucht wird.
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LepaUuro steht für das gewöhnliche lepalind (Erlenvogel) und
ist das Rothkehlchen , das für einen bösen Zaubervogel
gilt. Fliegt das Rothkehlchen unter dem Leibe einer Kuh
durch, so entsteht bei ihr Blutharnen; setzt es sich zufallig
auf ein Milchgefass , so ist die Milch verhext. Äeholiche Vor-
stellungen finden sich nach Russwurm bei den Schweden
an Ehstlands Küste, und sprechen diese es bestimmt aus, dass
das Rothkehlchen eine Hexe sei, was zu unserm Zauberspru-
che trefflich passt. Grimm a. a. 0. Ausg. 2. S. 167 be-
merkt nach deutschem Aberglauben , das nistende Rothkehl-
chen scheine den Blitz herbeizulocken : erklärt sich etwa dar-
aus der ehstnische? Mindestens ist zu grosse Wärme beim
Buttern ein Hinderniss.
18. Amba xcalo tcasto. Wider den Zahnschmerz.
Koera amba kadunego, In des Hunds Zahn mög* er
schwinden,
Hundi amba idanego, In des Wolfs Zahn mög' er wach-
sen,
Pöhja tuulde pögenego, In des Nordens Wind entweichen,
Tuulesta tühja taganego ! Aus dem Wind hinaus ins Leere!
Nachdem diese Bannungsformel vom. Zauberer über ein
Butterbrot, in welches der Kranke hineingebissen, gesprochen
worden, wird es von jenem an einen Hund verfüttert mit
dem Vorgeben , dieser bekäme auf einen Augenblick die hef-
tigsten Zahnschmerzen , dann aber gingen sie den angegebe-
nen Weg weiter. Dass sie in den Wind , endlich ins Leere
ubergehn sollen , rührt wohl daher , dass der Wind häuGg für
eine Krankheitsursache gilt und das Leere , das Nichtige als
solches den Schmerz vernichtet , so dass er nicht wiederkeh-
ren kann. Nicht unähnlich wird in einem deutschen Spruche
18 aus dem Dorfe Kutschiua in riegkau, aufg. v. Kr.
■
— 88 —
die Gicht auf einen Baum übertragen, damit er sie dem Vogel
mitgebe, der sie mit in die Luft nehmen möge (s. Mülle n-
hoff a. a. 0. S. 513). Indess bezeichnet das Wort (Ski, leer,
nicht selten auch den Teufel. Andere Zauberer schreiben
nach C. Russwurm mit einem Griffel oder dem Finger ge-
heime Zeichen auf ein Butterbrot und lassen den Kranken es
Terzehren ; der Zahnschmerz vertheilt sich in der Wange und
selbst in die Arme.
Bas im Ehstnischen häufige Uebertragen von Krankheiten
auf andere Gegenstände (vgl. die nachfolgenden Nummern)
ist auch bereits oben unter No. 13 C erwähnt, und in der
Einleitung sowohl als in den Ebstn. Volksl. S. 7 t f. sind
noch einige Mittel gegen Zahnschmerz angeführt.
19. Km latsed pisokest voiga Wann Kinder einen kleinen
saanud. Schaden genommen.
Arakele aigus, Krankheit auf die Elster,
Wareksele walu, Wehe zu der Krähe,
Musta linnule muu töbi, Andre Schwäche dem schwarzen
Vogel,
Koerale kibedad, Herbes zum Hunde hin,
Kassile kätkenud. Heimliches der Katze,
Lutikale luu walu : Gichtrisch Weh' auf die Wanze:
Meie laps terweks ! Unser Kind genese !
Bei der Anwendung dieses Spruches, soll er wirken,
muss zugleich auf den Schaden geblasen und ein heiliger
Name dazu genannt werden. Auch in Wierland bedienen
sich die Kinderwärterinnen häufig eines ähnlichen Segens, ob
mit gläubigem Vertrauen, ist nicht bekannt. Vgl. No. 18.
19 aas dem Dorfe Kutschiaa io Pleskaa, aufg. t. Kr.
Z. 8 kätkenud? das Ann. kätkeä, verdecken, rerbergea? also eine uner-
kannte Krankheit ?
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— 89 -
20. Kaela tobe wasto.
Leina lepast leikasin,
Lee august lewasin
Piinaja pigistust,
Närija näpistust :
Mingo kuhm kuuscle,
Paistus pädaka juurele I
Wider dm Ziegenpeter {Mumps).
Aus der Trauererle schnitt' ich,
In des Heerdes Grube buk ich
Plagen des Peinigenden,
Zwicken des Zehrenden :
Weich zur Tanne die Beule,
Die Geschwulst zur Kienbaum-
wurzel !
Der Zauberer lässt ein Stück Erlenholz io der heissen
Asche des Heerdes möglichst warm werden und streicht da-
mit über die angeschwollenen Ohren- and Speicheldrüsen
hin, während er den Spruch hersagt.
Z. 3 f. besagen , der Zauberer habe für die peinigende,
nagende Geschwulst, die er sich vielleicht als ein geisterhaf-
tes Thier denkt (vgl. unten N.o. 23 f.), Schmerzen bereitet
und fuge sie ihr zu. Z. 5 f. vgl. wegen der Uebertragung
der Krankheit No. 1 8.
9,1. Woohnede tcasto.
Wider Drüsenanschwellung
des Unterleibes.
Was schlägst du?
Die Geschwulst schlag' ich.
Wo bettest sie hin ?
Dorthin, wo's Beil hat Raum
geschafft.
Der Ehste nennt , um es genauer anzugeben , nicht nur
die angeschwollenen Drüsen, sondern jede gespannte Ge-
schwulst im Unterleibe , welche etwa von Verdauungsstörun-
gen herrührt , woolmed. Dagegen nimmt nun der Beschwörer
Mis sa lööd?
Woolmeid loön.
Kuhu matad ?
Senna, kus kirwes aset teind.
20 aus dem Dorfe Kutschina in Pleskau, aufg. t. Kr.
Z. 1 Uweuin? das finn. leipoa, backen (ehstn. lewa Brot). Z. 3 pigistust?
Z. t> kuhm? das finn. kuhmu , Beule (ehstn. küftm, Höcker?).
21 aus dem Dorfe Kutschina in Pleskau, aufg. v. Kr.
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— 90 —
■
ein Beil, mit welchem neue Gräber gehauen sein müssen,
deckt über die Geschwulst ein Linnentuch und schlägt leise
auf sie mit der Schärfe des Beils, während er den Spruch vor
sich hin murmelt. Die Heilung wird nach vier und zwanzig
Stunden erwartet.
Z. 4 wird die Geschwulst begraben , da das Beil Gräber
gehauen. Dies stimmt zu deutschen sympathetischen Guren,
die ein Verwesliches z. B. auf Warzen drücken und es dann
in die Erde begraben. Vgl. auch No. i 8 u. No. 22.
22. Paisetuse xcasto.
Waino köie keerutaja,
Laterussi lahutaja,
Kaarna kiwi kergitaja
Solmib sonne pahusella :
Liha Htsko lihetasta,
Weri waogo wana kohta,
Walo wägi waarikussa,
Pakitus paksema pöesasse !
Wider die Geschwulst.
Der Umwender der Wiesen-
schnur,
Der Zerpflücker des Plattge-
würms,
Der Erringer des Steins vom
Raben
Schmiegt auf das Geschwür den
Finger :
Wieder drücke flach das Fleisch
sich,
Senk an alten Ort das Blut sich,
Id den Wald des Wehs Gewalt
sich,
Sich die Spannung ins dichtste
Dickicht I
« Waino kois», waino kbied (Wiesenschnur, auch ma aluse
W r ürmer der Unterirdischen) sind Processionsraupen
(Heerwfirmer), die nach A. Knüpffer (s. Rosenplänter a.
a. 0. IX , 52) nicht nur paarweise in langen Zügen einher-
22 aus dem Dorfe Kuischina in Plesk*o, aufg. t. Kr.
Z. 4 pahusella y Geschwür nach Hupel, bt eigentlich wolü
UebeL Z. 8 pakitut?
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— 91 —
ziehn, sondern sich auch in einem grossen Gespinnste (woher
sie auch xcorkumd, Netzwürmer genannt werden) massenhaft
zusammenhalten. Zielt etwan auf dieses Gespinnst die sonst
ungewöhnliche Benennuog derselben «laterussidn (Plattwür-
mer)? Wer einem solchen Zuge begegnet, darf nur nach
dem Volksglauben, der vielleicht beachtet hat, dass die langen
Borsten der Raupe electrisch sind, ein Vaterunser beten und
den Zug vom Haupte au aus einander pflücken , so erhält er
eine glückliche Hand, um Gebärenden helfen, Geschwülste
verlreiben, Schmerzen stillen zu können. Nach Hupel (topogr.
Nachr. II, 141) hatte eine Ehstin bloss mi* Daumen und Ohr-
tinger den Zug zerpflückt. Aehnliche Kräfte verleibt auch der
«Stein des Raben» dem Glücklieben, der ihn im Rabenneste
findet und mit den Fingern berührt Bestreicht man mit ihm
einen Wollenfaden dreimal neunmal (eine Zahlenverbindung,
deren die Einleitung bereits erwähnt und die auch bei russi-
schen Zauberheilungen vorkommt) und bindet den Faden bei
Anschwellungen des Unterleibes um denselben , so schwindet
die Geschwulst in dreimal jieun Tagen. In derselben Zeit ge-
nesen auch verrenkte Glieder, sind sie mit einem solchen Fa-
den umwunden worden (vgl. unten No. 26). Ueber ein paar
andere Wundersleine der Ehsten ist einiges beigebracht in
den Ehstn. Volksl. S. 85 ; über sie bei andern Völkern vgl.
Grimm a. a. 0/ S. 1169, Erman a. a. 0. IX, 555 f. u.
Sacharow a. a, O. I, 67.
Zu Z. 7 f. vgl. oben No. 18.
33. Wider das kalte Fieber.
Hullu halli susi talli ! Weg der Graue zu Wolfes
Baue !
Lume ange, eäde kange In die Schneclrift, in den Eissüft
aus dem Dorfe Kutschiaa in Pleskau, aufg. t. Kr.
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— 92 —
Mingo, kus ta päris tare! Weich' er, wo sein wohnlich
Erbe!
Püha Marja, püha poiga Marie die heil'ge, der Sohn der
heil'ge,
Saago töbelista kaitsma ! 5 Mögen sie den Siechen schützen !
Das Banuen der Krankheiten ist in den vorangegangenen
Sprüchen häufig vorgekommen ; in No. 20 aber schien es,
war die Geschwulst als Thier gedacht (vgl. auch unten No.
24-). Deutlicher tritt diese Vorstellung in unserm Spruche No.
23 hervor. Hai (der, das Graue) dient für sich allein gewöhn-
lich und sehr häufig zur Bezeichnung eines grauen Pferdes,
und das kalte Fieber haben heisst nun auf Ehstnisch walged
oder hallt ajama, söitma, d. i. das weisse oder graue (Thier)
zum Lauf antreiben, reiten. Man denkt sich also den vom
Fieberschauer Erbebeoden als einen Reiler, den die Bewe-
gung des Rittes durchschüttelt. Da nun weiter die volksmäs-
sige Heilungsweise, wie sie in den Zaubersprüchen und sym-
pathetischen Curen zu Tage liegt , in weiter Verbreitung auf
dem Grundsatze Hahnemann's beruht: similia similibus curan-
tur: so möchte die merkwürdige Behandlung des kalten Fie-
bers bei den Tataren und Kalmücken, obwohl kein geschicht-
licher Zusammenhang derselben mit der ehslnischen Vorstel-
lung nachgewiesen ist , dennoch die letztere bestätigen helfen.
Nach einer ihm von Desbouts gewordenen Mittheilung er-
zählt Masing (s. r}osenplänter a. a. 0. XII, 42 f.) Fol-
gendes. Tataren und Kalmücken binden den Erkrankten , so-
bald sich der Anfall des Fiebers ihm durch Schläge unter den
Schulterblättern ankündigt, auf ein Pferd, welches sie als
starken und unsanften Renner kennen. Einer von ihnen setzt
sich auf ein anderes und führt das erstere an langem Zügel.
Giebt nun beim Beginn des Fiebers selbst der Kranke das
Zeichen, indem er spricht: nun ist es Zeit, so ruft ein dritter,
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93 —
der gleichfalls ein Pferd bestiegen nnd mit einer Peitsche be-
waffnet ist , den Pferden za und treibt sie vor sich her zum
fürchterlichsten Laufe an , bis sie im vollesten Schaume sind,
der Kranke aber fast gänzlich erschöpft und die Fieberkälle
vorüber ist. Dann bindet man ihn ab , bringt ihn zur Ruhe
und bedeckt ihn wohl. Nach fünf bis sechs Stunden Schlaf
erwacht er , zwar sehr ermattet , aber genesen , und wird so-
fort, weil er über die Maassen geschwitzt, umgekleidet.
Leitet J. Grimm a. a. 0. S. 1107 das ahd. rito (männ-
lich), Fieber, mit Recht von ritan, reiten, ab, so scheint hier
eine der ehstnischen ähnliche Vorstellung Statt gefunden zu
haben : das Fieber wird als ein Ritt des Erkrankten gedacht
worden sein. Krankheiten als Thiere sich vorzustellen lag den
Deutschen durchaus nicht fern ; das zeigen noch erhaltene
Namen und Sprüche. So heisst den Niederdeutschen die Bräune
des Rindviehs de Voss \der Fuchs) ; allgemeiner bekannt aber
sind der Wurm im Finger, der Wolf, der Alb, der Staar?
(vgl. auch uuten No. 24); und bezeichnen Sprüche die Krank-
heiten auch seltner unzweideutig als Thiere, so kennen sie sie
doch als lebende Wesen (s. Möllenhoff a. a. 0. S. 511 ff.).
Eine finnische Rune (bei Schröter a. a. O. S. 48 f.) lässt
von Launawatar , einer alten Frau , neun Knaben geboren
werden: Wehrwolf, Schlange, Darrsucht der Kinder, Ei-
dechse, Nachtmahr, Gliederschmerz, Gicht, Milzstechen und
Bauchgrimmen. Sollten diese Krankheiten , als Geschwister
verderblicher Thiere , nicht diesen ziemlich ähnlich gedacht
worden sein? In unserm Spruche Z. 1 wird das Fieber in
den Stall des Wolfes verbannt. Nach russischem Volksglau-
ben sind es neun Schwestern , welche das menschliche Ge-
schlecht mit Fiebern plagen und in Erdhöhlen an Kelten ge-
fesselt liegen ; losgelassen fallen sie ohne Gnade über die
Leute her (s. Grimm a. a. O. S. 1107).
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94
Nach C. Russwurm bedrohte eine Ehstin das Fieber
(doch kann nicht gesagt werden, dass es das kalte war), wel-
ches sie bannen wollte , mit den Worten : du Hund , deine
Kraft ist sieben , meine Kraft ist siebenmal siebzig; P. Ein-
horn aber giebt aus Kurland her an, das bekannte Abraka-
dabra werde dagegen angewandt (s. Script, rer. Uv. II, 36).
£4. Jookswa tobe tcasto. Wider Gichtschmerzen.
Jooksjate jori, torkjate tori, Gichtergegurre , Stecherge-
Püha Marja, poeg ja waim! Heil'ge Maria, Sohn und Geist!
Dem Eingange dieses Spruches scheint die Vorstellung
zu Grunde zu liegen (vgl. No. 20 Z. 2 f. u. No. 23 , wo in
der Anmerkung auch die Gicht genannt ist) , dass gichtische
Schmerzen von geisterhaften Wesen (Thieren) herrühren.
Noch im siebzehnten Jahrhundert ward nach Grimm (a. a.
0. S. 1108 f.) in Norddeutschland die fliegende Gicht als
Schmetterlinge oder Wärmer gedacht und «dal varende , lo-
pende Deer , de fliegende Elbe» genannt. Dies erinnert , doch
wird damit keineswegs behauptet , dass auf einen Zusammen-
24 au« dem Dorfe Kutachlna in Pleakao, aofg. r. Kr.
Pistjale piri, narijate näri,
Isi pölwista wigane,
Laba hiusta laguirad,
Alt pölwe paistetanud !
Oh mis (tanis, kiidowäart,
Kellele siin äda orgus
Kannatusi kingituie,
Walo wangi werwitie,
Pikka piina punutiel
Wöta walo wahenlie,
10
5
surre,
Peinigerplage, NagenderGenage :
Selber ia den Kaien erkranket,
An dem Schulterblatt gebrechlich,
Unterm Kniebug aufgeschwollen !
Wie so selig, werth des Preises;
Wem hier in des Elends Thale
Leiden als Geschenk verliehn sind,
Wer zum Schmerz ward ange-
worben,
Ward für lange Pein gebunden !
Möge du den Schmerz vermin-
dern,
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I
— 95 —
hang mit der Gicht zu vermuthen sei, an den von Hupel bei-
gebrachten Ausdruck tgndi liblikas , d. i. des Hausgeistes
Schmetterling. Wenn aber dafür die Bedeutung «bunter
Schmetterling» angegeben wird , so scheint das irrig ; minde-
stens bezeichnet der Ehsle mit tgndi karte die schwarze Farbe.
Z. 4 ff. lassen nicht deutlich erkennen , wer unter «tst,
selber», gemeint sein möge , ob der Kranke oder die Gichter.
Es wäre denkbar, dass der Beschwörer den Einfall gehabt, so
wie im Finnischen die Krankheiten häufig an die Stätte ihres
Ursprunges gebannt werden (s. z. B. Kaiewala Ges. 9 Z. 523
ff.), die Gichtschmerzen und Erscheinungen auf die sie bewir-
kenden Wesen zurückzubannen (vgl. auch No. 1 6).
2ö. Kütisonad. Jägerspruch.
A.
*
pühin pössikesta, Ich bereinige mein Röhrehen,
Arun armsa rauakesta, Flüstre hin aufs liebe Flintchen,
Pobisen pöhja topikese Raune bei des Bodens Pfropfen
Ülekäija, üheksama, Mit dem Baldrian, der Neun-
mannskraft,
Kanerpiko, kaetesiga. 5 Haidekraute, Kundelkraute.
Süs tuleb linnokene ligi, Dann so fliegt heran das Vöglein,
Siis saan suurt raha, Dann erlang' ein grosses Geld ich,
Kaswatan kaso kotti. Wächst mir des Gewinnes Beutel.
Linnula kcelil, mesila meelil Vogellich stimmig , honiglich
sinnig
Lähen metsa murdemaie, Wandl' ich in den Wald zu tödten,
Laane lindu laskemaie , Vögel von dem Forst zu schiessen,
Pöllu lindu püudemaie. Vögel von dem Feld zu fahen.
23 A aus Strand- Wierland, B aus dem Dorfe Kutschma in Pleskau, beide
aufg. t. Kr.
A Z. 3 arun? die einfache Form ron
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— 96 —
Pusila püssida ete : 5 Dass sie bleiben vor der Büchse:
Paremad paeluksed jalga ! An den Fuss die besten Bande 1
Paelus jalga, side siiwa, Band an Fuss, Schnur an Schwinge,
Pidemed paraja kohla ! — Hallung an die beste Stelle ! —
Töutan suurta sala andeks, Opfre dir geheim den grossen,
Pareinaida peale pandiks ! Uebcrdies als Pfand die bessern !
Alwemaida alwa orja Des geringen Knechts geringre
Kütila kümneseks kingi ! Schenk als Zehnten du dem
Schützen !
. Weit verbreitet ist der Glaube, dass Jäger, mit mancher-
lei geheimen Künsten vertraut, insbesondere auch das Wild
vor dem Rohre zu bannen verständen. Noch neuerdings ist
dies Vermögen den Zigeunern und Indianern von Guiana zu-
geschrieben worden (s. Das Ausland 1851 No. 33). In dem
Spruche A werden Bande an Fuss und Schwinge der Vögel
gewünscht, wie in No. 15 und 16 der Drache gebunden
wird. Der Glaube an solche Bindungen und deren Lösungen
ist alt, wie denn schon das erste der sogenannten merseburger
Gebete ein Spruch ist zur Lösung der wirklichen Fesseln
kriegsgefangener Männer (s. Grimm a. a. 0. S. 11 SO).
A Z. 3 ff. wird der Pfropfen der Ladung nebst mehrern
Kräutern besprochen, was wohl dahin zu verstehn ist, dass
der Stoff des Pfropfens zum Theil aus den aufgezählten Kräu-
tern bestand, so wie das Aestrich in der Wohnung eines Zau-
berers aus Urlehm und Kundelkraut (wildem Thymian) ge-
mengt war (s. Ehstn. Volksl. S. 86 Z. 25 f.). Die genannten
Kräuter sind ihrer Heil- und Zauberkräfte wegen weit be-
rühmt (s. Grimm a. a. O. S. 1159 ff.) und auf diese deuten
zum Tbeil schon ihre Namen. «Ulekäija» (ro/it), Baldrian (dän.
Velandsurt), weist wohl auf den Alb, der gleichfalls den Na-
men ülekätja, Ueberschreiter , Ueberwandler, fuhrt. aVhek-
sama», in No. 13 El. 21 üheksama rohi, ist buchstäblich
«des Neunten» (Kraut), wobei an Taara gedacht sein könnte
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(vgl. die Einleitung) ; doch kann es auch «das neunte Kraut»
bedeuten. Gewöhnlich heisst es aber üheksa mehitcügi, d. i.
buchstäblich «Neunmannskraft» (im Lettischen gekürzt wihru
zpehki). «Kanerpik» ist Cattuna vulgaris. Z. 7 f. stimmen nahe
zu einer Stelle in einem Fischerliede (s. Ehstn. Volksl. S.
199 f.).
B Z. i scheint «Vogellich stimmig, honiglich sinnig» eine
doppelte Erklärung zuzulassen : der Jäger ziehe zum Waid-
werk aus entweder fröhlich und glücklich wie ein Vogel, oder
Vogelruf nachahmend und sanft lockend. Z. 9 ff. richten
sich, die grössern und bessern Thiere (vgl. Das Inland 1837
No. 42 S. 703 f.) zum Opfer gelobend, mit der bescheidenen
Bitte an eine ungenannte Gottheit , sie wolle ihrem geringen
Diener einen geringen Antheil (den Zehnten) an der Beute
gewähren. Solche Gebete der Jäger begegnen im Finnischen
öfter (s. z. B. Kaiewala Ges. 14, Z. 13 ff.).
%6. Nika&tuse wasto. Wider Verrenkung.
A.
Jeesus kiriko mineksi Jesus ging dahin zur Kirche
Eeruselle, aarnselle, Mit dem Rothross, mit dem
Rappen,
Löhe musta mooruselle, Mit dem lachsschwarz mohren-
köpfgen,
Kala iirikarwaselle. . Mit dem fischfarb mausefahlen.
Nikastas obuse jala. 5 Da verrenkte das Pferd den Fuss .
Jeesus maha rattaalla Nieder bei dem Rade Jesus
Obo jalga lausemaie : Zu besprechen des Pferdes Fuss:
«Siit on lüge nikastanud, - «Hier ist ein Gelenk verrenket,
Siit on soooe songatanud , Hier die Sehn' übergesprungen,
26 A u. D aus dem Dorfe Kutschiaa in Pleskau, B aas dem Kirchsp. St.
Petri in Jerwen , sämmtlich aufg. t. Kr.; C aus dem Nachlass Heller'« (s.
unter No. 14).
A Z. 1 - 4 sind dunkel, weil mehrere Wörter
— 98 —
Sät on joose jongatanud
Mingo lüge liigete wasto,
Mingo soo di soonte wasto,
Mingo joose jooseie waslo,
Mingo luu luude wasto,
Liha lihade wasto :
der:
Maarja mäaVgo mä'rga pealcU Streiche Nass darauf Maria \»
. Isa meie etc. Vater unser etc.
B.
Lauso sönad nikastamise wasto. Zauberspruch wider Verrenkung.
10 Hier ein Sprungbein ausgestem-
met.
Geh' Gelenk an Gelenk hinwieder,
Gehe Sehn' an Sehn' hinwieder,
Gehe Sprung an Sprung hinwieder,
Gehe Bein an Bein hinwieder,
15 Gehe Fleisch an Fleisch hinwie-
Jeesus kiriko minnija
Iljuselle, aljuselle,
Moa musta inudasella.
Sohwia ei soowitamaie ;
Maarja jä'i maalc rattaalla:
«Koko nahk, koko liha,
Koko sooned, koko luud,
Koko liikmed, koko jäkkud!»
Siis niksus, siis naksus.
Abi, keel, abi, meel,
Abi armas Jumalalta !
Aita, Maarjatl
Tagane waenlased ja wastosed
Isa meie etc.
Jesus war ein Kirchengänger
Mit der Schecke, mit dem
Schimmel,
Durch des Schlammes schwarzen
Moder.
Nicht zu wünschen wusste
Sophia;
5 Nieder bei dem Rad Maria :
«Haut zusammen, Fleisch zu-
sammen ,
Sehnen zusammen, Bein zu-
sammen ,
Glieder zusammen, Fugen zu-
sammen !»
Da knickte, da knackt' es.
10 Hülfe, Kehl', Hülfe, See]',
Liebe Hülfe her vom Herren !
Hilf, Maria!
Weichet hinweg, ihr Feind' und
Gegner !
Vater unser etc.
Z. 10 jooie (Lauf) ? jongatanud f B Z. 2 ist
Z. 4 soowitamaie t das ehstn. sootpima t oder das
gen, versöhnen ? Z. 9 niksus T Z. 13 Tagant ?
I Z. 3
towittaa,
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— 99
C.
Luu luu asemele, Bein du, an des Beines Stelle,
Lüge liikme ligemale, Näher, du Gelenk, Gelenke,
Weri were asemele, Blut du, an des Blutes Stelle,
.Soon soone 'asemele ! Sehne, an der Sehne Stelle !
D.
Ehk on wiltind, ehk on wäl- Wenn verstaucht es, wenn
tind, verrenkt es,
Wiltind, wältind wäänula : Wenn verstaucht, verrenkt beim
Rücken :
Taara tarkus, Marja märkus Taara's Weisheit, Maria's
Sinisega siduda, Möge mit dem Blauen binden,
Punasega punuda, 5 Mit dem Rothen es bewinden,
Kollasega koko panna, Mit dem Gelben es vereinen,
Ehk on, isand Jumal, Wenn es etwan, o Herr Gott,
Sino ja mino tahtmine ! Dein Will* und der meinige !
A t B und C sind nur die ehstnische Nachbildung und
breitere Ausführung des zweiten der berühmten merseburger
Gebete (s. die Einleitung), dessen weitere und ausdauernde
Verbreitung unter den germanischen Stammen Grimm am a.
a. 0. S. 1181 f. belegend nachgewiesen. Nach Anleitung die-
ser germanischen Sprüche ist unsere Uebersetzung der An-
sicht, dass die dunkeln Zeilen im Eingange von A und B eine
Bemerkung über die Pferde enthalten müssen , mit denen Je-
sus fährt. Wenn aber Grimm (a. a. O. S. 304), während
er über die neben Wuotan genannten Göttinnen Sinthgunt,
Sünna , Frua und Fulla nichts weiter bemerkt , als dass ihre
Zaubersprüche ohne Erfolg blieben , in Hinsicht auf Wuotan
muthmaasst, der merseburger Spruch denke ihn reitend, giebt
der ehstnische Spruch B es deutlich an, dass Jesus und die
DZ.1 wiltind f Tom ehstn. teilt, »chlef; oder das finn. iviltiöitä,
?
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— 100 —
ihn begleitenden heiligen Frauen im Wagen fahren. Uehrigens
dient er den Ehsten , wie mindestens auch einem Theil der
Germanen , zugleich bei Verrenkungen menschlicher Glieder.
Der Spruch D ist davon vollkommen verschieden ; das in ihm
angedeutete Heilverfahren indess auch andern Völkern nicht
unbekannt. Die Schotten wandten zugleich mit ihrer Fassung
des Spruches A einen Wollenfaden an , in welchen sie neun
Knoten schlugen (s. Grimm a. a. 0. S. 1182).
A Z. 16 soll auch «Maria» zur Heilung des Pferdes mit-
wirken , in genauer Uebereinstimmung mit dem Glauben des
Mittelalters, dem sie auch für die Schützerin des Viehs insbe-
sondere galt (s. Script, rer. Liv. //, 617). Z. 11 f. «Geh'
Gelenk an Gelenk u. s. w.» stimmen auch mit einer Stelle in
dem finnischen Zauberspruch , mittels dessen Lerominkäinen's
Mutter den zerstückelten Leichnam ihres Sohnes zusammen
fügt und wiederbelebt (s. Kaiewala Ges. 15 Z. 371 ff.).
B Z. 4 «Nicht zu wünschen (fügen) wussle Sophia» er-
klärt sich vielleicht aus dem mittelalterlichen Gebrauche des
Wortes sophia für die Begriffe sapientia, prudtntia (s. was
Grimm und Schindler, latein. Gedichte des X. und XI Jh.,
S. 236 darüber anfuhren). Danach könnte die Stelle bedeuten:
das Wissen dieser Welt, die ärztliche Wissenschaft vermochte
nicht zu helfen. Z. 10 ff. sind bereits mit geringer Aenderung
in No. 14 Z. 5 ff. da gewesen.
C ist nur ein Bruchstück , mag indess wohl auch als sol-
ches in Anwendung gekommen sein.
D Z. 4 ff. ist entweder tcötko, beginne, oder on, ist, hin-
zuzudenken , wie denn solche Auslassungen nicht ganz selten
sind. In Kutschina werden bei der Zaubercur drei Wollenfa-
den von der angegebenen Farbe um das erkrankte Glied ge-
bunden ; in Ehstland dagegen , soviel bekannt , nur ein Wol-
lenfaden von rother Farbe, der auch sonst, bei Quetschungen,
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— 10! —
bei Opfern , gegen Zauberei u. s. w. . angewandt wird. Dies
Genügen eines Fadens lehrt, dass er nur Andeutung ist; in
der Kaiewala (Ges. 9 Z. 529 ff.) bildet noch bei einer Zau-
bercur ein Greis aus einem Bündel Seide gute Binden, um die
Wunde Wäinämöinen's zu heilen. Die rolhe Farbe scheint
aber dabei vor andern für wirksam zu gelten. Das Kraut,
welches sie den Ebsten giebt, ist Galium boreale, ebsln. mada-
rady nach Grimm engl, madder, mälara, mattara, ags. modere
(rubia), ahd. meterr (früher wohl matara) , mittellat. febrifugia,
d. i. febrem fugans. Danach nun möchte man annehmen, eben
von dieser Kraft der Pflanze rühre der Glaube an die Kraft
der Farbe her. Und wie jener Name , ist dieser Glaube ver-
breitet. Rolhe Farbe gilt den Deutschen für heilkräftig (s.
Grimm a. a. 0. Ausg. 1 , S. C1V, CVII; aber auch Fäden
anderer Farbe (daselbst, Ausg. 2, S. 1126); den Litthauern
schützt rolhes Band um den Hals der Füllen diese gegen Be-
hexung (s. Tettau u. Temme a. a. 0. S. 273); ein rother
Faden dient den Lappen beim Opfer (s. Scheffer, Lapponia,
S. 126). Verstarken mag es die Kraft der rotben Farbe, wenn
in einigen Gegenden Ehsllands neun Knoten in den Faden,
wie in Schottland, geschlagen werden (s. Hupel, topogr.
Nachr. II , 1 42). Dass auch ein Wollenfaden , den man drei-
mal neunmal mit dem Steine des Baben bestreicht , Verren-
kungen heilt, ist bereits unter No. 22 bemerkt. In den Mit-
theilungen über das ehstuische Volk , welche der ehstnischen
Gesellschaft in Dorpat von dem Dr. G. Schultz in St. Peters-
burg geworden , berichtet er von einer derartigen mit Erfolg
gekrönten Heilung , die ein altes Weib in Dorpat an einem
Küster vom Lande bewirkte.
■
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— 102 —
r •
27. Lauso sönad kaswjate Zauberspruch wider Auswüchse,
wasto.
Kao ära kaswamasta, Schwinden soll hinweg dein
Wachsthum,
Alane nüüd ülesajamast ; Niederschweben dein Aufschwel-
len ;
Päa pealt pehestago , Oben mag dein Haupt vermodern,
Juur alt mädanego ; Unten verwesen deine Wurzel ;
Nönda köik äda kadugo ära, 5 Also schwind' alles Elend von
hinnen,
Kui kaub wana kuu taewast ; Wie alt Licht vom Himmel
schwindet ;
Nönda köik weri lahkugo, Also scheid' allesammt dein Blut,
Kui Maarja weri meist lahkund! Wie Maria's Blut von uns ge-
schieden !
Siis ma sortsin so sooned, Dann bezaubr' ich deine Adern,
Siis ma waalin so woolmed, 10 Dann verschlicht' ich die Ge-
schwülste,
Röhun need rohkmed! Drück' herab das Aufgedrungne !
Seile kolmaino Jumala nimel, isa, Im Namen des dreieinigen Gottes,
poea ja püha waimo , palume des Vaters , des Sohnes und des
meie siin : heiligen Geistes, bitten wir hier:
Isa meie etc. Vater unser etc.
Von den Veränderungen des Mondes die Abnahme und
das Schwinden von Auswüchsen mancherlei Art in Zauber-
sprüchen auf diese oder jene Weise abhängig zu machen , ist
sehr gewöhnlich. So bietet Müllen ho ff (a. a. 0. S. 515) ei-
nen Spruch , den man herzusagen hat , indem man den Mond
im Freien starr anblickt und mit der Hand über Warzen
streicht : was ich ansehe nimmt zu , was ich überstreiche
nimmt ab. Darauf weisen hin Z. 5 f., nur hat von der sie
etwa begleitenden Handlung nichts verlautet. Schwieriger,
weil mehrfach deutbar, ist Z. 8. Da jedoch in No. 26 wie in
27 aus dem Kirchsp. Lais im dor paler Kreise, aufg. t. Kr.
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103 -
vielen deutschen Zaubersprüchen (s. den Spruch zur Blutstil-
lung in der Einleitung u. Möllenhoff a. a. 0. S. 511 ff.)
die Heilung irgend wie mit Christus in Verbindung gebracht
ist: so durfte wohl auch hier der Ausdruck «Marias Blut»
<lca Heiland bezeichnen.
28. Lauso sönad raske lobise Zauberspruch bei einem Schwer -
juures.
Kuu tüuseb,
Koit kerkib,
Päaw peaseb :
Tagane, waenlane,
Siginego terwis !
Sest Jumal kuuleb,
Marja märkab.
Taganego wastased,
Pögenego piinajad,
Wajogo wacnlascd !
Sino ees uso sces,
Jumal, sind ma kuulen,
Anno rohkest leian.
Au siis olgo isale körges,
Poeale ja waimule,
Seile usu andjale !
Amen.
kranken.
Aufsteigt der Mond,
Zwielicht zeigt sich,
Sonne sieget :
Fliehe von hinnen, Feind,
5 Dass Gesundheit gedeihe !
Denn Gott erhöret,
Maria merket.
Gehen mögen die Gegner,
Fliehen fern die Peiniger,
10 Fallen die Feinde hin!
Ja, vor dir glaub' ich hier,
Gott, ich hör' auf dich,
Finde reichlich Gnade.
Ehre dem Vater in der Höhe,
15 Wie dem Sohn und wie dem Geist,
Diesem Glaubenspendenden !
Amen.
Der Sinn dieses Spruches scheint zu sein : wie das Licht
in der Natur allgemach die Dunkelheit mehr und mehr ver-
scheucht , mögen auch Gott und die Jungfrau Maria die bö-
sen Feinde (d. i. wohl : die Zauberer und die von ihnen ge-
sendete Krankheit) bannen und Gesundheit (in No. 14 B Z. 6
durch das Wort wafgus , Helle , Licht , bezeichnet) verleihen.
28 aus dem Kirch sp. Lais im dorpater Kreise, anfg. t. Kr.
Z. 3 peaseb , eigentlich : entkommt , kommt los , wird frei (von dem sie
verfolgenden Ungethum ? Vgl. Script, rar. Liv. /, 54 f.).
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Nach deutschem Aberglauben war Vollmond zum Zaubern
und Sehatzgraben besonders günstig (s. Scheible, Kloster V,
121) und verscheuchte der grauende Morgen (der Hahnen-
schrei) Albe und böse Geister; nach skandinavischem und
lappischem versteinte die Sonne Riesinnen (s. Grimm a. a. 0.
S. 518, d. Brüder Grimm Lieder d. alten Edda S. 44 f. u.
Er man a. a. 0. XII, 61). Ehstnische Vorstellungen vom
Monde s. im Inland 1838 No. 9 Sp. 129 ff.
29. Were sonad. Spruch zur Blutstillung.
Wereke, wereke, ega sa wesi t Blütelein, Blütelein, bist ja
nicht Wasser!
Wereke, wereke, elola mesi, Blütelein, Blütelein, Honig dem
Leben,
Kus sa lähed lätteelta , Wo hinweg vom Quelle wallst du,
Kaud kaewo kaldaalta ? Rinnst du von dem Rand des
Brunnens ?
Kinnita soone kiwiksa, 5 Starke zu Gestein die Ader,
Tarreta were tammesta Härte zu Eichenholz das Blut
Kiwisoone kitsikussa, In des Steingeaders Enge,
Tarreta, Taara, werena ! Härt es, Taara, dass es Blut sei 1
Isa, poig ja püha waim etc. Vater, Sohn und heil'ger Geist etc.
Einen mittellateinischen Spruch aus Kurland, um eine
Blutung zu stillen, hat auch die Einleitung, mehrere deutsche
Müllenhoff a. a. O. S. 511 , einen finnischen in welchem
gleichfalls der Donnergott angerufen wird, die Kaiewala, Ges.
9 Z. 269 IT., aufgenommen. Die Eiche war dem Donnergott
geheiligt, s. No. 2 C Z. 32.
30, Lausomise sönad, kui söögi Zauberspruch, wenn das Verlan-
isu ei ole. gen nach Nahrung fehlt.
Soo, sötf, mis söömine, * Iss, iss, was Speis' ist,
Joo, joo, mis joomine! Trink, trink, was Trank ist!
29 aus dem Dorfe Kntschiaa in Pleskau, aufg. v. Kr.
30 aus Hell er 's Naculass (s. unter No 14).
— 105 -
Wiina wäest, ölle rammust Von des Weins Kraft , von des
Biers Macht
Laiki ise kui leiwakene, Blinke selber wie ein Brötchen,
Paisla ise kui pätsikeoe, 5 Leuchte selber wie ein Laibchen,
Ole ilus kui ahjokene, Sei so wonnig wie die Esse,
Karga kui kuldane karoke! Springe gleich goldenem Bärelcin!
Mesuneele annastaja, Honigsinnen Holdgeneigter,
Taewa riigi roemustaja, Du des Himmelreichs Erfreuer,
Ininieste lunastaja 10 Du der Menschen weit Erlöser
Igawest ning igawest ! Immerdar und immerdar !
Isa meie etc. Vater unser etc.
Die Gegenstände, denen hier Z. 4 ff. der Kranke mit dem
Wunsche verglichen wird, dass er ihnen ähnlich werden möge,
dienen den Ehslen sämnillich und nicht gar selten auch sonst
als Stoff zu Vergleichungen und zu Kose- und Scbmeichelna-
men, vgl. oben No 5 A Z. 40 u. No. 14 A Z. 2 : «Blutkloss,
Kuchen, Brotchen»; No. 9 B Z. 36 «Ofen» u. Ehstn. Volksl.
S. 41 1 A «Bär», was denn die Einleitung selbst als Beinamen
des Donnerers Taara aufgewiesen hat. Z. 8 ff. , welche den
Namen Christi umschreiben , stehn ohne Verbindung mit dem»
Vorangegangenen und Nachfolgenden als blosser Ausruf da,
der wohl durch die ehstnische Angabe unter No. 19 seine
Erklärung erhält: «es müsse, solle der Spruch wirken, dabei
ein heiliger Name genannt werden». Von einem anderweiti-
gen , den Spruch begleitenden ärztlichen Verfahren ist nichts
bekannt geworden.
Dagegen fehlt uns der bei der nachfolgenden' Behandlung
eines dreijährigen kranken Kindes angewandte Zauberspruch.
Das Kind hatte seit Monaten an der Darrsucht gelitten , war
von den geschicktesten Aerzten Dorpats behandelt worden,
schritt aber nichts desto minder täglich dem Grabe näher. Da
kommt zufällig eine alte Bäuerin vom Peipussee herzu , um
Getraide einzukaufen, hört von der Sache und wünscht das
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I
— 106 —
Kind zu sehen. Gnädige Frau , spricht sie , euer Kind kann
bald genesen, wenn ihr mir vertrauen wollt. Nach langem
Bedenken entschliesst sich die Mutter; doch muss die Ehstin
ihr zuvor mittheilen , was sie mit dem Kinde beginnen werde.
Darauf geht dieselbe an den nächsten Bach , Gscht sich neun
Muscheln , kocht sie mit Wasser, murmelt ihren Zauber über
die Brühe und lässl davon das Kind einige Löffel voll trinken.
Und von Stunde an hat das Kind wieder Esslust und geoeset
ohne weitere Arznei.
31. Silma korra tcasto. Spruch wider Augenenizündung.
Selge silma sala seadja, Klaren Augs geheimer Ordner,
Selge silma soojetaja, Klaren Auges Ueberwacher,
Karga korda kooremaie, Spring das Maal hin wegzurahmeo,
Karga keime keelamaie, Spring dem grauen Staar zu
wehren,
Wota wöimu siuge silmist, 5 Kraft entwend der Otter Augen,
Selitusta nirgi näusta , Klarheit aus des Wiesels Anblick,
Rongo kulmust kustutust, Löschung von der Braue Ron go's,
Latte tengala terwilust ! Heilung für die Quellendenge !
Dieser Spruch ist ein Gebet an die Gottheit einer Quelle,
der eine Denge, eine kleine russische Kupfermünze, zum Opfer
gebracht wird, damit sie bei einem Augeuübel helfen und der
Entstehung eines Maales oder des Staares vorbeugen möge.
Wie sich aus dem Alterthum zahlreiche Spuren zumal in Na-
tur- und Ortsnamen von der Verehrung der Gewässer und
ihrer Kräfte erhalten haben (vgl. Das Inland 1 852 No. 49 f.
Sp. 906 ff.), so werden ihnen noch gegenwärtig Heilkräfte
zugetraut und zumal das Wasser der sogenannten , zahlreich
vorhandenen silma hallikad , Augenquellen , gegen mancherlei
Uebel (vgl. unten No. 32 u. 33) angewandt. Als im J. 1836
3t aus dem Dorfe KuUchina in Plcskau, aufg. v. Kr.
-
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- 107 —
P. Zöge von Manteaffel und G. Schultz den Quell Udu-
hallikas, drei Werste vom Pastorat Pillislfer im felliner Kreise,
untersuchten , fanden sie in ihm ausser Schüsseln und Stück-
chen von Schmelz, Glas und Metall etwa dreissig Münzen,
worunter einige von Silber , die Mehrzahl von Kupfer , und
zwar zu oberst russische, unter diesen schwedische und zu
unterst heermeisterliche , offenbar dargebrachte Opfer. Unfern
der Kirche Rappel in Harrien fand Schultz in einem Silma-
hallikas (litth. szaltinnis) auf der Oberfläche bunte Schnitzel,
Perlen und Wollenfaden schwimmen , auf dem Grunde aber
eine bedeutende Anzahl zum kleinern Theil silberner Kopeken,
den jüngsten vom J. 1831, schwedische Münzen, Erbsen und
Gerstenkörner. Das Verfahren bei Anwendung des Wassers
zu Heilzwecken beschreibt Schultz folgendermaassen. Eine
Münze wird an den erkrankten Theil des Gliedes gedrückt
und wo möglich mit dem Eiter in Berührung gebracht und
dann dreimal mit der Sonne von Osten nach Westen (vgl.
oben die Anmerkung zu No. 14) um das leidende Glied r bei
Augenkrankheiten um den Kopf herumgeführt. Darauf füllt
der Zauberarzt, der meist in der Nähe der Quelle wohnt, ein
Gefäss mit dem Quellwasser (ahd. heilatcdc ?) , bespricht es
mit Worten , die nach der Versicherung eines solchen «üsna
kallid altari sönad» , d. i. lauter theuere Altarworte, sind, und
der kranke Theil wird gewaschen. Der Kranke aber pflegt
wohl noch einige Tage am Quell zu weilen, macht sich Feuer
an und kocht das Wasser mit manchen abergläubischen Ge-
bräuchen. Damit stimmten im Wesentlichen die Angaben des
Ehsten vom Dorfe Kutschina überein, der noch bemerkte,
dass das vorstehende Gebet vom Zauberer gesprochen werde,
während die Münze in den Quell falle. Dass auch andere
Völker sich des Wassers gewisser Quellen zu Heilungen be-
dienen, ist bekannt; Augenheilquellen insonderheit aber ken-
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— 108 -
nen die Russen und das Volk in Preussen (s. Sacharow a. a.
O. S. I, 143 f. u. Tettau und Temme a. a. 0. S. 176 f. u.
216 f.); auch der Bach des heiligen Agilus gab Blinden das
Gesicht wieder (s. Grimm a. a. 0. S. 554.)
Z. 5 f. scheinen «Otter (eigentlich Schlange) und Wiesel»
wohl nur erwähnt, weil ihr Gesicht für scharf gehalten wird;
mindestens ist von einem besondern Verhältniss zwischen die-
sen Thiereir und den Quellen , wie etwa , was die Schlange
betrifft, bei Germanen und Andern (s. Grimm a. a. 0. S.
551, 553 f.), nichts bekannt geworden. Z. 7 scheint «Kongo»
Name eines Wassergeistes und gleichbedeutend zu sein mit
Rongotus, Rongutus. Eine Gottheit dieses. Namens hört man
zuweilen in Ehstland Kinderwärterinnen beim Baden kranker
Kinder um höbern Beistand anrufen. Der Name wird wohl
vom finn. ronkua, ronguttaa, krächzen, murrend klagen, ab-
geleitet sein, ähnlich wie der See Kidijänc seinen Namen vom
finn. küistä , klagend tönen , jammern *) , hat und ein anderer
Wassergeist in den Ehsln. Volksl. S. 103 als lätte lesk, Quel-
lenwittwe , bezeichnet ist. Diese und ähnliche Namen deuten
die Heilkräfte der Gewässer an, wie aus der finnischen Mythe
von der Nixe Küron-neito , Schmerzensmaid, und deren Fluss
Kiiron-koski , Quell oder Wasserfall des Schmerzes, wird sie
mit den ehstnischen Ueberlieferungrn von der klagenden Nixe
ÄtVro und dem Heilquell Köoro in Oesel verglichen (vgl.
Ehstn. Volksl. S. 131 Z. 27 u. Das Inland 1852 No. 49 Sp.
907), zu ersehen ist. Die Beziehung, die unser Spruch auf
Rongo nimmt, ist also nicht unpassend. Allein wird diese Er-
klärung von Rongo und Rongutus nicht sehr zweifelhaft durch
*) Auch ein Hochmoor , das ausser dem Moose nur noch verkrüppelte
Zwergtannen zu ernähren vermag, nennt der Ehsle zuweilen kidrina soo, wel-
ches auf das mit dem Ann. kitittä verwandle kidur, kränklich, weist.
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die ältere Ueberlieferung Agricola's, dass Ronkoteus ein ka-
relischer Gott der Saaten (s. Monumenta hiv. antiq. J, 29) ge-
wesen? So wenig, scheint es, dass vielmehr dieser Gott selbst,
zu dessen Namen Renvall die Bemerkung macht vox auribus
Finnorum barbara , erst jetzt eine Bestätigung erhalten dürfte.
Was zuvörderst die Form anlangt, so giebt es eine Anzahl
ehst - und Uvländischer Ortsnamen , die in der allen Ueberlie-
ferung sich auf oys, ois zu endigen pflegen, deren rein ehstni-
sche Form aber auf us (entweder einem Gnn. t|5 oder ««5 ent-
sprechend) auslautet (vgl. Das Inland 1853 No. 14 Sp. 286).
Diese Endung ois ist von eus lediglich in der Schreibung ver-
schieden ; das ehstländische Landgut Tois Gndet man in Ur-
kunden auch Teus geschrieben. Ronkoteus weist auf ein ehsln.
Rongotus, Rongulus. Was nun aber die Bedeutung von Ronko-
teus anlangt , so bezeugt eine ehstnische Ueberlieferung , dass
einzelne Heilquellen auch zugleich als Wetterquellen, von de-
nen Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit abhing (vgl. unten
No. 34), verehrt worden sind. Danach drängt sich die An-
nahme auf, Rongutus, dem Gott einer Heil- und. Wetter-
quelle, müsse irgendwo, weil sein rechtzeitiger Regen den
Saaten für förderlich galt, vornehmlich als Saaten- und Ernte-
gotte Verehrung gezollt worden sein. Stender (Lett. Gram.,
Aufl. 2, S. 268) führt das lett. Rungis, Rudsu-RuBgis als Na-
men des Korn zuführenden und beim Mahlen aufschüttenden
Albes an und meint , es hänge mit runzis , Kater , zusammen,
da der Alb sich als Kater bei seinem Herrn aufhalten solle.
Allein der Uebergang von z in 9, oder umgekehrt, wäre kei-
neswegs in der Ordnung (s. Rosenberger, Formenlehre der
lett. Sprache, S. 23) , und so dürfte eher an eine Verwandt-
schaft mit dem ehstn. Rongo , Rongutus zu denken sein , wel-
ches die Letten sowohl begrifflich herabgesetzt als lautlich ge-
— 110 —
schwächt hallen *). Endlich ist das Wort tkustusus, Löschung»,
in dieser Verbindung bezeichnend für den Begriff, der ur-
sprunglich in dem ehstn. tca/o, Schmerz, Qual, gelegen. Waio
(Gnn. tca/o, Licht, Schmerz) ist das lelt. kwehle, Gluth, Ent-
zündung (sohbu kwehle, Zahnweh) von kwehleht, glühen, glim-
men, schwelen.
32. Toise wiha ära tcötta. Den Zorn eines Andern zu
bannen.
A.
Feucht den Quast , du heil'ge
Quelle ! '
Fluth der Quelle, Honigwelle
Nehme den Zorn vom Gequä-
steten.
Kurjad sönad, kade keeled Bösen Worten, neid'schen Zungen
Keela, wihta, neela, wihta, 5 Wehre, Quast du, zehr sie,
Quast du,
Rasta wihta, püha läte!
Latte wesi, sala mesi
Wötko wiha wiheltettust.
Warja waese orja pihta !
Purmandalle, pääle, pääle I
Kurjus, tällapuude alla !
Schütz des armen Knechtes
Schultern !
Auf den Boden, auf, hinauf denn!
Unter des Bodens Gebälk , Er-
bossung !
B.
Sahsa wiha wotmise sonad. Spruch den Zorn des Herrn zu
bannen.
Bruchstück.
Saksad porando alla, Hin die Herrschaft untern
Boden,
Teie porando peale ! Ihr doch auf den Boden oben !
Saksa wiha wikatisse, In die Sense der Zorn des Herrn,
Mesimeele teie wasto ! Honigsinn doch gegen euch !
*) Vergl. Castren's Vorlesungen über die finnische Mythologie S. 319
und Sjögren'« Anmerkung zu S.53 des Werkes : Der Ehsien abergläubische
Weise und Gewohnheiten, von Joh. Wolfg. Boeder. Seh.
32 A aus dem Dorfe Kutschina in Pleskau, B aus Strand- WierL aufg. r. Kr.
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— Iii —
Es war längst bekannt, dass die Ehsten die Meinung heg-
ten, ihre Zauberer hatten die Macht, den Zorn der Herrschaft
gegen ihre Untergebenen besänftigen und bannen zu können,
und aus einem Zauberspruche dieser Art rührt das Bruch-
stück B her. Zu Anfang dieses Jahrhunderts nehmlich hatten
sich drei Ehsten , sämmtlich arge Säufer und in Folge dessen
nicht selten vom Unwillen der Herrschaft und deren Züchti-
gung getroffen , um sich dagegen zu schützen von einem so-
genannten Zurnbanner im Dampfbade bebandeln lassen. Er
hatte zu der üblichen Befeuchtung des aus belaubten Birken-
ruthen gebundenen Badequastes anstatt des Wassers Brannt-
wein genommen , in welchen er ein paar Tropfen vom Blute
der Leute , das er sich geben lassen , gemischt , weil alsdann
die Wirkung unfehlbar wäre. Alle drei aber wurden darauf
sch wermülhig , weil sie ineinten , ihre Seele dem Bösen ver-
kauft zu haben. Der eine sah sich Tag und Nacht von kleinen
Teufeln in der Gestalt von Mücken , der andere von ihnen in
der Gestalt von Katzen und Ratten umschwärmt und verfolgt
(Säuferwahnsinn ?) ; der erste erhängte , der andere ertränkte
sich. Nachdem der dritte einige Wochen lang öfter , wie gei-
stesabwesend , unter Bäumen gebetet hatte , genas er endlich,
wie er sich überzeugt hielt, bloss weil er sein piut dem Zau-
berer nicht gegeben , und war fortan von seiner Trunksucht
geheilt. Dieser wussle noch nachmals sich des Bruchstückes
B zu erinnern, da der Zornbanner, während er die Leidenden
quästete, diese Zeilen unter andern häufig wiederholt halte.
Der verwandte Spruch A, ein Gebet an die Gottheit der Quelle,
scheint dagegen, darf man die Ueberschrift so auslegen,
die allgemeinere Bestimmung zu haben, den Zorn Anderer
überhaupt zu bannen, und lässt sich im Dampfbade am Was-
ser der heiligen Quelle genügen. «Heilige Quelle» könnte
auch, wie bei einigen Flüssen und Seen, Eigenname sein (vgl.
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— 114 —
Das Inland 1 852 No. 49 f. Sp. 906 ff.). Einen kleinen Spruch
zur Bannung der Schmerzen bei Leibesstrafen brachte das In-
land 1853 No. 20 Sp. 419.
A Z. 7 wünscht und bannt den unter dem Zorn eines
Andern Leidenden als Sieger oben auf den Fussboden , Z. 8
die Erbossung des Andern als besiegt unter den Fussboden.
Aehnliches , bald schärfer , bald milder ausgedrückt , kehrt in
den Zaubersprüchen häufig wieder , s. No. 1 3 B Z. 5 u. No.
14 ,4 Z. 3 f.
B Z. 3 bannt den Zorn in die Sense , damit er sich hier
dem Menschen unschädlich Luft machen könne. Der in den
Volksliedern öfter vorkommende Ausdruck «teikati , teihane
rauda, d. i. die Sense, ein zorniges Eisen» (s. Ehstn. Volks].
S. 337 £), könnte sich daraus erklären.
33. Närbiko latsele kosuks. Einem schwächlichen Kinde
zum Gedeihn.
Lälte kaisust, lätte paisust Aus des Quells Arm, aus des
Quells Schwall
Latse loomiko kosu, Wohlgedeihn dem Geschöpfchen,
Latse loomiko isu ! Esslust diesem Geschöpfchen !
Latte wesi wenitago, Mag des Quelles Fluth es fordern,
Lätte käste kaswatago, 5 Mag des Quelles Thau es treiben,
Latte süda sirutago ! Mag des Quelles Herz es strecken!
Während dieser Segen gesprochen wird, werden dem
Kinde einige Löffel voll vom Wasser der heilkräftigen Quelle
eingeflösst.
34. Hüwa ilma pärast. Spruch guter Witterung wegen.
Kündijalle, külwijalle, Ackermännern, Säemannern,
Mulla pörmo pöorajalle, Des Erdbodens Unterstürzern,
33 u. 34 aas dem Dorfe Kulschina in Pletluu, aufg. v. Kr.
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■
113 —
Seemne iwa segajale,
Topra terwitusele
Den Versenkern des Saatkornes,
Der Gesundheit des Yiehstandes
Läse läte lahedasta
Hüwa ilma ilutseda !
5 Lasse lindgesinnt der Quellborn
Gutes Wetter glücklich glänzen!
Töura, Toura, lass das Brüllen:
Weh hinweg die bösen Wolken!
Wetterquellborn, Sohn des Vaters,
Toura, Töura, ara möura
Pilluta pilweid pahaseid !
Ilma läte, üsa poiga,
Wöta nurmi Önnista !
1 0 Wolle du die Felder segnen !
Der Wetterquellen, auch eines Nebelquells (Udu-hallikas)*
dessen Name ihn als Wetterquell zu kennzeichnen scheint, ist
bereits unter No. 31 beiläuGg gedacht worden. Die älteste
ausführliche Nachricht, die uns von solchen Gewässern zu-
gekommen ist, rührt noch aus der Mitte des siebzehnten Jahr-
hunderts her von Gutslaff (a. a. O. besonders S, 209 ff.).
Nach ihm ward der Bach Wöhanda im Süden des dorpater
Kreises sorgsam rein gehalten , jährlich gesäubert und nicht
nur wegen der kommenden Witterung befragt, sondern auch
der Flussgott, der zuweilen als ein Kerl mit einem blauen und
einem gelben Strumpf erschien, wie denn Flussnixen noch
gegenwärtig gesehn werden, mit einem Opfer von schwarzen
Rindern, ja vormals, wie man sich noch erinnern wollen, im
äussersten Falle selbst von Kindern versöhnt und der Bitte
willfährig gemacht. Und so fest war damals noch der Glaube
der Ehsten und Letten an die Macht des Gottes über das Wet-
ter , dass ein Aufstand des Volkes erfolgte , als einige Jahre
durch eine unfruchtbare Witterung angehalten hatte, denn
lediglich dem Umstände ward sie zugeschrieben, dass der
Bach durch eine Mühle und deren Grundpfähle gestaut und
gehemmt worden war. Das dulde er nicht, behauptete das
Volk ; werde etwas in den Quellborn oder in den See Ilmjärw
(Wettersee), den der Bach durchströmte, hineingeworfen, so
entstehe Unwetter. Auf die Frage , wie denn von Gewässern
8
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— 114 —
die Witterung abhängen könne , lautete die Antwort : «es ist
unser alter Glaube , die Alten haben uns also gelehret». Wie
man diese Antwort auch erklären möge, die Sage vom Emo-
järw (See Eim; s. Das Inland 1852 No. 49 Sp. 907 f.) be-
weist klärlich , dass die Ehsten der Vorzeit durch die aller-
dings dazu geeigneten Naturerscheinungen ihres Landes zu
der Einsicht gekommen, wie sich aus den aufsteigenden Dun-
sten der Gewässer die Wolken bildeten. Vgl. auch eine ver-
wandte lettische Sage bei E. Pabst, Emma rediviva, S. 12.
Dass aber der Glaube an die Macht der Wetterquellen
noch immer nicht ganz erloschen sei, möge das Nachfolgende
darthun. Im Norden des dorpater Kreises unfern der Land-
kirche Lais ist auf einer Anhöhe , welche für die höchste je-
ner ebenen Gegend gilt, eine Quelle, die den Namen püha 77-
ma-hallilias, d. i. heilige Wetterquelle, führt und von der eine
grosse Anzahl der dortigen Ebsten sich noch jetzt überzeugt
hält, sie vermöge den Lauf der Gewitterwolken zu lenken.
Zieht eine Schlossenwolke, wie wohl zu geschehen pflegt, mit
hörbarem Sausen über die Anhöhe hin , so sagen sie : «Die
Quelle spricht mit der Wolke», oder : «sie sind verschiedener
Meinung; die Quelle will ihr Recht behaupten». Von ihren
Vorfahren, erzählen sie, hätten sie vernommen, dass der Quelle
vormals zu bestimmten Zeiten Opfer dargebracht worden, und
wer dies unterlassen, dessen Aecker hätte gewöhnlich ein Ha-
gelschlag beschädigt. Ihre Tiefe auszumessen, wäre noch nie-
manden gelungen : sie wäre bodenlos. Muthwillig hätteu einst
einige Jünglinge, so erzählte ein Ehste nach der Ueberliefe-
rung alter Leute, an einem Sonntagnachmittag lauge Seile zu-
sammen gebunden, an einen eisernen Kessel befestigt und
diesen in die Quelle hinabgelassen , aber den Grund nicht er-
reichen können. Wieder aufgewunden , hätte der Kessel den
Schädel eines Ziegenbockes mit den Hörnern zu Tage geför-
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-
dert. Da wären alte Leute herzugekommen und hätten die
thörichte Jugend gescholten , dass sie die Ruhe der heiligen
Quelle gestört. Solcher Schädel könnten sie hunderte hervor-
ziehn , denn alle Schädel der vormals geopferten Ziegenböcke
lägen in der Quelle begraben ; allein die Strafe für die frevel-
hafte Entweihung des Heiligthums würde sicher nicht aus-
bleiben. Und so war es wirklich gewesen. Eine der nächst-
folgenden Gewitterwolken hätte soviel Schlössen geschleudert,
dass fast alle Aecker der Umgegend wären verheert worden.
Er selbst aber, der Erzähler, habe noch in seiner Jugend ge-
sehn , wie man kleine Münzen in die Quelle opfernd gewor-
fen, um die Aecker vor Hagelschlag zu schützen. Auch sei
das Wasser der Quelle gegen viele Krankheiten angewandt
worden und zumal gegen Augenkranheiten heilsamer als jede
Arznei gewesen.
Diesen ehstnischen auffallend ähnliche Vorstellungen aus
dem westlichen Europa hat Grimm a. a. 0. S. 563 ff. nach-
gewiesen und gesammelt Ein Auszug daraus "wird hier Raum
öd den dürfen. In Catalonien lag auf einem Berge ein uner-
gründlicher See , der, als wäre der Gott in ihm beleidigt, ein
Unwetter sandte , sobald ein Stein oder anderer fester Gegen-
stand in ihn geworfen ward. Auf einem Berge, unfern Badens
im Schwarzwalde , liegt auch der Mummelsee ; warf man ei-
nen oder mehrere Steine hinein, so entstand ein Unwetter mit
Schlössen und Sturm. Einst, als Hirten am See ihr Vieh hü-
teten, entstieg ihm ein brauner Stier, der indess von einem
ihm nachgekommenen Männlein alsbald zurückgetrieben ward
(s. d. Brüder Grimm deut. Sagen I, 73 f.). Als man die Tiefe
des Sees von einem Flosse aus ermessen wollte, begann es
zu sinken. In ähnlichem Falle rief der Titisee: o missest du
mich , so fresse ich dich». In den Huntsöe senkte man an ei-
nem Seil ein Pflugeisen hinunter ihn zu messen und als man
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durch die Drohungen der Geister geschreckt , das Seil aufzog,
hing statt des Eisens ein alter Pferdeschädel dran. Eine Nach-
richt aus dem sechsten Jahrhundert erzählt von einem dreitä-
gigen Opferfeste an einem See beim Berge Heianus in Gevau-
dan , dem am vierten Tage ein Unwetter mit Regen und Ge-
witter folgte. Dass schon in griechischen Mythen der Einfluss
der Gewässer auf die Witterung einen Ausdruck gefunden,
hat Forchhammer gewiesen.
Z. 3 ist nicht ganz deutlich , was unter asegajale» zu ver-
stehn sei ; segama ist mengen , aber auch erschüttern , heftig
bewegen. Z. 7 f. ist «Toura», der angerufen wird, das Brül-
len zu lassen und, wie Pikker in dem von Gutslaff aufbe-
wahrten Gebete «des Donnerpfaffen» (s. Grimm a. a. 0. S.
160), die bösen Wolken zu zerstreuen, doch wohl wahr-
scheinlich eine Bezeichnung des Quellgottes; oder vielmehr
der von ihm ausgesandten Gewitterwolke ? Erwägt man aber,
dass im Ehstnischen, wie anderweit, von einem mit Fluss,
See , Meer in Verbindung gebrachten schwarzen oder grauen
Rinde öfter die Rede ist (vgl. Ehstn. Volks]. S. 52, 55 u.
232 Z. 22) , ferner dass Seen in der Gestalt von Rindern ihr
früheres Becken verlassen, endlich dass mourama der eigentli-
che Ausdruck für das Brüllen des Rindes ist : so wird toura
. schwerlich etwas anders sein können, als eine Nebenform für
das gewöhnliche töuras , Rind , Vieh. Das scheint denn wohl
der im Inland a. a. O. aufgestellten Deutung dieses Wasser-
rindes (mit goldnen Hörnern , nach der daselbst angeführten
Sage) als einer Gewitterwolke gar sehr das Wort zu reden,
zumal das Volk neben mourama auch das gleichbedeutende
ammuma in bildlicher Rede zuweilen für das gebräuchlichere
mürisema, donnern (vgl. die Einleitung), verwendet. Z. 9 wird
der Wetterquell ein «Sohn des Vaters» (Taara's?) genannt,
wie in einem Liede, welches in den Ehstn. Volksl. S. 103
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— 117 —
(u. 456) mitgetheilt ist, fünf Wassergeister als Kinder und
bestimmter als Pflegekinder bei dem Becher des Gottes des
Gewitterregens bezeichnet und aufgezählt sind. Z. 10 ist un-
vollzählig und des Stabreims verlustig 'gegangen ; hergestellt
würde sie lauten : Ota (finnisch) oder ota nurmi onnistada.
Eingang und Schluss des Spruches behandeln den Wassergott
als einen Gott der Saaten (vgl. oben No. 31).
3ö. Karja sonad.
Püha Jüri, pitka saksa,
Söö soost sammelida,
Moöda järwest mätasida !
Ära puudu poisikessa,
Ära katsu mino karja,
Ära waata mo wasikat,
•
Mino waese warsakista,
Meie talo tallesida !
Las' kaia mo kari kaugeella,
Lambad laial mul laduda, 10
Las' mo sead sigineda !
Hüppa, tallekene, karju, tal-
lekene,
Karga, tallekene, kuusikus,
Käi sa, tallekene, kaasikus!
Ära waata wasikat, 15
Ära puudu poisikesi !
Spruch für die Herde.
A.
Heil'ger Jürgen, hoher Herre,
Iss das Moos doch aus dem Moore,
An dem See hinab vom Rasen!
Rühr nicht an die Hirtenknaben,
Greif nicht her in meine Herde,
Schaue nicht auf mein Kälbchen
her,
Nicht auf dies mein armes Föhl-
chen,
Auf die Lämmer unsers Hauses !
-
Lass meine Herd' in Frieden
fern gehn,
Mir die Schafe weithin wandern.
Lass gedeihen meine Schweine !
Tummle dich, du Lämmchen,
kreische, du mein Lämmchen,
Tummle dich, du Lämmchen, im
Tannenwald,
Laufe , du mein Lämmchen , im
Birkenwald !
Schau nicht auf mein Kälb-
chen her,
Rühr nicht an die Hirtenbuben !
33 aus dem Kirchsp. Koddafer im dorpater Kreise, B aus Strand - Wier-
land, beide aufg. t. Kr.
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— 118 —
Edemale cioa maale,
Lahemale liiwakule,
Mino kannis karjakene !
Kodust lähed, kodu tule,
Kodu kaswa kui kase oks !
Weiter weg zur Wies' hin-
über,
Näher her zum sand'gen Hügel,
Du mein holdes schönes Herd-
chen!
Wallst vom Hause , kehrst nach
Hanse,
Wachs im Haus wie ein Birken-
zweig I
B.
Lausomise sönad, kui keuxtde
karja lastakse.
Sdo aga rohtu rohkeesla,
Katsu kästet, lako wetta,
Ära sa wilja wilista,
Ära kaero karista,
Mino ella karjakene! 5
Sorgateile, sarwetelle,
Ole ilus kui kuningas!
Müra, mees, ja öiska, mees,
Siis saad jouda jöudo, mees !
Wöta rammo rohkeste,
Lihawaste, linnokene,
Tugewasta, tourakene,
Mino ella kallis karja pyl !
10
Zauberspruch , wann die Herde
im Frühjahr ausgetrieben wird.
Iss nun reichlich von dem
Rasen,
Kost vom Thaue, schlürfe Wasser,
Lass nicht das Getraid' ertönen,
Lass das Haberrohr nicht rufen,
Du mein holdes liebes Herdchen!
Spring auf Klauen , stoss mit
Hörnern,
Sei so wonnig wie der König !
Johle, Mann, und jauchze, Mann,
Wirst an Kraft dann kräftig,
Mann :
Nimm an Stärke stattlich zu,
Werde feist auch, "du Vögelein,
Werde stämmig, du Stierelein,
Du mein holder theurer Herden-
buir !
Der HirtensegeD A beginnt mit einem Gebet an den —
Wolf, der noch gegenwärtig bei den Ehsten bekanntlich den
Ehren - und Schmeichelnamen püha Juri, d. i. heiliger Jür-
BZ.fl Sorgatelle f (vom flau, iorkkia , mit gospaltenen Hufon gebn) ;
sarwetelle f
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— 119 —
gen, führt, was an die Weise erinnert, wie die Finnen (und
Samojeden) bei Festen und in Zaubersprüchen den Bären,
auch noch wann er bereits erlegt worden, ehrend und schmei-
chelnd behandeln (s. Kaiewala Ges. 32 Z. 315 ff. u. Ges. 46
Z. 63 ff.). Von dieser Verehrung für den Bären mögen die
Khsten , die seiner jetzt seltner ansichtig werden , einiges auf
den Wolf übertragen haben , obwohl die* Scheu und Verehr
rung vor ihm nicht minder hoch ins Alterthum hinaufreichen
wird. Noch jetzt nennt man ihn auch metsa tcana , d. i. des
Waldes Alten, nach Hupel metsa Töl (was ein Riesennamc).
Auch anderweit stand er in hohem Ansehn. Die Letten nen-
nen ihn nach Stender (a. a. 0. S. 266) mescha deews, d. i.
des Waldes Gott. Und wie die Ehsten auch den heiligen Georg
selbst um Schutz der Herden anrufen (s. Ehstn. Volksl. S. 68,
wo eine andere Fassung des Spruches A abgedruckt ist) , fle-
hen darum zu ihm neben andern Heiligen auch die russischen
Beschwörer in Sibirien ; ein deutscher Hirtensegen dagegen
ruft «sant Wolfgang» an wider Wolf und Fuchs (s. Erman
a. a. 0. VIII, 626 u. Grimm a. a. 0. S. 1 189) und die al-
ten Römer nach einigen den Gott Lupercus. Ob unsern Sprü-
chen aber auch irgend eine begleitende Handlung zur Ver-
stärkung mag hinzugefügt worden sein , ist nicht bekannt ;
doch werden beim ersten Ausgange des Viehs im Frühjahr,
wie auch sonst, von Vielen eine nicht kleine Anzahl aber»
gläubischer Gebräuche, die zum Theil mit denen anderer Völ-
ker stimmen, in Ausübung gebracht (s. Gressel's Ma-ratwoa
Kalender 1836 u. 1839 im Anhange u. Grimm a. a. 0.,
Ausg. 1, S. LXXXVI u. CXX ff. u. Ausg. 2, S. 576).
A Z. 1 erinnert «pitka» (lang) an die Beinamen des Don-
nergottes Pitkne und Pikker. Z. 5 ist «katsu» (berühre, suche,
besuche , versuche) , nach der folgenden Zeile zu schliesseu,
-
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— 120 —
ursprünglich wohl im Sinne des finn. kalsoa, schauen, an-
schauen, genommen worden.
B Z. 3 f. sind dunkel. Gemeint wird sein, das Vieh solle
nicht die Saaten anrühren, gleichsam nicht in die Halme hin-
einblasen in seiner Munterkeit. Das ehstn. karütama, züchti-
gen, bestrafen , wäre also im Sinne des finn. karistaa , strepi-
tum eiere, gebraucht. Z. 8 f. ist «mm, Mann», Anrede an
den Stier. Uebrigens erinnert dieser Spruch an ein Hochzeits-
lied , welches in den Ehstn. Volksl. S. 444 f. unter D abge-
druckt ist , neben der daselbst angegebenen Ueberschrift aber
in der Hndsch . noch die Ueberschrift «Kar ja laut» (Herden-
lied) führt, so dass ihm wahrscheinlich ein unserm Zauber-
spruche verwandter zu Grunde liegt.
Nachtrag.
Drei Zaubersprüche aus dem Fellinschcn*).
36. Tulxhänna hinnvpanemine. Bannung des Feuerdrachen.
Maa sigawusest ja meere sü- Aus der Erde Tiefe und des
gawasest, Meeres Tiefe,
Taewa körgusest ja taewa laiu- Aus des Himmels Höhe und des
sest, Himmels Breite,
Köigest ilma otsast ja koigest Aus allen Weitenden und allen
taewa taht'dest, Himmels Sternen,
Üheksamast kuust ja üheksamast Aus dem neunten Monat und neun-
paäwast, ten Tage,
Üheksamast tuulest ja üheksa- Aus dem neunten Wind und neun-
mast wihmast, 5 ten Regen,
Üheksamast puust ja üheksamast Aus dem neunten Baum und neun-
kiwist, ten Steine,
•) Von dem Kronslandraesser J. Lagos (sie)
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— 121 —
Pöua sitikist ja maa martikist, Aus der Dorre Käfern und der
Erde Gewürm,
Mere wahust ja maa mullast, Aus des Meeres Schaum und der
Erde Staube,
Noia wöist ja soo roostest, AusHexenbutierundMoorgalle(?),
Nahkmunast ja lina lemlist, 1 0 Aus bäut'gem Ei und Flachsscha-
ben,
Karbse seenist ja wana päkest, Aus Fliegenschwämmen und al-
tem Geschwür,
Lua kontsest ja wiha rootsest. Aus des Besens Stumpf und dem
Quastenende.
Kes sa köigest tühjast ja Iah- Der du aus allem Leeren und
jast koko korjatud ja tuulde saa- Schweren zusammen gelesen und
detud oled — saago sa pörgo in den Wind gesendet bist —
hauda sügawase auku raud tulba mögest du in der Grube der Höl-
külge kinni pandud ahilatega iga- lengruftliefe an einem eisernen
weste. Pfosten festgebannt sein mit Ket-
ten ewiglich.
Dieser Spruch schliesst sich zunächst an No. 1 6 an. Auf
S. 80 folg. hat Neus bereits auf die doppelte Bedeutung des
Wortes tulihänd aufmerksam gemacht. Im Finnischen entspricht
demselben der bei Castren, Vorlesungen über die finnische
Mythologie S. 165 folg. ausführlich besprochene Para, der
freilich aus weniger furchtbaren Bestandteilen zusammenge-
setzt ist. Z. 9. Ueber noia tcot Hexenbutter vgl. man Kreutz-
wald zu Boeder S. 144; soo rooste, auch soo sap (Sumpf-
galle) und soo uriha (Sumpf-Zorn) genannt, ist nach Kreutz-
walds Angabe die glänzend schillernde bräunliche Haut, die
sich bei grosser Dürre auf stagnirendem Wasser bildet , und,
wie die Ehsten behaupten, soll diese Haut ätzend wirken und
die Füsse wund machen. Z. 10 nahkmuna «Federei» ein Ei
ohne Kalkschale, s. Kreutzwald a. a. 0. S. 123: lina-letn-
Hst übersetzt Kreutzwald «aus Flacbsschäben», bemerkt je-
doch zugleich , dass das Wort ihm sonst unbekannt ist ; zur
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— 122 —
Erklärung könnte man vielleicht das finnische liemen , flaum-
ähnliches Haar oder Wolle, vergleichen. Z. 1 1 , zu päk be-
merkt Kreutzwald, dass damit im Revalschen ein fressendes
Geschwür (im Finnischen päkiä oder päkkä , dickeres Fleisch
z. B. unter dem Fusse) , im Dörptschen der Daumen bezeich-
net werde; mit Recht zieht er die erstere Bedeutung vor.
Z. 12, luakonts scheint nach Kreutzwald einen alten abge-
nutzten Besen zu bedeuten ; gleichen Sinn muss auch wiha-
rotns haben ; wiht heisst die Badequaste ; roots im Dörptschen
ein Stengel, rootsik ein Strunk; im Finnischen ist das ent-
sprechende Wort ruoto % das ursprünglich «Fischgräte» bedeutet.
37. Nikatuse sönad. Spruch wider die Verrenkung.
Bruchstück.
Nikastus, nimetamata, Du Verrenkung, ungenannte,
Libe labe, lausumata ! Glatt und eben unbesprochen !
Seu need siniscd löngad, Bind diese blauen Garne,
Punu need punased paelad, Flechte diese rothen Bänder,
Tissa tossa, tigase rauda! 5 Holter polter in des Zaunkönigs
Eisen.
Leines laba lausumata, Trauert des Beines Blatt unbe-
sprochen,
Hobu jalga nikastanud, Hat das Pferd den Fuss verren-
ket,
Kits on konti kaäratanud, Die Ziege den Knochen verdreht,
Lammas luuda wenitanud, Das Schaaf das Bein sich ausge-
recket,
Siga sörga sirutanud. 10 Das Schwein die Klaue sich ver-
kehret.
Diesen Spruch, der sich an No. 26 anschliesst, können
wir eben nur als Bruchstück geben, da der Mann, dem Lagos
diese Beschwörungsformel verdankte , durch nichts zu bewe-
gen war sie vollständig mitzutheilen. Z. 5, liyarie heisst im
Dörptschen «Zaunkönig»; vergl. übrigens das S. 74 zu No.
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— 123 —
13 A Z. 34 von Neus Bemerkte. Vielleicht steht es hier statt
tige boshaft.
Bei der Seltenheit der Lencquisl'schen Abhandlung de
superstüione velerum Fennorum etc. halte ich es für gut bei
dieser Gelegenheit einen auffallend zu No. 26 A u. B stimmen-
den finnischen Zauberspruch aus derselben p. 90 mitzutheilen.
Kiestis kirkkohon menepi
Maria messuhun matapi,
Hewoisella hirwisellä,
Kala hauwin karwaisella,
Lohen mustan muotoisella.
Ajoit sildoa kiwistä ;
Nousit wuorta korkiata :
Hiweltyi hewoisen jalka.
Maria maahan rattahilta
Suonia sowittamahan,
Pahoja parantamahan.
Jost' on liha liipahtunut,
Siihen liha liittyköhön.
Jost' on suonet sortunehet,
Siihen suonet solmikkohon.
Ehommaksi ennellista
Paremmaksi muinasislä.
38. Saksa unha~u)ötmine.
Saksa wiha, metsa paha
Kiwi, kannu, kuuse otsa!
Oh , sa Türki, rauda-mijrki!
Merest tuli suuri kubija,
Zu der Kirche wandert Jesus,
In die Messe fahrt Maria
Mit dem elennfarbnen Rosse,
Das an Farbe gleich dem Hechte,
Aehnlich ist dem schwanen
Lachse.
Fuhren über Steinesbriicken
Einen hohen Berg hinan sie :
Es verstaucht* den Fuss das Ross
sich.
Von dem Wagen steigt Maria
Um die Sehnen fest zu fügen,
Um dem Uebel abzuhelfen.
Wo das Fleisch herabgeglitten,
Werd' das Fleisch nun angelügetl
Wo die Sehnen abgetrennet,
Mögen sich die Sehnen binden!
Dass sie schöner als in frühem
Zeiten,
Besser als zu?or sie werden.
Bannen des Zorns der Herr-
schaft.
Zorn des Deutschen, Waldver-
derber
Auf des Steines, Stamms, Tann-
baums Ende !
0 du Türke, Gill des Eisens!
Aus dem Meer kam gross der
Frohnvogt,
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— 124 —
Ise kui pori-orikas. • 5 Selber wie ein Borg im Rothe.
Weli, ella ! wiskä wjlti, Bruder holder ! wirf die Filze,
Kata karwane kasukas. Decke dann den Pelz den harnen ;
Paju kepi seitsme pilwe, Weidenstab in sieben Wolken,
Kase oksad, tuulde alla ! Birkenäst' unter die Winde !
Kuu ja päike paista selgest ! 1 0 Mond und Sonne glänze helle !
Jänes, jänes, minu eel, Hase , Hase, du mir vor,
Jänes, metsa kuuse linki. Has' in der Waldtanne Schlinge.
Nach Hersagung dieses Spruchs , mit dem die unter No.
32 abgedruckten zu vergleichen sind, zieht der Schuldige,
wie Lagos bemerkt, den Absatz des linken Fusses rückwärts
und glaubt so den Zorn der Herrschaft gedämpft zu haben.
Obwohl einzelne Stellen dieses Spruches dunkel sind , ist
doch klar, dass der Zorn der Herrschaft, der sich wohl durch
die Vermittlung des Frohnvogts (Z. 4) fühlbar gemacht hatte,
in einen Waldbaum gebannt wird. Z. 2 könnte, da kannu
Nebenform zu känno (s. Ehstn. Volksl. S. 332 Z. 27) sein
dürfte, vielleicht besser übersetzt werden: «An des Tann-
baums End* am Steinklint. » Z. 3, mürk heisst «Schierling»,
im Dörptschen und Werroschen auch «Stahl». Da der fellin-
sehe Dialect häufig vom dörptschen Wortschatze borgt, so
kann hier auch Stahl verstanden werden (Kreutz wald). Im
Finnischen heisst myrky überhaupt «Gift» , wie auch im Lap-
pischen mtrkko. Es ist damit wohl der Zorn der Herrschaft
gemeint, der häufig in Sensen gebannt ward. s. oben S. 112.
Von Verwundungen , die schwer heilen , heisst es aber , das
Gift des Eisens sei in sie gedrungen. Z. 4 kubija, gewöhnlicher
kubjaSy der Aufseber der Frohnknecbte. Ueber die Herleitung
dieses Wortes vom finnischen kxippaan, austheilen s. Ahrens
Grammatik der Ehstn. Sprache, 2te Aufl. S. 154. Z. 6 f. ist
das Werfen der Filze (wahrscheinlich auf den Boden) , das
lieberdecken des Pelzes zauberkräftig, und fällt dadurch Licht
auf die Stelle in den Ehstn. Volksl. S. 445 E Z. 1 ff. Z. 8 f.
werden die gewöhnlichen Slrafwerkzeuge gebannt. Z. 10 f.
sind dunkel. Ueber die Zornbannung vgl. Kreutz wald zu
Boeder S. 145.
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Register.
Aar 4L
Abrakabra, Abrakadabra 84. 94.
Absatz des linken Fusses 12L
Abschaben Ton Silber 26 folg.
Abweisung des Freiers 32» 43*
— der Kaie w Ingen 4JL
Acker 16, 2L 114.
Adsel-Koiküll Ii
Aehren 85.
Agilus 108.
Alb 93, 96, löi 109.
äliskudt SO.
Altar Ii
altari gonad 102*
Alte, der 84.
Altrater 21* 41,
alvgutt 26.
ammuma 116.
Ampel 42.
ecrnptt-faMrt 80.
Anschwellung des Unterleibs ZI .
Asche, heisse 89.
Augenentzündung iQfi.
— krankheiten 107. 1LL
— quellen IM f.
Auswüchse 1112»
baguette de genit 46.
Bannen der Krankheiten 02*
— des Wildes 96,
— des Zorns 124.
Ba r LL 54, 19JL 119*
Baum 17. 20. 74. 88.
bas-valan 46,
behrstuhki 8*
Beil 8JL Oft.
fre*a, 6«*«a 81.
besas Hl.
6n>ei> 9L
Biene 7JL
Bindung u. Lösung Qfi.
Biörn 13.
bha 81.
— fcorg 81.
6i««n 81t
blasen 88,
blaues Garn 122,
Blaurögelchen 42.
blauwangig Ii.
Blinde 1DJL
Blitz 82.
— strahl Ii
Blut 6, 8, 15, 18, 1LL
— harnen 82.
— kloss 41* 105,
— Stillung IDA
— tropfen 15,
Bockweihe 18,
böser Geist 22. 23. 29» SIL 8JL IDA
böses Auge 24,
Brachfeld des Donnerers 4_L
Bräune 93.
brauner Stier 115.
Brautgaben 4JL
— werber 40,
Bretagne 46.
Butter 5i
— brot 82.. 88=
— fass 86.
Bultern 86»
Catalonien 115,
St. Catherinen 50,
Cur, sympathetische 90, 02,
Dagen (iß,
Dänen 28*
Daumen 9L 122,
Denge 106.
Dengenfad 5JL
Donner 12* 4L
— gott 9. IL 22* iL 42, Ol. IM,
— pfaff 18. 20, 110.
Dorpat 22. 5L 25,
Drache 83, 84, 86, 90,
Drachenschuss 29, 80, 83,
drei Küsse 2. 10. 17.
— Löffel 14, 12*
— mal 7, 14. 16. 17. 77, 83. 84. 102.
126 —
ilrei mal neun IL 91. 101.
— — tieunter Ol.
— Tropren Hut HL
— Woltcnfäden 10O.
Drüsenanschwellung; 89.
v J£X l ^ va 23.
Ei ~:±L 4L 3!L
Eiche IM.
— Taara's 22.
Eiland f>3,
Eim-See Iii
Eisenhand 46.
Elb 8L 99.
Eldorado 54.
«•/«not HO.
Eisbeerbaum 71.
Elster 88.
Ema-jögi 23,
Embach 22.
Emo-jarw 114.
Ente U).
Erbsen 107.
Erdbrötcben 28.
— kucheo 78.
— männcheu 78.
Erlenholz 89.
— kreuz 73.
Ernte 63,
Faden 91.
Fcderei 121.
Fellin 12* 19. 41» Ii 120.
Felsensohn 45.
Ferkel. 12.
Fessellösung 9JL
Feste, alte 59.
Feuer 8, 9. 20. 62. 00,
— kugeln 80.
Fieber 91. 93. kaltes 92, 94.
Finger 88» 91.
Finnen 3. 5. 5jL 112.
Finnin 88.
flnnische Zauberei 85.
Finnland HL 02.
Ii (inländisches Salz 85.
FiölsTinnsmal 2»
Fischlaich 45.
Flachsschaben 122.
— weiche 51.
Flussgott 113.
Freier 62.
Freudenhöhen 80.
— hiigel 50.
— stein 54.
Freya's Minne 18.
Frost 74.
Frua 99.
Fnihlingsfcst 17. 18.
Fulla 99.
fünf Wassergeister 117.
Galewalle KL
Gangleri 12.
Gebärende 91.
Gebet 6. 19. 24,
Geister, unsichtbare 12.
S. Georg 119.
Gerstenkörner 107.
Gertrudens Blume 18.
Geschosse 83.
Geschwulst 89—92.
Getraidekorn 16.
Gewitter 61L 73.
— wölke 73. 83. 114, HO.
Gicht 88, 94. 95.
glückliche Hand 91*
Gnadennachte 60.
Gold - u. Silbergewand 40.
Graues Pferd 92.
— Rind 118.
Griffel 88.
Hagelschlag 114. LUL
Hahn 14 f. 18. 55.
Hain 52.
hql 92,
hqlli ajama 92.
Halle der Freude 5£L
Hand , glückliche 91.
händ 80.
Harfe 45.
härja polwe rahtoas 28.
Harnen 22. 43. 53. 57. 107.
Häuser der Gestirne 22.
Hausgeister 42. 73. 28. 80.
— schlangen 23.
Hautausschlag 76.
Hechtzahn 25.
Ueerwurm 24. 90.
heilaxcdc 192.
heilige Quelle 1H-
Heilkräuter 62.
— quellen 109.
Heinrich der Lette 20. $L BJL
Henne 55.
Hexe 8L 84. 8fi. 87.
Hexenbulter 121.
Hientand 60.
Himmelfahrt 18.
— Strassen 54.
Hinzclmann 23.
Hirtensegen 118.
höbekangas 68.
Holz, neunerlei 9.
Hühncrtrilte 15.
1
— 127 —
Hund 87, 88, OL
Huntsöo IIS.
Hyrair 73,
Jäger flfi. 07.
— sprach 95.
jälgima 21L
Jtio od. Jöu chtu.de pidamine 60.
Jcrwen 22. 42. 33» 30» HL 07.
</d*cAo 12.
//ma hallt kas Iii.
II marinen 4IL 5L
llmalar i0.
Ilinjärw 113,
i/o fil.
Ilo-mägi <ÜL
Huste mois 511»
48»
ilmehtid 48.
India 1»
Johannes OL ß2.
St. Johannis 30.
jölgima 23.
Joukahainen 3.
Jöulofest (HL fiL
«i< SIL
Jul 12.
Jumala 21.
— haigus 13.
Juudas TL 14»
Kaalew 23.
Kaalews Ross 23.
Kalewa 45.
Kaiewala 3.4»Q»UL22.4Q.4L42.
51. üi. 62. 12. 7JL 03.
Kalewalda 31L lü» 4L
Kalewe-pocg 23, 43, 5'J.
Kalewi 4,
Kalewingeu 30. 4L IG, OL 03,
Kalewised 30.
Kaljotcald 40.
Kaljowe 40.
Kailewe ÜL
kaltes Fieber OL 04.
Kandel 45.
Kanerpik 07.
karglema 24.
karistama 02, 120.
Aaro 12.
Kater 100.
Katze 88» 11L
Jkätt, tau 12.
Kauks 4L
Kawe 40.
Kawershof 17.
*e</o 13.
kelewelena 18.
Kern, die 80.
Am* ü&
Kestelaid 58.
Kidijärw 108.
kidrina soo .08.
A»'d«r 108.
A'tfro .08.
Kiiron-koski 108.
— netto 108.
Kinderwarterinnen 88. 108.
Kipumäki 12.
kirjad 24 folg.
Airttrfnen 88.
kirwottaa 80.
Aiftsfä 108.
kiuro 8iL
Äj'«nt SO.
Knechte 17.
Knie 14—17.
Knoten 100 folg.
Koddafer 22. 3L 07. 117»
Kohle 1» 8.
Aöo 12» 17.
KooA 4L
kiiöro 108.
Aord 10.
Kött mois ÖL
Ao«A 12.
AomA- 4L
kouke 13»
kouki y kauko 12.
köukne 4L
Koukse-mois 4L
Ao«rc 12.
*<m»c<m peijaitet 13»
Krähe 50. 88.
Krankheit 0. 13. 70» SJL 103.
Kräuter Oli. 07.
Kreuz 73»
Kröte 73,
kubija, kubjat 124,
kuckne 74.
Kuh 0.
kuhmu 0»
Kullamaa 37.
Kundelkraut Oft.
Kungla $aar 30.
Kuren 40.
Kurland 05. 04. 104.
Kutschina 73. 70. 87* 83» 80. 00. OL
04. yA 07. mo. im. um» iht. 110.
Kuutar 41L
kwehie, kwehleht 110.
Laagua's Felsen 38.
Lais 82. 103. 104.
Lqlli 58,
1
128 —
Landsee 51.
Lanze 21.
Lappe 3* 101.
Lappin 86»
lappische Zauberei 86.
laterussid 2L
lätle'lesk 108.
Launawatar 93.
Leal 63.
Leere 87 folg.
/endtoa 79. SU.
— rabandus 7JL
lepa-lind 82.
H«ro 81»
Letten 59.
/<wa SIL
über Censos Daniae 51, 59.
Lichtelbe 80.
— erscheinongen 90.
Liedermund 52.
licvien 122.
Lijons-Engel 8. 10. 10, 19,
/in, tfnda 58.
Linda 59.
Lindanissa füL 5JL
Lindenaltar 14, 17.
linke Hand 10.
linker Fuss 124,
— Schuh 81,
Linnentuch 90.
ftnno teerada 54.
ftnni<n-rara 54.
Xfortrine» 13,
liosdlfar 80.
LUnanas 59.
Litthauer 101.
Liren 20.
— graber 60.
Loh, Los 19.
löksuma 24.
£<wW 41. 42s
/wa konti 122.
Luflerscheinungen 40.
— geister 80.
— maide 09. i
— töchter 40.
Lnonnotar 40.
Lupercus 119.
Lyndanisse 57.
maa, moa 60.
— aittsed 76,
— aiwffe wi*t'd 90,
— Atfngamine 3Ö_-
maahiset 78.
Maana & 10,
madarad 101,
modder IOL
Maden 23*
müdere 101.
mängi-toad 50.
tnä'njt'ma 29.
mänkiä 24.
Marderauge 42.
Maria 68. 74,
— Magdalena 22. 5t.
— Verkündigung liL 18.
Marien Magdalenen 51.
Marienröthe 18.
motaro, mattara IOL
Megosilz 28.
Meise 74.
Meisenauge 74.
Menschenopfer 113»
merseburger Gebet 5_. üfl,
mescha deews 119.
Messer 84. 87.
meisa-Töl 119.
— toana 119.
Michaelistag 18.
mihike 56.
Milch 82. 86. 8i
— Strasse 54.
mirkko 124.
Mond 30. 51. 102. 104,
mooki 79.
mÖKrama 118.
moykky 79.
Mücken HL
Mummelsee 115.
Mumps 89.
Münzen 107. 115.
mürisema 116,
mürüc 124.
Mutterfluss 27,
myrky 124.
nägid 34.
naAt-mMna 121.
Narowa 27.
Narwa 55.
Natternbiss 75.
Nebelquell 113.
Neuhausen 28.
neun 59. OL
— Aehren 85.
— Gnadennächte 60.
— Knaben 93,
— Knoten 100. IOL
— mal 8. 9, 84,
— Muscheln 100.
— Schwestern 93.
— Tage 9,
— 129 —
neunerlei Holz SL
Neunmannskraft 7JL 93. 97.
neunte, der 9JL
Nixen 34. 39. 41. 108. 113.
nöta-wof* 12L
no»7a 81.
Nordlands Mutter 42.
Nordseile &
Nothfeuer fi»
Nuekö 13.
Num 19.
nttoito 9_.
Odin L 12, 42.
Oescl Iii, 5i
Ofen SIL 10».
Ohrendrüsen 89.
Ohrfinger 9L
ongod, onggod 78.
Opfer 10, 17. 19. 20. QL &Ü. IL »L
100, 1QL 114,
Orraporra IL 82.
Otter 1Ü8.
paatrid 42L
Päiwä poega 22.
— /tn/K 41.
Päiwätär 40.
päk 122.
päkiä, päkkä 122.
Para 12L
parttuk , perttuk 78.
pa«A«czt't* ie/a< X9.
Pefpussee 77.
13. lfi.
pe/Ao lfi»
Perge/ XL 14.
Pernau 43. fiä.
St. Petri ßfi. 9i
Pfennig pfad 3JL
Pferd 8. 2L 5JL 92. 9JL 100.
Pflüger fia.
Pfropfen der Ladung 90.
pidimuijk Jg. .
piessa &L
l'ikker llfi. U9_.
Pf*ne 12. (iL
pilkota 24.
Pillistfer 10L
pirtxtas IS.
ptf« 81.
piikhänd 8L
pf*o 8L
— Aänd 84L 81.
pfcdn 8L
pt« 8L
pitka IIS,
Pif*iw im
Pleskau 50. 07. 72.
— Ehsten 2JL äL 32. 32.
Priester 20.
Processionsraupen Oft.
püha llma hallikai 114.
— Jüri 418.
puH Jumalan 27.
Quellen 113. f.
Quellgott llfi,
Quendel 80.
rabanduM 7JL
raoandtt«« ro/W 80.
Rabe 42. 9L 10L
Räbs 2L
räim 3L
Rapin 7JL
Rappel 107.
rebane 13.
Regenbogen 38. äL 22. tiL
Reral ÖJL
Riesen 104.
Riga S3.
Rind ILL llfi.
Ring 4Ä.
— finger HL lfi,
n'/o 93.
/fcmgo 108
Rongotut, Rongulus 108. 109.
Ronkoteos 109.
ronkua 108.
roots, roottik
Rose 82 fol s %
Rosenkranz 45.
Rothe Bänder 122.
— Farbe IM folg.
Rothkehlcben 82.
Rühkesaar £8.
Runen 3. L 12. 7».
Rungis, Rudsu-Rungis 109.
runtis lflfi.
rwofo 122.
Russen 5. 108,
»äistää 2L
Salme 4JL
Salz 8JL 88.
Samojedcn 19. 119.
Schatzgraben 109.
— träger 8L
Schaum 19.
Schildau
Schlag, Schlagfluss 80.
Schlangen 108.
— beschworung L ft. OL 12
folg. 80.
— biss 72. TA,
— 130 —
Schlangenkönig 23, TL
Schmerzbannen 24,
Schmetterling 94.
Schmieden IL 78.
Schöpfuugsmythus 2» 2L
Schotten 1Ü£L
Schwalhe 32, 41, 42 folg.
Schwalbensprössling 4L
Schwanenjungfrau 43,
schwarze Farbe 93.
— Schlange 73.
schwarzer Vogel 88,
schwarzes Rind 11.1. 116,
Schweden 4* 52, H3, 5L TL IL 8L
schwedische Harfe 43,
»eadlema 21*
sechsmal 84.
Seehand 32.
Seelen, rerstorbene IL
Sense 112»
sieben 94»
— mal 9. 10.
siebenmal siebzig 84,
— Nächte IL
SUber IL
— wadmal 66.
tilma-hallikad 106, 107,
St Simonis 63,
Sinthgnnt 92.
SirtOMOo TL
Siuro 36. 4L
snurren 81-
aoAbw kwehle 110.
Sommerfest 61.
tön ad 84.
Sonne 29. IL 104, 107,
Sonnenschwalbe 4L
— söhn 29.
»oo rooste 121*
— tap 121,
— xoiha 121»
Soome 36» 33. 83*
Sophia 16Q.
spätgehornes Kind 49,
Speichel 2JL
— drüsen 89.
SpieUtuben 36,
Staar 83. 106.
Stahl 8_L 85, 124,
— u. Stein 81, 83.
Stein 20. US.
— des Raben 91, 102.
Sternensohn 39.
Sternschnuppen 83,
Stier 120.
Strand Wierland 18- 83, 93, 11U. Iii.
Strömling 3_L
Sturmerzeugung 32.
— Zaubersprüche 66.
Sünna 99.
tuortua 32»
tvartdlfar 78.
»zaltinnis 10L
Taara IL 13* 14. 16—18. 24, 26 —
28_. 38,39,4L62,I6,I9,96 folg.
104 f. 118,
Taarot» Eichenhain 8L
— Tochter 41.
talharpa 43,
targad 20- 6.2,
Teufel 74, 84» 88,
Teufelsbeschwörung 5.
Thoreida 20»
Thymian, wilder 96,
tigane 122 folg.
tige, tigaline 14, 123,
— »Um 74,
tfAa tütn 14*
Titisee 113»
Todle 14» IL
Todtenfest 109.
Tollahoila 69, 14, 83.
tointegubbo 18.
tondi karte 9JL
'— «6W*<M 93.
Ipndtd, fontit 78, 80,
toominka» 24.
Jöxra 113, 116,
töura» 116,
f u'A< 83*
iw/iAand 80, 121*
Tuooi 10, 18,
Turmbock 18,
tttule händ 86.
— kiuro 86,
tuuslar 31*
üebertragen der Krankheit 81 f. 89,
udu-hqllika» 10L 113,
ühekta mqlti wägi 9L
ü'fteftiama roAi 96.
Ukko 48. 37. 41712. 39, 01-
— fest 66,
— stein 68.
ülekäija 96,
Unterirdische 13 folg. I5_. Ifi, IL 18.
Unwetter 113,
Urlebm 96,
Ursprung der Dinge 2 folg.
Vafthrudnir 3.
Vaterunser 14, 91.
Veitstanz 30,
Velandsurt 96,
— 131 —
Versöhnungsglaube IQ folg. 2Q±
versteinte Riesen 104.
vier Luflmaide 40.
— Winde &
Vitas-Capelle 30,
Vögel 3L 88.
Vollmond 101.
Vorsänger 24.
Vorschau 21*
de Voss 93.
Wahnsinn, religiöser 84.
Wäinäraöinen 3. 27, 46, 47, 54, 62.
wainokdis 96,
Waksorow 22-
toa/g«* 103.
Walk 17. 59.
toa/o HO,
Wana ita 12. 25, 26. 37-
— koUy kouxD 12.
— Soome äm, ät 8fL
— <aot 103.
Wanamuine 47.
Wanemuine 24. 31 46 folg. 61 folg.
Wanze 88.
Wara kandjad 81,
Warzen 90. 162.
Wasser 106 folg.
— geist 108, 113. 117,
— golt 41. 62.
— multer 40.
— rind 116.
weben 46. 50.
Weberkamm 24.
Weissenstein 32.
Wesenberg 32.
Wetterquelle 162« U3. 116,
— see 113. 114.
voedajad 81.
Wehrwolf 12,
Weidenbaum 9_.
— ruthe 86.
Weihnachten TL
Wicbtta Jorgen 48.
Wiek 22- 50. 53, 63,
Wierland 22. 23. 4L 30, 53- 60. 67.88
Wiesel 168.
wiharoott 122.
wihru spehki 97.
voikate 142.
Winde L 13, 54, 87.
Winterfest 17,
Wirbelwind 84.
Wirzjarw 6.
Witterungserscheinung 19_,
Wöbanda 13.
Wolf 91. 93. 118 folg.
Wolfsiahn 81
S. Woirgaug llfl.
Wolken 114, 116.
— färbe 27, 81.
Wollenfaden 91. ICK). 107.
Wolmarshof 41»
tocolmed 89,
voörk-uttid 91.
Wormsö 73.
Wunderland 54, 57,
— stein 91.
Wuotan 99,
Wurm 93. 4r9.
Zahnweh 5. 85. 87 f. 116.
Zauber 86.
— formein 74.
— kräuter 62,
— lied 23, 45-
— ruthe 75.
— spräche 3j folg. 6$ ff. 85.
— segen üL.
Zauberei 3, 86, 101, 104,
Zauberer 13. 20, 23. 84 f-
Zaunkönig 123.
Ziegenbockschädel 114. folg.
Ziegenpeter 89.
Zorn der Herrschaft 1LL 123.
— banner 111.
zwei Messer 84,
Zweigrune 75.
Zwerge 73. 78»
Zwölf Kalewingen 4J_.
Berichtigungen :
Man lese Seite 8 Z. 12 meile
— 19 Z. 9 argängen
— 24 Z. 25 tantsitille
— 26 Z. 16 tousewada
» Z. 24 paistuse
— 28 Z. 7 Waskista
— 37 Z. 8 Tütterille
» *2. 2 v. u. Korjuspaika
— 72 Z. 6 kurwa
» Z. 7 karwa, musta
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